21.04.2004 (GE 9/04, Seite 504) Seit Monaten macht ein Buch Schlagzeilen, das vom Genre her in Deutschland eigentlich nie große Aufmerksamkeit erregt: eine Dissertation.

Es ist die von Constanze Paffrath. Daß die Dissertation dieser jungen CDU-Politikerin solche Wellen schlägt, liegt an der These, die sie aufstellt: Helmut Kohl, der Einheitskanzler, habe die Öffentlichkeit bewußt getäuscht, soweit es um die Rückgabe der von den Sowjets nach dem Zweiten Weltkrieg enteigneten Grundstücke ging. Kohl sei es nicht um eine gerechte Lösung gegangen, sondern um die Vermögenswerte, mit denen man von Anfang an die Absicht gehabt habe, die Einheit zu finanzieren (und natürlich Wahlen zu gewinnen). Nun sind die Vorwürfe nicht neu, sie sind auch durch hochrangige Beteiligte wie Michael Gorbatschow und Eduard Schewardnadse belegt. Aber die Dichte von Beweisen und Hinweisen schafft eine neue Qualität bei diesem Thema. Einer von denen, an denen sich Kohls Widersinn und Willkür bei der Neuordnung des Grundeigentums in den neuen Ländern besonders klar manifestiert, ist dieser Tage 76jährig gestorben: Franz Wilhelm Dietrich Albrecht Fürst von Puttbus. Puttbus hätte eigentlich nach der inneren Logik der Rückgabegrundsätze 15.000 Hektar der Insel Rügen zurückbekommen müssen - das sind 20 % der schönen Ostsee-Insel. Den Grund und Boden hatten die Puttbus‘ erst an die Nazis, dann an die Kommunisten verloren. Malte von Puttbus, der Vater des jetzt Verstorbenen, war 1944 als Widerstandskämpfer verhaftet worden und im KZ umgekommen. Sein Land nahmen ihm die Nazis weg, formal wurde es aber nie enteignet. Das taten erst die Russen. Während die formal zuerst von den Nazis und später von den Russen Enteigneten ihr Land zurückerhielten, ging von Puttbus leer aus.

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