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Schilda ist überall
21.04.2004 (GE 9/04, Seite 497) Bei den Zeitungen haben sie es erst für einen verspäteten April-Scherz gehalten, daß die Hauseigentümer am Prenzlauer Berg ihr an den Straßenfassaden rankendes Efeu beseitigen sollten, weil es ja schließlich herabstürzen könnte und deshalb weg müsse.
Nun braucht man ein erhebliches Maß an Vorstellungskraft, um sich ausmalen zu können, wie denn durch „herabstürzendes“ Efeu jemand zu Schaden kommen könnte. Vielleicht, weil sich diese Kletterpflanzen blitzschnell einem Vorbeikommenden, der nicht rechtzeitig das Weite sucht, um den Hals legen und ihn erwürgen könnten? Hat es jemals in Berlin oder anderswo herabstürzendes Efeu oder Schlangenknöterich oder welche Kletterpflanze auch immer gegeben, die einen der befürchteten Schäden verursacht hätte?
Aber das Efeu vom Prenzlauer Berg ist ja nur eine Facette dieser Posse um die Nutzung von öffentlichem Straßenland, die sich seit ein paar Jahren abspielt. Es kommen nur täglich neue Aspekte hinzu.
In Wirklichkeit geht es in erster Linie darum, neue Geldquellen zu erschließen. Jüngstes Beispiel: Es wird Sondernutzungsentgelt für alte Regenrohre gefordert.

Bekanntlich haben die Prozesse von Haus & Grund gegen die Berliner Wasserbetriebe dazu geführt, daß die Abwasserkosten aufgeteilt werden mußten in Wasserkosten einerseits und Kosten der Beseitigung des Niederschlagswassers (Regenwasserentgelt) andererseits. Der Abwasserpreis pro Kubikmeter ermäßigte sich mit der Einführung der Regenwasserabgabe um rund 1 DM/m3. Wer das Regenwasser auf dem eigenen Grundstück versickern läßt, zahlt keine Regenwasserabgabe. Also versuchen viele Eigentümer, dadurch Kosten zu sparen, daß sie das Regenwasser nicht mehr in die Mischkanalisation leiten, sondern versickern lassen. Jetzt kommen die Bezirksämter und fordern dazu auf, die für das Regenwasser nicht mehr benötigten Verbindungsrohre zur Kanalisation entweder herauszureißen oder aber ein Sondernutzungsentgelt zu zahlen.
Ragt ein Erker, was er halt so an sich hat, von der Hauswand ins öffentliche Straßenland, wird die Hand aufgehalten: Sondernutzungsentgelt ist fällig. Und weil in diesem Land Gleichbehandlung angesagt ist, gilt das auch für Balkone. 1999 hatte das Land Berlin ohne besondere Begründung diese (Miet-) Entgelte um 150 % erhöht. Hätte das jemals ein Privateigentümer gemacht, hätten ihn diese Erhöhungsstrategen öffentlich gekreuzigt. Mitten auf dem Breitscheidplatz. Immerhin haben die angerufenen Gerichte diese Erhöhungen nicht durchgehen lassen (vgl. GE 2001, 994 und 1689).

Stellt man einen Bauzaun auf den Bürgersteig (weil ja auch die Passanten geschützt werden müssen), hält die öffentliche Hand dieselbe ebensoweit auf wie bei einer Fassadeneinrüstung.
Möchte man ebensoviel bauen wie andere bisher auch schon, kommen gleich riesige öffentliche Pranken, weil man vorsichtshalber die zulässige GFZ in den schönen Plänen so niedrig gewählt hat, daß jeder eine der teuren Ausnahmegenehmigungen braucht. Dem hat das VG Berlin nun auch einen Riegel vorgeschoben.

Es ist wirklich an der Zeit, daß dieses öffentliche Ärgernis, das sich Gebühren und Sondernutzungen nennt, beseitigt und auch eine einheitliche Regelung für die gesamte Stadt gefunden wird. Es kann nicht angehen, daß die Senatsverwaltung Fassadenbegrünungen mit öffentlichen Mitteln fördert, damit irgendein Bezirksamt das Grün hinterher wieder abreißen läßt - oder daß das Grün im einen Bezirk verfolgt wird, während man ihm in anderen geradezu Asyl gewährt (in Neukölln kriegt man für Pflanzungen an der Fassade ein Schild ins Beet: „Danke! Neukölln blüh’ auf“).

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Autor: Dieter Blümmel