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BGH-Grundsatzurteil zur Berücksichtigung von Drittmitteln
Öffentliche Mittel für Modernisierungen sind 12 Jahre bei Mieterhöhungen zu berücksichtigen
07.06.2004 (GE 11/04, Seite 670) Es ist jetzt „amtlich„: Ein Mieterhöhungsverlangen ist formell unwirksam, wenn der Vermieter erhaltene öffentliche Fördermittel nicht schon in der Mieterhöhungserklärung selbst erwähnt. Anzurechnen (und bei der Mietbildung jeweils zu berücksichtigen) sind die Mittel jedoch nur zwölf Jahre lang, entschied der Bundesgerichtshof. Bisher war umstritten, wie lange bei Gewährung öffentlicher Mittel Kürzungsbeträge zu berücksichtigen waren.
Der Fall: Das Landgericht Berlin, ZK 62, hatte ein Mieterhöhungsverlangen als unbegründet angesehen, weil der Vermieter empfangene öffentliche Fördermittel nicht als Kürzungsbeträge berücksichtigt habe. Dabei war die ZK 62 davon ausgegangen, daß eine Bindung des Vermieters jedenfalls für eine Bindungszeit von 20 Jahren bestanden habe, weil er sich im Fördervertrag dem unterworfen habe. Die Revision des Vermieters hatte im Hinblick auf den Bindungszeitraum Erfolg.
Die Entscheidung: Der zuständige VIII. Senat des BGH stellte zunächst heraus, daß die formelle Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens nach § 2 MHG (jetzt § 558 BGB) es grundsätzlich erfordert, daß der Vermieter Kürzungsbeträge aufgrund der Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel zur Wohnungsmodernisierung in das Erhöhungsverlangen aufnimmt. Eine materielle Bindung des Vermieters bestehe jedoch nicht für die Laufzeit des Fördervertrages, sondern nur im Umfang von (höchstens) zwölf Jahren.
Auszugehen sei von der gesetzlichen Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 6 i. V. m. Satz 1 MHG (jetzt §§ 559 Abs. 1, 559 a Abs. 2 BGB). Danach sei bei verlorenen Zuschüssen die Erhöhung der jährlichen Miete um 11 % des auf die jeweilige Wohnung entfallenden Förderbetrages zu kürzen. Damit sei eine Regelung geschaffen, die dazu führe, daß der gewährte Zuschuß nach etwas über neun Jahren durch die verminderte Mieterhöhung aufgezehrt sei. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Verzinsung des Zuschußbetrages ergebe sich ein Anrechnungszeitraum von zwölf Jahren. Im vorliegenden Fall sei dieser Zeitraum bereits abgelaufen, so daß der Empfang von öffentlichen Fördermitteln in der Mieterhöhungserklärung nicht mehr hätte angegeben werden müssen. Der BGH konnte dann selbst über das Mieterhöhungsverlangen entscheiden und verurteilte den Mieter zur Zustimmung.
Anmerkung: Zunächst hätte es der BGH nicht nötig gehabt, zu den formellen Anforderungen eines Mieterhöhungsverlangens Stellung zu nehmen, wenn öffentliche Fördermittel geflossen waren. Die Feststellung hätte ausgereicht, daß jedenfalls Fördermittel nicht mehr angegeben werden müssen, wenn sie materiell nach Ablauf einer Bindungszeit nicht mehr zu berücksichtigen sind. Denn das war vorliegend der Fall. Dennoch ist der Praktiker ja manchmal ganz zufrieden, wenn der BGH etwas auch ohne Not entscheidet, was für andere Fälle von großer Bedeutung ist.
So ist jetzt jedenfalls grundsätzlich erst einmal klar, daß ein Mieterhöhungsverlangen nur dann formell wirksam ist, wenn es nach geflossenen öffentlichen Fördermitteln bei einem Mieterhöhungsverlangen Kürzungsbeträge angibt. Diese (formellen) Begründungserfordernisse sollen nach BGH allerdings dann entfallen, wenn der Vermieter einer Bindung hinsichtlich der Höhe des Mietzinses nicht mehr unterliegt, so wie es vorliegend der Fall war.
Das führt -dazu, daß sich möglicherweise erst in der materiellen Überprüfung des Mieterhöhungsverlangens hinsichtlich der Anrechnung von Kürzungsmitteln ergeben kann, daß das Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam war. Das wäre dann der Fall, wenn sich herausstellt, daß der Bindungszeitraum entgegen der Annahme des Vermieters noch nicht abgelaufen war und deshalb Kürzungsmittel anzugeben waren.
Die Begründung eines Mieterhöhungsverlangens kann sich allerdings nicht auf negative Merkmale, also darauf beziehen, daß wegen Ablaufs der Bindungsfrist keine Kürzungsmittel anzurechnen und deswegen auch nicht anzugeben waren. Sinnreich wäre es aber gewesen, zumindest eine Angabe dahingehend zu fordern, daß bezüglich der geflossenen Fördermittel der Bindungszeitraum abgelaufen ist. Ein derartiger Hinweis bei der Begründung des Erhöhungsverlangens würde auch helfen, überflüssige Prozesse nach verweigerter Zustimmung des Mieters zu vermeiden.
Was die Länge des Bindungszeitraumes für den Vermieter betrifft, ist man sich in Karlsruhe offenbar nicht so recht sicher. Das zeigt sich an der Formulierung der Senat neigt dazu, den Anrechnungszeitraum mit zwölf Jahren zu bemessen. Da der Gesetzgeber schon zu § 2 MHG keine Regelung getroffen hatte und auch die Mietrechtsreform dazu nichts Neues gebracht hat (weil offenbar der Gesetzgeber die Problematik nicht erkannt hat), hätte der BGH zu einer Anrechnung auf Ewigkeit kommen können oder hätte eine „vernünftige“ Begrenzung vornehmen müssen. Letzteres hat er tun wollen und ist mit (rechnerisch nicht näher nachzuvollziehenden) Argumenten zum zwölfjährigen Bindungszeitraum gelangt.
Der BGH hat nicht dazu Stellung genommen und mußte es offenbar mangels Parteivortrages auch nicht, ob innerhalb des Bindungszeitraumes nun bei jeder Mieterhöhung nach § 2 MHG/§ 558 BGB die Kürzungsmittel zu berücksichtigen sind oder aber innerhalb dieses Zeitraumes nur bei der ersten Mieterhöhung, also nur einmalig (vgl. Schach GE 2004, 278, 283). Den Formulierungen ist dazu nichts zu entnehmen. Der Satz nur für diesen Zeitraum wäre dann auch die aus §§ 2 und 3 MHG herzuleitende Rechtsstellung des Mieters ausreichend gesichert besagt nichts dazu. Bei der Mieterhöhung nach dem genannten § 3 MHG erfolgt allerdings die Anrechnung von Kürzungsmitteln sytembedingt nur einmal.
Aus alledem folgt, daß das Urteil des BGH zwar ein wenig Rechtssicherheit schafft, aber nach wie vor noch vielerlei Fragen offenläßt.
BGH, Urteil vom 25. Februar 2004 - VIII ZR 116/03 - Wortlaut Seite 687
In jeder Ausgabe des GRUNDEIGENTUM finden Sie interessante mietrechtliche Gerichtsentscheidungen, Aufsätze, Hintergrundinformationen, Gesetze und Verordnungen sowie wertvolle Praxistips rund um die Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft.
Informieren Sie sich schon vorab im Inhaltsverzeichnis des aktuellen GRUNDEIGENTUM-Heftes, das wir Ihnen im DOWNLOAD-Bereich als PDF-Datei zur Verfügung stellen, über die jeweiligen Inhalte bzw. Themenschwerpunkte!
Die Entscheidung: Der zuständige VIII. Senat des BGH stellte zunächst heraus, daß die formelle Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens nach § 2 MHG (jetzt § 558 BGB) es grundsätzlich erfordert, daß der Vermieter Kürzungsbeträge aufgrund der Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel zur Wohnungsmodernisierung in das Erhöhungsverlangen aufnimmt. Eine materielle Bindung des Vermieters bestehe jedoch nicht für die Laufzeit des Fördervertrages, sondern nur im Umfang von (höchstens) zwölf Jahren.
Auszugehen sei von der gesetzlichen Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 6 i. V. m. Satz 1 MHG (jetzt §§ 559 Abs. 1, 559 a Abs. 2 BGB). Danach sei bei verlorenen Zuschüssen die Erhöhung der jährlichen Miete um 11 % des auf die jeweilige Wohnung entfallenden Förderbetrages zu kürzen. Damit sei eine Regelung geschaffen, die dazu führe, daß der gewährte Zuschuß nach etwas über neun Jahren durch die verminderte Mieterhöhung aufgezehrt sei. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Verzinsung des Zuschußbetrages ergebe sich ein Anrechnungszeitraum von zwölf Jahren. Im vorliegenden Fall sei dieser Zeitraum bereits abgelaufen, so daß der Empfang von öffentlichen Fördermitteln in der Mieterhöhungserklärung nicht mehr hätte angegeben werden müssen. Der BGH konnte dann selbst über das Mieterhöhungsverlangen entscheiden und verurteilte den Mieter zur Zustimmung.
Anmerkung: Zunächst hätte es der BGH nicht nötig gehabt, zu den formellen Anforderungen eines Mieterhöhungsverlangens Stellung zu nehmen, wenn öffentliche Fördermittel geflossen waren. Die Feststellung hätte ausgereicht, daß jedenfalls Fördermittel nicht mehr angegeben werden müssen, wenn sie materiell nach Ablauf einer Bindungszeit nicht mehr zu berücksichtigen sind. Denn das war vorliegend der Fall. Dennoch ist der Praktiker ja manchmal ganz zufrieden, wenn der BGH etwas auch ohne Not entscheidet, was für andere Fälle von großer Bedeutung ist.
So ist jetzt jedenfalls grundsätzlich erst einmal klar, daß ein Mieterhöhungsverlangen nur dann formell wirksam ist, wenn es nach geflossenen öffentlichen Fördermitteln bei einem Mieterhöhungsverlangen Kürzungsbeträge angibt. Diese (formellen) Begründungserfordernisse sollen nach BGH allerdings dann entfallen, wenn der Vermieter einer Bindung hinsichtlich der Höhe des Mietzinses nicht mehr unterliegt, so wie es vorliegend der Fall war.
Das führt -dazu, daß sich möglicherweise erst in der materiellen Überprüfung des Mieterhöhungsverlangens hinsichtlich der Anrechnung von Kürzungsmitteln ergeben kann, daß das Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam war. Das wäre dann der Fall, wenn sich herausstellt, daß der Bindungszeitraum entgegen der Annahme des Vermieters noch nicht abgelaufen war und deshalb Kürzungsmittel anzugeben waren.
Die Begründung eines Mieterhöhungsverlangens kann sich allerdings nicht auf negative Merkmale, also darauf beziehen, daß wegen Ablaufs der Bindungsfrist keine Kürzungsmittel anzurechnen und deswegen auch nicht anzugeben waren. Sinnreich wäre es aber gewesen, zumindest eine Angabe dahingehend zu fordern, daß bezüglich der geflossenen Fördermittel der Bindungszeitraum abgelaufen ist. Ein derartiger Hinweis bei der Begründung des Erhöhungsverlangens würde auch helfen, überflüssige Prozesse nach verweigerter Zustimmung des Mieters zu vermeiden.
Was die Länge des Bindungszeitraumes für den Vermieter betrifft, ist man sich in Karlsruhe offenbar nicht so recht sicher. Das zeigt sich an der Formulierung der Senat neigt dazu, den Anrechnungszeitraum mit zwölf Jahren zu bemessen. Da der Gesetzgeber schon zu § 2 MHG keine Regelung getroffen hatte und auch die Mietrechtsreform dazu nichts Neues gebracht hat (weil offenbar der Gesetzgeber die Problematik nicht erkannt hat), hätte der BGH zu einer Anrechnung auf Ewigkeit kommen können oder hätte eine „vernünftige“ Begrenzung vornehmen müssen. Letzteres hat er tun wollen und ist mit (rechnerisch nicht näher nachzuvollziehenden) Argumenten zum zwölfjährigen Bindungszeitraum gelangt.
Der BGH hat nicht dazu Stellung genommen und mußte es offenbar mangels Parteivortrages auch nicht, ob innerhalb des Bindungszeitraumes nun bei jeder Mieterhöhung nach § 2 MHG/§ 558 BGB die Kürzungsmittel zu berücksichtigen sind oder aber innerhalb dieses Zeitraumes nur bei der ersten Mieterhöhung, also nur einmalig (vgl. Schach GE 2004, 278, 283). Den Formulierungen ist dazu nichts zu entnehmen. Der Satz nur für diesen Zeitraum wäre dann auch die aus §§ 2 und 3 MHG herzuleitende Rechtsstellung des Mieters ausreichend gesichert besagt nichts dazu. Bei der Mieterhöhung nach dem genannten § 3 MHG erfolgt allerdings die Anrechnung von Kürzungsmitteln sytembedingt nur einmal.
Aus alledem folgt, daß das Urteil des BGH zwar ein wenig Rechtssicherheit schafft, aber nach wie vor noch vielerlei Fragen offenläßt.
BGH, Urteil vom 25. Februar 2004 - VIII ZR 116/03 - Wortlaut Seite 687
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Autor: Klaus Schach