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Am falschen Ende gespart
14.04.2004 (GE 8/04, Seite 441) Wenn sich zwei streiten, freut sich der dritte, heißt es im Volksmund. Aber manchmal sollte er sich nicht zu früh freuen. Kürzlich stritten sich heftig und vor aller Augen zwei ausgewachsene Bundesminister - der Arbeits- und Wirtschaftsminister Clement und der Umweltminister Trittin - um das sogenannte Emissionshandelssystem. Sie fragen sich jetzt, was das alles mit Ihnen und Ihren Immobilien zu tun hat?
Nun, daß sich die Herren Clement und Trittin in einer langen Nachtsitzung geeinigt haben, das hat was mit Ihnen zu tun. Denn geeinigt haben sie sich auf Ihre Kosten.
Aber der Reihe nach.

Ende 1997 haben sich die Industrieländer in Kyoto (Japan) verpflichtet, die Emissionen von sechs der sogenannten Treibhausgase, wie z. B. von Kohlendioxyd, bis zur Zielperiode 2008 bis 2012 gegenüber dem Jahr 1990 im Durchschnitt um 5,2 % zu senken.
Die Europäische Union wollte vorbildlich sein und statt der 5,2 Kyoto-Prozente 8 % weniger Treibhausgase produzieren. Der grünselige Musterknabe Deutschland will die Treibhausgase bis 2008/2012 sogar um 21 % senken.

Rot-Grün tat dafür einiges. Die milliardenschwere und landschaftszerstörende Förderung der Windkraft ist ein Teil des zugrunde liegenden Masterplans, die seit dem 1. Februar 2002 geltende Energieeinsparverordnung (EnEV) ein weiterer Baustein.

Ab Anfang 2006 wird der Energiepaß bzw. Energieausweis für Eigentümer und Mieter, Verkäufer und Käufer von Immobilien allgemein verbindlich und soll durch verläßliche Angaben über den Energiebedarf komplette Transparenz der Energiekosten und energetischen Eigenschaften bzw. Qualitäten eines Gebäudes ermöglichen.
Es trifft zu, daß in Deutschland für die Gebäudebeheizung sehr viel Energie verbraucht wird - wir leben nun einmal nicht am Äquator. Ob wirklich, wie es in offiziellen Zahlenwerken heißt, rund ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs und aller CO2-Immissionen auf das Heizen und Kühlen von Gebäuden entfällt, lassen wir einmal dahingestellt (an den Berechnungen gab es immer mal wieder Zweifel). Als besonders großer Energieverschwender angeprangert wird dabei der sogenannte Gebäude-Altbestand (gebaut vor 1978). Obwohl diese Gebäude nur 70 % ausmachten, verbrauchten sie über 90 % der für Gebäude aufgewendeten Energie, heißt es.

Daraus errechnet man sich ein riesiges Energieeinsparpotential. Daß man sich mit einer ganzen Reihe von Energiesparmaßnahmen freilich den Schimmel mit seinen zahlreichen und noch keineswegs überschaubaren Folgeschäden ins Haus geholt hat, wird verdrängt. Wie dem auch sei - umdrehen wird diese Bewegung in Europa so schnell keiner.

Daß sich die Politik die Immobilieneigentümer - und nicht andere Großverschmutzer und -verschwender - als die erste Zielgruppe behördlich verordneter Energiesparmaßnahmen ausgesucht hat, läßt sich auch erklären: Die Kleinen können sich am wenigsten wehren (etwa durch die Drohung, Arbeitsplätze würden vernichtet) und reagieren auch mit ausgeprägtem Verantwortungsgefühl, wenn man sie als Luftverschmutzer kritisiert.
Und so sind wir wieder bei der Eingangsbemerkung: In jener Nacht- und Nebeleinigung zwischen Clement und Trittin wurde der sogenannte „Nationale Allokationsplan„ - kurz NAP genannt - beschlossen. Er wurde nächtens entscheidend zum Nachteil der Bereiche „Haushalte/Verkehr/Gewerbe-Handel-Dienstleistungen„ und zugunsten von Industrie und Energieerzeugern so verändert, daß von 17 Millionen Tonnen CO2, die noch eingespart werden müssen, die Industrie und der Energiesektor nur noch 10 Millionen Tonnen CO2 übernehmen müssen, die anderen Sektoren 7 Millionen. Nach den ursprünglichen Vorgaben hätten Industrie und Energiesektor 25 Millionen Tonnen CO2 einsparen müssen, und dafür hätten die anderen Sektoren 8 Millionen Tonnen mehr emittieren dürfen. Diese gewaltige Verschiebung wird dazu führen, daß Hunderttausende von Privathaushalten zusätzlich gezwiebelt werden müssen, statt mit wenigen Kraftwerksbetreibern Tacheles zu reden.

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Autor: Dieter Blümmel