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Betriebskosten - Prozessuales und Zwangsvollstreckung
20.10.2000 (GE 13/2000, 851) Betriebskostenprozesse sind oft besonders unerfreuliche Streitigkeiten um kleinere Einzelbeträge. Gleichwohl bilden sie einen großen Anteil an den Mietprozessen. Der Beitrag behandelt Fragen des Betriebskostenprozesses einschließlich der Zwangsvollstreckung und geht hierbei auch auf Probleme ein, die die Behandlung der Betriebskosten in sonstigen Verfahren betreffen.
I. Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach § 29 a ZPO. Für Wohnraum ergibt sich die sachliche Zuständigkeit aus § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG.
Zum Zuständigkeitsstreitwert nach § 8 ZPO siehe unten VII. 2.
II. Klageart und -antrag
1. Leistungsklage
Zahlungsansprüche sind im Wege der Zahlungsklage geltend zu machen. Das gilt auch im Falle einer Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten nach § 4 MHG, da hier anders als bei § 2 MHG kein Zustimmungsanspruch besteht, sondern eine wirksame Erhöhungserklärung unmittelbar zu einem Zahlungsanspruch des Vermieters führt1).
Auf Zustimmung ist zu klagen, wenn vertraglich vereinbart ist, daß der Mieter bei Kostensteigerungen einer Erhöhung der Vorauszahlungen zustimmen muß. Hier entsteht nämlich der Anspruch auf die erhöhten Vorauszahlungen erst mit der Zustimmung2). Entsprechendes gilt für den Anspruch des Mieters auf Herabsetzung der Miete nach § 4 Abs. 4 Satz 1 MHG3); ebenso im Falle des § 4 Abs. 5 Satz 3 MHG4).
Auch auf Zustimmung ist die Klage zu richten, wenn in einem Gewerbemietvertrag vereinbart ist, daß der Mieter bei einer Steigerung der Betriebskosten einer Erhöhung der Grundmiete oder einer Betriebskostenpauschale zuzustimmen hat. Bei einer Klage auf Vorlage einer Betriebskostenabrechnung muß der Klagantrag die Einzelheiten der Abrechnungsweise nicht präzisieren, da die Gestaltung der Abrechnung im wesentlichen dem Vermieter obliegt5).
Liegt bereits eine Abrechnung vor, entspricht diese aber nicht den formellen Mindestanforderungen6), ist der Abrechnungsanspruch nicht erfüllt und der Mieter kann auf Erstellung der Abrechnung klagen7). Andere Fehler8) führen dagegen nur zu einer Änderung des geforderten Betrages und sind im Zahlungsverfahren zu berücksichtigen; eine Klage auf Abrechnung ist in diesen Fällen wegen bereits eingetretener Erfüllung abzuweisen9).
2. Stufenklage
Rechnet der Vermieter nicht rechtzeitig ab, so kann der Mieter im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO Abrechnung und Auszahlung des sich ergebenden Guthabens verlangen. Ergibt die Abrechnung jedoch dann keinen Rückforderungsanspruch, ist der Mieter auf die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches angewiesen10). Für diese Fälle wird empfohlen, im Wege der Klageänderung die materielle Schadensersatzpflicht des Vermieters feststellen zu lassen11).
3. Feststellungsklage
Herrscht Streit über den Umfang der Zahlungsverpflichtungen, so hat der Mieter ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 ZPO an der Feststellung, daß er zur Zahlung geltend gemachter Betriebskosten nicht verpflichtet ist12). Dagegen wird man ein Rechtsschutzbedürfnis auf Vermieterseite nur in Ausnahmefällen annehmen können, weil der Vermieter in der Regel Leistungsklage erheben kann. Unberührt bleibt die Möglichkeit einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO.
4. Klage auf künftige Leistung
Der Vermieter kann hinsichtlich der Betriebskostenvorauszahlungen Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO ebenso wie hinsichtlich des Grundmietzinses erheben.
III. Substantiierungsrecht
1. Grundsätzliches
Erforderlich aber auch ausreichend ist es für die Schlüssigkeit einer Klage, daß sich aus dem Klagevorbringen für das Gericht nachvollziehbar ergibt, daß der geltend gemachte Anspruch besteht13). Im übrigen richtet sich die Darlegungslast nach der Beweislast14). Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Betriebskostenumlegung und für die Höhe der entstandenen Betriebskosten ist grundsätzlich der Vermieter darlegungs- und beweispflichtig, und zwar auch dann, wenn Vorauszahlungen geleistet sind15).
2. Klage des Vermieters auf
Betriebskostenvorauszahlungen
a) Der Vermieter muß darlegen, daß eine Betriebskostenumlegung mit Vorauszahlungen vereinbart wurde. Das impliziert den Vortrag, daß diese Vorauszahlungen auch angemessen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 MHG, § 20 Abs. 3 Satz 1 NMV 1970 sind16). Wenn der Mieter die Angemessenheit bestreitet, ist hierzu näherer Sachvortrag erforderlich17).
Hat der Mieter auf Betriebskosten und Grundmietzins nur einheitliche Teilzahlungen ohne nähere Tilgungsbestimmungen geleistet, so muß der Vermieter spätestens auf einen entsprechenden Einwand des Mieters hin auch vortragen, daß und aus welchem Grunde die Teilleistung nicht auf die Betriebskostenvorauszahlungen verrechnet wurde. Dies ergibt sich daraus, daß materiell-rechtlich eine Anrechnung von Teilleistungen mangels anderweitiger Leistungsbestimmung zunächst auf die Betriebskostenvorauszahlungen erfolgt18).
b) Daß die Vorauszahlungen geleistet worden sind, muß als Erfüllungseinwand der Mieter vortragen. Entsprechendes gilt für sonstige Einwendungen und Einreden.
3. Klage des Vermieters auf
Betriebskostennachzahlung
a) Vortrag des Vermieters
Zur schlüssigen Geltendmachung einer Betriebskostennachforderung gehört der Vortrag, daß zwischen den Parteien im Abrechnungszeitraum ein Mietverhältnis bestanden hat, daß wirksam die Zahlung von Betriebskostenvorauszahlungen und deren Abrechnung vereinbart worden ist und daß über die Kosten eine ordnungsgemäße fälligkeitsbegründende Abrechnung erteilt worden ist19). Nicht gefordert wird ein Sachvortrag zu Einzelheiten, die die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung begründen20). Die Behauptung der Richtigkeit der Abrechnung wird mit der Einklagung des Abrechnungssaldos zumindest schlüssig erhoben21). Ist eine formell ordnungsgemäße, insbesondere nachvollziehbare Abrechnung der Klagschrift beigefügt und in bezug genommen, so ergibt sich auch für das Gericht nachvollziehbar, daß der geltend gemachte Anspruch gegeben ist22).
Die Schlüssigkeit einer Nachforderungsklage hängt demnach nicht davon ab, daß der Vermieter jede in die Abrechnung eingestellte Position nach Datum, Grund und Höhe vorträgt. Erst wenn der Mieter die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung bestreitet, muß der Vermieter die Tatsachen im einzelnen darlegen und beweisen, aus denen sich die Richtigkeit des von ihm behaupteten Abrechnungsergebnisses ergibt23). Das folgt aus dem vom BGH24) hervorgehobenen Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag.
Hieraus folgt, daß generell keine übetriebenen Anforderungen an die Darlegung zu stellen sind. So erscheint es z. B. nicht erforderlich, daß der Vermieter bei einer Umlegung nach dem Flächenverhältnis eine Wohn- und Nutzflächenberechnung vorträgt25).
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Abrechnung für einen Außenstehenden nicht nachvollziehbar, aber gleichwohl ordnungsgemäß ist, weil die für die Nachvollziehbarkeit maßgeblichen Tatsachen dem Mieter bereits aus dem Mietvertrag oder aus früheren Abrechnungen bekannt sind26). Ein ergänzender Sachvortrag ist hier schon deshalb notwendig, damit das Gericht bei einer Schlüssigkeitsprüfung die formelle Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung feststellen kann27).
Bestrittene eigene Aufwendungen des Vermieters müssen konkret dargelegt werden. Die Vorlage pauschaler interner Vereinbarungen zwischen verschiedenen Abteilungen der Vermieterin genügt hierfür nicht28).
Bloße Spekulationen eines Mieters muß der Vermieter nicht widerlegen29).
Reagiert der Vermieter auf schlüssige Einwendungen des Mieters nicht, gelten diese nach § 138 ZPO als zugestanden30).
Hat der Mieter den Abrechnungssaldo anerkannt31) kann sich der Vermieter auf das Anerkenntnis berufen und muß die Tatsachen vortragen, aus denen sich das Anerkenntnis ergibt.
b) Bestreiten des Mieters
Die herrschende mietgerichtliche Rechtsprechung32) verlangt vom Mieter ein substantiiertes Bestreiten der Richtigkeit der Abrechnung und hierzu, daß der Mieter von seinem Recht Gebrauch macht, die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege einzusehen32a). Dem ist jedoch nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung des BGH33) genügt in der Regel gegenüber einer Tatsachenbehauptung der darlegungspflichtigen Partei das einfache Bestreiten. Eine darüber hinausgehende Substantiierungslast trifft die nicht beweisbelastete Partei nur ausnahmsweise dann, wenn der darlegungspflichtige Gegner die maßgeblichen Tatsachen nicht näher kennt und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind. Diese Voraussetzungen liegen im Betriebskostenprozeß grundsätzlich nicht vor, weil der Mieter nur die Belege einsehen kann, die beim Vermieter vorhanden sind. Ein Informationsvorsprung des Mieters ist deshalb in der Regel nicht gegeben. Der Mieter kann sich nach § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen erklären, ohne zuvor Belegeinsicht nehmen zu müssen34). Ein unsubstantiiertes Bestreiten birgt allerdings für den Mieter ein erhebliches Kostenrisiko.
Eine erhöhte Darlegungslast kann sich für den Mieter dann ergeben, wenn für die Richtigkeit des Sachvortrages des Vermieters der Beweis des ersten Anscheins spricht, z. B. wenn der Mieter ein Ableseprotokoll unterschrieben hat35) oder wenn der Vermieter ordnungsgemäß geeichte und gewartete Meßgeräte verwendet36). Hier muß der Mieter den Anscheinsbeweis erschüttern und entsprechend vortragen37).
Beruft sich der Vermieter auf ein Anerkenntnis38), kann der Mieter die das Anerkenntnis begründenden Tatsachen bestreiten oder dartun, daß die Geschäftsgrundlage gefehlt hat oder der Abrechnungsfehler auch bei sorgfältiger Prüfung nicht erkennbar war39).
c) Einwendungen und
Einreden des Mieters
Insoweit ist der Mieter darlegungspflichtig. Das gilt insbesondere für die Behauptung, daß die Vorauszahlungen in der Abrechnung zu niedrig angegeben seien, da es sich insoweit um den Einwand einer bereits erfolgten (teilweisen) Erfüllung handelt40).
Behauptet der Mieter, der Vermieter hätte die Einsicht in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege verweigert, so muß er diesen Vortrag substantiieren41). Er muß also vortragen, wann und wie er Belegeinsicht verlangt und wie der Vermieter hierauf reagiert hat42).
4. Klage des Mieters auf
Betriebskostenrückzahlung
a) Klage aufgrund einer Abrechnung
Klagt der Mieter einen Saldo aus der Betriebskostenabrechnung ein, so genügt der Sachvortrag, daß der Mieter vom Vermieter eine Abrechnung mit diesem Saldo erhalten hat. Ausführungen zur Richtigkeit der Abrechnung muß der Mieter nicht machen. Mit der Übersendung der Abrechnung erkennt der Vermieter nämlich deklaratorisch an, den Abrechnungsbetrag zu schulden43). Eine Annahmeerklärung ist bei einem Guthaben des Mieters insoweit nach § 151 BGB nicht erforderlich. Das Anerkenntnis wird spätestens mit der Einklagung des Saldos manifestiert.
b) Klage bei unterbliebener
Betriebskostenabrechnung
Der Vortrag des Mieters hängt von der materiell-rechtlichen Einordnung des Rückzahlungsanspruches ab.
a) Folgt man der Auffassung, daß der Mieter die Betriebskostenvorauszahlungen grundsätzlich zurückverlangen kann, wenn der Vermieter nicht innerhalb angemessener Frist abrechnet44), so muß der Mieter nur vortragen, daß er die Vorauszahlungen geleistet und der Vermieter hierüber nicht abgerechnet hat, obwohl die Abrechnungsfrist verstrichen ist. Sache des Vermieter ist es dann, eine Abrechnung vorzulegen; entweder mit der Behauptung, daß bereits abgerechnet wurde, oder durch Abrechnung im Prozeß45).
b) Folgt man dagegen den Rechtsentscheiden des OLG Hamm46) und des OLG Braunschweig47), so besteht bei fortbestehendem Mietverhältnis ohnehin kein Rückforderungsanspruch. Bei beendetem Mietverhältnis ist der Mieter gehalten, anhand gegebener Anhaltspunkte die Mindesthöhe der tatsächlich entstandenen Betriebskosten zu schätzen und annäherungsweise vorzutragen. Dabei verweist das OLG Braunschweig48) den Mieter auf vorhandene, wenn auch formal nicht ordnungsgemäße Abrechnungen, Abrechnungen aus früheren Abrechnungszeiträumen, Abrechnungen anderer Mieter mit vergleichbaren Wohnverhältnissen und auf eine Einsicht in die beim Vermieter vorhandenen Belege. Kann der Mieter mangels jeglicher Anhaltspunkte keinen solchen Vortrag machen, ist er berechtigt, die Vorauszahlungen insgesamt zurückzufordern. Hier reicht es dann aus, daß der Mieter vorträgt, daß er die Vorauszahlung geleistet hat und zur Darlegung eines Mindestverbrauches nicht in der Lage ist49).
c) Rückforderung bei
Zahlung unter Vorbehalt
Zahlt der Mieter einen Saldo aus der Betriebskostenabrechnung unter Vorbehalt, so muß der Mieter seine Leistung und den Vorbehalt darlegen. Die Richtigkeit des Saldos muß der Vermieter beweisen50) und ist deshalb ebenso wie bei einer Betriebskostennachforderung darlegungspflichtig.
5. Billiges Ermessen
Steht eine Ermessensausübung zur Debatte, z. B. bei der Bestimmung von Umlegungsmaßstäben, obliegt es im Streitfall zunächst dem Mieter, die Billigkeit der getroffenen Bestimmung des Vermieters substantiiert zu bestreiten. Erst wenn das geschehen ist, hat der Vermieter die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Billigkeit der Bestimmung rechtfertigen51). Der Mieter muß deshalb insbesondere die Auswirkungen der Entscheidung des Vermieters und die dadurch ihn treffenden Nachteile gegenüber einer anderen Ermessensausübung darlegen52).
IV. Schätzungen nach § 287 ZPO
Grundsätzlich obliegt es dem Vermieter, den Anfall der Betriebskosten darzutun und gegebenenfalls zu beweisen. Insbesondere bei Erfassungsmängeln kann es jedoch vorkommen, daß ein bestimmter Verbrauch nicht zu ermitteln ist. Bei einem unverhältnismäßigen Aufwand für ein Sachverständigengutachten kommt dann eine Schätzung nach § 287 ZPO in Betracht53).
V. Vorlage einer Abrechnung im Prozeß
Legt der Vermieter im Nachforderungsprozeß erstmals eine formell ordnungsgemäße Abrechnung vor, kann der Mieter den Klaganspruch sofort anerkennen54). Im Rückforderungsprozeß des Mieters55) oder bei einer Klage auf Erteilung einer Abrechnung kann der Vermieter die Abrechnung im Prozeß vorlegen, und zwar auch noch in der Berufungsinstanz, wenn dadurch der Rechtsstreit nicht verzögert wird56). Der Mieter kann dann die Hauptsache für erledigt erklären57) oder seine Klage auf Rückerstattung überzahlter Betriebskosten umstellen58).
Wird eine Betriebskostenabrechnung im Prozeß vorgelegt oder ergänzt, so gilt der Prozeßbevollmächtigte als zur Entgegennahme bevollmächtigt, sofern nicht dem Gegner oder dessen Prozeßbevollmächtigtem eine Einschränkung bekannt ist59).
VI. Kosten
Es gelten die allgemeinen Grundsätze der §§ 91 ff. ZPO. Auf folgende Einzelfälle ist hinzuweisen:
1. Erhebt der Mieter vor Ablauf der Abrechnungsfrist Klage auf Abrechnung, kann der Vermieter den Anspruch mit der Kostenfolge des § 93 ZPO anerkennen. Ist jedoch die Abrechnungsfrist bereits abgelaufen, hat der Vermieter Anlaß zur Klage im Sinne des § 93 ZPO gegeben. Die Kostentragungspflicht des Vermieters setzt deshalb keine Mahnung voraus60). Eine vorherige Aufforderung ist jedoch empfehlenswert.
2. Legt ein auf Vorlage einer Abrechnung verklagter Vermieter eine solche erst im Prozeß vor, kann der Mieter die Hauptsache für erledigt erklären. War die Abrechnungsfrist bereits abgelaufen, treffen die Kosten des Rechtsstreits den Vermieter (§ 91a ZPO). War sie noch nicht abgelaufen, war die Klage zunächst (derzeit) unbegründet und der Mieter hat nach § 91a ZPO die Kosten zu tragen.
3. Hat der Vermieter vorprozessual die Einsichtnahme in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege verweigert oder den Anspruch auf Überlassung von Fotokopien nicht erfüllt, kann der Mieter nach Vorlage der Belege einen Nachzahlungsanspruch sofort anerkennen, und der Vermieter trägt die Kosten nach § 93 ZPO61).
4. Nach § 93 ZPO trägt der Vermieter die Kosten des Rechtsstreits, wenn der Vermieter eine Nachzahlungsklage erhoben hat, bevor formell ordnungsgemäß abgerechnet war und der Mieter nach Vorlage der Abrechnung den Anspruch sofort anerkennt62).
5. Bestreitet der Mieter unsubstantiiert die Richtigkeit des Wohnflächenansatzes, können ihm nach § 96 ZPO die Kosten eines Sachverständigengutachtens teilweise auferlegt werden, wenn die Abweichung zu seinen Gunsten gegenüber der Vermieterabrechnung nur geringfügig ist63).
VII. Streitwert und Beschwer
1. Betriebskostenprozeß
a) Bei Zahlungsklagen bestimmt sich der Streitwert nach dem bezifferten Betrag.
b) Bezüglich des Gebührenstreitwertes erscheint für Klagen auf Zustimmung zur Erhöhung oder Senkung der Betriebskostenvorauszahlungen und für Klagen auf Herabsetzung des Mietzinses nach § 4 Abs. 4 Satz 1 MHG eine entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 5 GKG angezeigt64).
c) Als Streitwert einer Klage auf Abrechnung der Betriebskosten wird der zu schätzende Rückzahlungsanspruch des Klägers angenommen65). Das wirft Probleme auf, wenn eine solche Schätzung nicht möglich ist. Eine andere Meinung66) nimmt deshalb ein Drittel des Vorauszahlungsbetrages an. Das erscheint vom Grundsatz her richtig, in der Quote jedoch zu hoch, da derartige Rückzahlungsquoten kaum erreicht werden und auch noch kein Vollstreckungstitel für die Rückzahlung geschaffen wird. Dem trägt ein Ansatz von 5 % der geschuldeten Vorauszahlungen Rechnung. Auf die geschuldeten Vorauszahlungen ist abzustellen, weil insbesondere bei Minderzahlungen die Abrechnung auch einen Saldo zugunsten des Vermieters ergeben kann. Der Wert der Beschwer des verurteilten Vermieters richtet sich nach dem Aufwand für die Erstellung der Abrechnung.
d) Bei einer Klage auf Einsicht in die Abrechnungsbelege werden 10 % - 20 % des behaupteten Rückzahlungsanspruches angesetzt67). Auch hier besteht jedoch das Problem, daß erst nach der Belegeinsicht Veränderungen gegenüber der Abrechnung ermittelt werden können. Sachgerechter erscheint es deshalb auch hier, von dem Gesamtbetrag der Vorauszahlungen, über die abgerechnet wurde, auszugehen und auch hier einen Ansatz von 5 % vorzunehmen. Da sich der Mieter jedoch über die von ihm geleisteten Zahlungen im klaren ist, kommt es hier auf die tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen an. Der Wert der Beschwer des verurteilten Vermieters bemißt sich nach seinem Aufwand für die Gewährung von Belegeinsicht.
Streiten die Parteien lediglich darum, ob Belegeinsicht beim Mieter oder beim Vermieter zu gewähren ist, so bemißt sich der Streitwert für die Klage des Mieters nach dessen Interesse, nicht zum Vermieter reisen zu müssen, der Wert der Beschwer des verurteilten Vermieters nach den Aufwendungen, die zur Verbringung der Belege zum Mieter erforderlich sind68).
2. Berücksichtigung der
Betriebskosten beim Streitwert
nach §§ 8 ZPO, 16 GKG
a) Bei Inklusivmieten ist der Bruttomietzins maßgebend. Eine Herausrechnung von fiktiven Betriebskostenanteilen hat nicht zu erfolgen69). Entsprechendes gilt nach überwiegender Ansicht für nicht abzurechnende Betriebskostenpauschalen70).
b) Völlig uneinheitlich sind dagegen die Meinungen zur Berücksichtigung von Betriebskostenvorauszahlungen. Teilweise werden hier die Betriebskosten ganz außer acht gelassen71), teilweise werden die Betriebskostenvorauszahlungen voll eingerechnet72). Von den vermittelnden Meinungen stellt die eine auf die Bruttokaltmiete ab und klammert lediglich die Heiz- und Warmwasserkosten aus73), die andere will nicht verbrauchsabhängige Kosten dem Mietzins hinzurechnen, verbrauchsabhängige nicht74). In einer neueren Entscheidung hat der BGH75) offengelassen, ob er an der letztgenannten Auffassung festhält und hat die Einbeziehung von Betriebskosten deshalb abgelehnt, weil nicht dargetan war, welche Beträge nach erfolgter Abrechnung tatsächlich geschuldet waren.
Rechtsdogmatisch sind auch die Betriebskostenzahlungen - ob verbrauchsabhängig oder nicht - Bestandteil des Mietzinses76). Diese Auffassung deckt sich mit der Rechtsprechung des BFH77), der Betriebskostenumlagen den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zurechnet. Hinzuweisen ist auch auf die geplante Mietrechtsänderung. § 556 Abs. 1 BGB des Referentenentwurfes eines Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) definiert die Miete als Grundmiete und Betrag für Betriebskosten78). Vermieden wird durch den Ansatz der Bruttomiete eine unterschiedliche Behandlung von Inklusivmieten und Nettomieten. Praktischen Schwierigkeiten, die dadurch entstehen, daß Betriebskosten oft noch nicht abgerechnet sind, kann dadurch begegnet werden, daß die Betriebskostenvorauszahlungen angesetzt werden. Gewisse Ungenauigkeiten werden auch sonst bei der Streitwertfestsetzung in Kauf genommen. Soziale Gesichtspunkte schließlich können keine entscheidende Rolle spielen, weil es keinen allgemeinen Grundsatz gibt, daß Vorschriften mit sozialer Zweckrichtung wie § 16 GKG so ausgelegt werden müssen, daß sie noch sozialer wirken, als dies nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen der Fall ist79).
VIII. Zwangsvollstreckung
1. Betriebskostenprozeß
Die Vollstreckung eines Urteils auf Erteilung einer Betriebskostenabrechnung erfolgt nicht nach § 887 ZPO, sondern nach § 888 ZPO80). Zwar kann eine Abrechnung grundsätzlich auch von einem Sachverständigen erstellt werden. Das stößt aber auf Schwierigkeiten, wenn es um eine Ermessensausübung, z. B. hinsichtlich der Umlegungsmaßstäbe, geht. Probleme entstehen auch, wenn der Vermieter nicht alle Unterlagen herausgibt oder die für eine Zuordnung notwendigen Erklärungen nicht abgibt. Die hierzu vom LG Münster81) vorgeschlagene Lösung über zusätzliche Anordnungen im Beschluß nach § 887 ZPO führt zu einer weiteren Verzögerung der Abrechnung und zu einer Komplizierung der Zwangsvollstreckung.
Ist der Vermieter zur Vorlage einer Abrechnung verurteilt, so muß er im Zwangsvollstreckungsverfahren darlegen und gegebenenfalls beweisen, daß er - z. B. wegen fehlender Mitwirkung Dritter - zu einer Abrechnung nicht in der Lage ist82). Dieses Problem stellt sich vor allem bei vermieteten Eigentumswohnungen, wenn der Wohnungseigentumsverwalter notwendige Auskünfte nicht erteilt. Dabei nimmt das LG Berlin83) eine Unmöglichkeit erst an, wenn in einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nach § 43 WEG feststeht, daß der Vermieter eine Abrechnung nicht erstellen kann, weil von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder vom Verwalter die notwendigen Daten nicht zu erhalten sind. Während des Laufes eines solchen Verfahrens wird das Zwangsvollstreckungsverfahren auszusetzen sein.
Die Verurteilung zur Erstellung einer Abrechnung ist kein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel für die Gewährung von Belegeinsicht, wenn nicht zumindest eine Auslegung des Tenors anhand der Urteilsgründe auch eine Verurteilung zur Belegeinsicht ergibt84).
2. Pfändbarkeit von
Betriebskostenforderungen
Die h. M.85) hält Ansprüche des Vermieters auf Betriebskostenvorauszahlungen nach § 851 ZPO für unpfändbar, und zwar sowohl Vorauszahlungen als auch Nachzahlungen. Begründet wird diese Auffassung mit der Annahme einer zweckgebundenen Leistung im Sinne des § 399 2. Alt. BGB. Dabei geht das OLG Celle86) zu Unrecht davon aus, daß Betriebskostenzahlungen in der Regel nicht Bestandteil des Mietzinses seien87). Der Vermieter ist hinsichtlich der Vorauszahlungen auch nicht Treuhänder88) oder Auftragnehmer89) des Mieters. Das vom OLG Celle90) und Lützenrath91) hervorgehobene Schutzbedürfnis des Mieters erfordert ebenfalls nicht die Annahme einer Unpfändbarkeit, da dieser Schutz über die Anwendung des § 851b BGB erfolgen kann92).
Auf jeden Fall dürfen die Betriebskosten von denjenigen gepfändet werden, für die diese Mittel bestimmt sind93), also von den Gläubigern des Vermieters, die Leistungen erbracht haben, die Bezug auf die einzelnen Betriebskostenpositionen haben.
Fußnoten
1) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 2060.
2) Miet- und Wohnungsrecht (MieWo) / Schmid, Texte und Erläuterungen, Loseblattsammlung und CD-ROM, Erl. zu § 4 MHG Rdn. 332.
3) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 2080.
4) Miet- und Wohnungsrecht (MieWo) / Schmid, Texte und Erläuterungen, Loseblattsammlung und CD-ROM, Erl. zu § 4 MHG Rdn. 333.
5) LG Kassel, WuM 1991, 358.
6) Vgl. hierzu Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5058 ff.
7) LG Hamburg WuM 1998, 727.
8) Vgl. Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5068c.
9) LG Hamburg, WuM 1998, 727.
10) Vgl. Klas WuM 1994, 659 f.
11) Klas WuM 1994, 659 f.; v. Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, 1. Aufl., Rdn. 3642.
12) AG Offenbach/M. WuM 1980, 114.
13) Vgl. z. B. KG ZMR 1998, 627 [628] m. w. N.
14) Vgl. z. B. BGH MDR 1999, 1146.
15) OLG Braunschweig ZMR 1999, 694, 696 m. w. N.
16) Schmid MDR 2000, 123.
17) Vgl. hierzu grundsätzlich unten III. 3. a).
18) LG Berlin, Mietrechtliche Entscheidungen in Leitsätzen, ZMR 1996 Heft 9 S. XI/XII; LG Berlin GE 2000, 205.
19) KG ZMR 1998, 627 [628].
20) KG ZMR 1998, 627 [628].
21) Schmid ZMR 1999, 631.
22) Schmid MDR 2000, 123 [124].
23) Schmid ZMR 1999, 631.
24) MDR 1999, 696 = NJW 1999, 1404.
25) Schmid MDR 2000, 123 [124].
26) Vgl. BGH ZMR 1982, 108.
27) Schmid MDR 2000, 123 [124].
28) AG Nordhausen WuM 1999, 486.
29) LG Berlin GE 1992, 989 [991] zur unsubstantiierten Behauptung einer Stromentnahme für hausfremde Zwecke.
30) AG Trier WuM 1999, 721.
31) Vgl. zu den materiellen Voraussetzungen hierfür Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5135 ff.
32) Vgl. z. B. OLG Celle ZMR 1999, 238 [240]; LG Berlin GE 1986, 1174 und ZMR 1987, 380; LG Frankfurt/M. ZMR 1999, 764 m. abl. Anm. Rau; AG Berlin-Schöneberg GE 1986, 1177; AG Langenfeld/Rhld. ZMR 1999, 33; AG Ulm WuM 1999, 402.
32a) vgl. OLG Düsseldorf, in dieser Ausgabe Seite 888
33) MDR 1999, 1146; MDR 1999, 696 = NJW 1999, 1404 ff. je m. w. N.
34) Miet- und Wohnungsrecht (MieWo)/Schmid, Texte und Erläuterungen, Loseblattsammlung und CD-ROM, Erl. zu § 4 MHG Rdn. 338; Schmid MDR 2000, 123 [124].
35) OLG Köln GE 1986, 341 [345]; Schmid Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 3138c.
36) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 3181d.
37) Schmid MDR 2000, 123 [124].
38) Oben III. 3. a).
39) Vgl. zu den materiellen Voraussetzungen Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5135 ff.
40) Schmid, MDR 2000, 123 [124/125].
41) LG Düsseldorf, ZMR 1998,167.
42) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5082.
43) Str.; vgl. Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5135 m. w. N.
44) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5122.
45) Vgl. Schmid WuM 1997, 159 m. w. N.
46) ZMR 1998, 624.
47) ZMR 1999, 694 m. abl. Anm. Schmid.
48) ZMR 1999, 694.
49) Schmid, MDR 2000, 123 [125].
50) AG Hamburg-Harburg, NZM 2000, 460.
51) OLG Düsseldorf ZMR 2000, 215.
52) LG Berlin NJW-RR 1999, 1608 [1610].
53) Schmid NZM 1998, 499 [500].
54) Zur Kostenfolge s. u. VI. 4.
55) Zu den materiell-rechtlichen Voraussetzung hierfür s. z. B. Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5120 ff.
56) LG Gießen WuM 1994, 695.
57) LG Hamburg WuM 1997, 380; zur Kostenfolge s. u. VI. 2.
58) LG Hamburg WuM 1997, 380.
59) Vgl. BGH NZM 2000, 382 zur Entgegennahme von Kündigungserklärungen.
60) A. A. v. Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, 1. Aufl., Rdn. 3637.
61) Schmid MDR 2000, 123 [124].
62) AG Prüm WuM 2000, 214.
63) LG Hamburg WE 1999 Heft 9 S. 15.
64) Miet- und Wohnungsrecht (MieWo)/Schmid, Texte und Erläuterungen, Loseblattsammlung und CD-ROM, Erl. zu § 4 MHG Rdn. 343.
65) LG Landau/Pf. WuM 1990, 86.
66) V. Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, 1. Aufl., Rdn. 3639.
67) LG Köln WuM 1997, 447.
68) LG Kiel WuM 1988, 223; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5084.
69) OLG Hamm ZMR 1995, 359.
70) OLG Düsseldorf ZMR 2000, 211.
71) OLG Oldenburg WuM 1991, 286; OLG Köln ZMR 1998, 697 m. abl. Anm. Rau; LG Münster ZMR 1997, 146.
72) OLG Hamm ZMR 1995, 359; OLG München ZMR 1999, 172; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 1088.
73) Schmid/Scholz, Miete und Mietprozeß, Kap. 24 Rdn. 194 ff.
74) Vgl. vor allem BGH BGHZ 18, 168.
75) ZMR 1999, 616.
76) Vgl. z. B. BayObLG ZMR 1995, 694 [695]; OLG Naumburg WuM 1999, 160; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 1077 f.; a. A. OLG Köln ZMR 1998, 697 [698]; OLG Celle ZMR 1999, 697 [699].
77) DWW 2000, 132 ff.
78) Sinngleich § 559 Abs. 1 BGB des Entwurfes eines Gesetzes zur Neuordnung des Mietrechts (Mietrechtsneuordnungsgesetz- MNOG -) - BR-Drucksache 513/99.
79) Schmid ZMR 1999, 172; a. A. OLG Köln ZMR 1998, 697 [698] m. abl. Anm. Rau.
80) OLG Braunschweig ZMR 1999, 694 [695]; LG Saarbrücken WuM 1997, 234; v. Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, 1. Aufl., Rdn. 3640; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5004; a. A. z. B. LG Münster ZMR 2000, 227.
81) ZMR 2000, 227.
82) LG Köln WuM 1991, 703 f.
83) GE 1991, 93.
84) OLG Zweibrücken NJE-RR 1998, 715 f.
85) OLG Celle ZMR 1999, 697 ff. m. zust. Anm. Lützenrath und weiteren Nachweisen; LG Frankfurt/M. RPfleger 1989, 294 f.; a. A. Schmid ZMR 2000, 144 f.
86) ZMR 1999, 697 [698].
87) Vgl. oben unter VII.
88) LG Hamburg ZMR 1995, 32 [33]; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 1078; a. A. AG Hamburg-Wandsbeck WuM 1996, 28; offengelassen von LG Berlin WuM 1999, 343.
89) Klas ZMR 1995, 6; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 1078; a. A. OLG Koblenz DWW 1986, 244.
90) ZMR 1999, 697 [699].
91) ZMR 1999, 699 [700].
92) Schmid ZMR 2000, 144 f.
93) LG Frankfurt/M. RPfleger 1989, 284; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 851 Rdn. 3.
Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach § 29 a ZPO. Für Wohnraum ergibt sich die sachliche Zuständigkeit aus § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG.
Zum Zuständigkeitsstreitwert nach § 8 ZPO siehe unten VII. 2.
II. Klageart und -antrag
1. Leistungsklage
Zahlungsansprüche sind im Wege der Zahlungsklage geltend zu machen. Das gilt auch im Falle einer Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten nach § 4 MHG, da hier anders als bei § 2 MHG kein Zustimmungsanspruch besteht, sondern eine wirksame Erhöhungserklärung unmittelbar zu einem Zahlungsanspruch des Vermieters führt1).
Auf Zustimmung ist zu klagen, wenn vertraglich vereinbart ist, daß der Mieter bei Kostensteigerungen einer Erhöhung der Vorauszahlungen zustimmen muß. Hier entsteht nämlich der Anspruch auf die erhöhten Vorauszahlungen erst mit der Zustimmung2). Entsprechendes gilt für den Anspruch des Mieters auf Herabsetzung der Miete nach § 4 Abs. 4 Satz 1 MHG3); ebenso im Falle des § 4 Abs. 5 Satz 3 MHG4).
Auch auf Zustimmung ist die Klage zu richten, wenn in einem Gewerbemietvertrag vereinbart ist, daß der Mieter bei einer Steigerung der Betriebskosten einer Erhöhung der Grundmiete oder einer Betriebskostenpauschale zuzustimmen hat. Bei einer Klage auf Vorlage einer Betriebskostenabrechnung muß der Klagantrag die Einzelheiten der Abrechnungsweise nicht präzisieren, da die Gestaltung der Abrechnung im wesentlichen dem Vermieter obliegt5).
Liegt bereits eine Abrechnung vor, entspricht diese aber nicht den formellen Mindestanforderungen6), ist der Abrechnungsanspruch nicht erfüllt und der Mieter kann auf Erstellung der Abrechnung klagen7). Andere Fehler8) führen dagegen nur zu einer Änderung des geforderten Betrages und sind im Zahlungsverfahren zu berücksichtigen; eine Klage auf Abrechnung ist in diesen Fällen wegen bereits eingetretener Erfüllung abzuweisen9).
2. Stufenklage
Rechnet der Vermieter nicht rechtzeitig ab, so kann der Mieter im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO Abrechnung und Auszahlung des sich ergebenden Guthabens verlangen. Ergibt die Abrechnung jedoch dann keinen Rückforderungsanspruch, ist der Mieter auf die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches angewiesen10). Für diese Fälle wird empfohlen, im Wege der Klageänderung die materielle Schadensersatzpflicht des Vermieters feststellen zu lassen11).
3. Feststellungsklage
Herrscht Streit über den Umfang der Zahlungsverpflichtungen, so hat der Mieter ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 ZPO an der Feststellung, daß er zur Zahlung geltend gemachter Betriebskosten nicht verpflichtet ist12). Dagegen wird man ein Rechtsschutzbedürfnis auf Vermieterseite nur in Ausnahmefällen annehmen können, weil der Vermieter in der Regel Leistungsklage erheben kann. Unberührt bleibt die Möglichkeit einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO.
4. Klage auf künftige Leistung
Der Vermieter kann hinsichtlich der Betriebskostenvorauszahlungen Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO ebenso wie hinsichtlich des Grundmietzinses erheben.
III. Substantiierungsrecht
1. Grundsätzliches
Erforderlich aber auch ausreichend ist es für die Schlüssigkeit einer Klage, daß sich aus dem Klagevorbringen für das Gericht nachvollziehbar ergibt, daß der geltend gemachte Anspruch besteht13). Im übrigen richtet sich die Darlegungslast nach der Beweislast14). Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Betriebskostenumlegung und für die Höhe der entstandenen Betriebskosten ist grundsätzlich der Vermieter darlegungs- und beweispflichtig, und zwar auch dann, wenn Vorauszahlungen geleistet sind15).
2. Klage des Vermieters auf
Betriebskostenvorauszahlungen
a) Der Vermieter muß darlegen, daß eine Betriebskostenumlegung mit Vorauszahlungen vereinbart wurde. Das impliziert den Vortrag, daß diese Vorauszahlungen auch angemessen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 MHG, § 20 Abs. 3 Satz 1 NMV 1970 sind16). Wenn der Mieter die Angemessenheit bestreitet, ist hierzu näherer Sachvortrag erforderlich17).
Hat der Mieter auf Betriebskosten und Grundmietzins nur einheitliche Teilzahlungen ohne nähere Tilgungsbestimmungen geleistet, so muß der Vermieter spätestens auf einen entsprechenden Einwand des Mieters hin auch vortragen, daß und aus welchem Grunde die Teilleistung nicht auf die Betriebskostenvorauszahlungen verrechnet wurde. Dies ergibt sich daraus, daß materiell-rechtlich eine Anrechnung von Teilleistungen mangels anderweitiger Leistungsbestimmung zunächst auf die Betriebskostenvorauszahlungen erfolgt18).
b) Daß die Vorauszahlungen geleistet worden sind, muß als Erfüllungseinwand der Mieter vortragen. Entsprechendes gilt für sonstige Einwendungen und Einreden.
3. Klage des Vermieters auf
Betriebskostennachzahlung
a) Vortrag des Vermieters
Zur schlüssigen Geltendmachung einer Betriebskostennachforderung gehört der Vortrag, daß zwischen den Parteien im Abrechnungszeitraum ein Mietverhältnis bestanden hat, daß wirksam die Zahlung von Betriebskostenvorauszahlungen und deren Abrechnung vereinbart worden ist und daß über die Kosten eine ordnungsgemäße fälligkeitsbegründende Abrechnung erteilt worden ist19). Nicht gefordert wird ein Sachvortrag zu Einzelheiten, die die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung begründen20). Die Behauptung der Richtigkeit der Abrechnung wird mit der Einklagung des Abrechnungssaldos zumindest schlüssig erhoben21). Ist eine formell ordnungsgemäße, insbesondere nachvollziehbare Abrechnung der Klagschrift beigefügt und in bezug genommen, so ergibt sich auch für das Gericht nachvollziehbar, daß der geltend gemachte Anspruch gegeben ist22).
Die Schlüssigkeit einer Nachforderungsklage hängt demnach nicht davon ab, daß der Vermieter jede in die Abrechnung eingestellte Position nach Datum, Grund und Höhe vorträgt. Erst wenn der Mieter die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung bestreitet, muß der Vermieter die Tatsachen im einzelnen darlegen und beweisen, aus denen sich die Richtigkeit des von ihm behaupteten Abrechnungsergebnisses ergibt23). Das folgt aus dem vom BGH24) hervorgehobenen Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag.
Hieraus folgt, daß generell keine übetriebenen Anforderungen an die Darlegung zu stellen sind. So erscheint es z. B. nicht erforderlich, daß der Vermieter bei einer Umlegung nach dem Flächenverhältnis eine Wohn- und Nutzflächenberechnung vorträgt25).
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Abrechnung für einen Außenstehenden nicht nachvollziehbar, aber gleichwohl ordnungsgemäß ist, weil die für die Nachvollziehbarkeit maßgeblichen Tatsachen dem Mieter bereits aus dem Mietvertrag oder aus früheren Abrechnungen bekannt sind26). Ein ergänzender Sachvortrag ist hier schon deshalb notwendig, damit das Gericht bei einer Schlüssigkeitsprüfung die formelle Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung feststellen kann27).
Bestrittene eigene Aufwendungen des Vermieters müssen konkret dargelegt werden. Die Vorlage pauschaler interner Vereinbarungen zwischen verschiedenen Abteilungen der Vermieterin genügt hierfür nicht28).
Bloße Spekulationen eines Mieters muß der Vermieter nicht widerlegen29).
Reagiert der Vermieter auf schlüssige Einwendungen des Mieters nicht, gelten diese nach § 138 ZPO als zugestanden30).
Hat der Mieter den Abrechnungssaldo anerkannt31) kann sich der Vermieter auf das Anerkenntnis berufen und muß die Tatsachen vortragen, aus denen sich das Anerkenntnis ergibt.
b) Bestreiten des Mieters
Die herrschende mietgerichtliche Rechtsprechung32) verlangt vom Mieter ein substantiiertes Bestreiten der Richtigkeit der Abrechnung und hierzu, daß der Mieter von seinem Recht Gebrauch macht, die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege einzusehen32a). Dem ist jedoch nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung des BGH33) genügt in der Regel gegenüber einer Tatsachenbehauptung der darlegungspflichtigen Partei das einfache Bestreiten. Eine darüber hinausgehende Substantiierungslast trifft die nicht beweisbelastete Partei nur ausnahmsweise dann, wenn der darlegungspflichtige Gegner die maßgeblichen Tatsachen nicht näher kennt und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind. Diese Voraussetzungen liegen im Betriebskostenprozeß grundsätzlich nicht vor, weil der Mieter nur die Belege einsehen kann, die beim Vermieter vorhanden sind. Ein Informationsvorsprung des Mieters ist deshalb in der Regel nicht gegeben. Der Mieter kann sich nach § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen erklären, ohne zuvor Belegeinsicht nehmen zu müssen34). Ein unsubstantiiertes Bestreiten birgt allerdings für den Mieter ein erhebliches Kostenrisiko.
Eine erhöhte Darlegungslast kann sich für den Mieter dann ergeben, wenn für die Richtigkeit des Sachvortrages des Vermieters der Beweis des ersten Anscheins spricht, z. B. wenn der Mieter ein Ableseprotokoll unterschrieben hat35) oder wenn der Vermieter ordnungsgemäß geeichte und gewartete Meßgeräte verwendet36). Hier muß der Mieter den Anscheinsbeweis erschüttern und entsprechend vortragen37).
Beruft sich der Vermieter auf ein Anerkenntnis38), kann der Mieter die das Anerkenntnis begründenden Tatsachen bestreiten oder dartun, daß die Geschäftsgrundlage gefehlt hat oder der Abrechnungsfehler auch bei sorgfältiger Prüfung nicht erkennbar war39).
c) Einwendungen und
Einreden des Mieters
Insoweit ist der Mieter darlegungspflichtig. Das gilt insbesondere für die Behauptung, daß die Vorauszahlungen in der Abrechnung zu niedrig angegeben seien, da es sich insoweit um den Einwand einer bereits erfolgten (teilweisen) Erfüllung handelt40).
Behauptet der Mieter, der Vermieter hätte die Einsicht in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege verweigert, so muß er diesen Vortrag substantiieren41). Er muß also vortragen, wann und wie er Belegeinsicht verlangt und wie der Vermieter hierauf reagiert hat42).
4. Klage des Mieters auf
Betriebskostenrückzahlung
a) Klage aufgrund einer Abrechnung
Klagt der Mieter einen Saldo aus der Betriebskostenabrechnung ein, so genügt der Sachvortrag, daß der Mieter vom Vermieter eine Abrechnung mit diesem Saldo erhalten hat. Ausführungen zur Richtigkeit der Abrechnung muß der Mieter nicht machen. Mit der Übersendung der Abrechnung erkennt der Vermieter nämlich deklaratorisch an, den Abrechnungsbetrag zu schulden43). Eine Annahmeerklärung ist bei einem Guthaben des Mieters insoweit nach § 151 BGB nicht erforderlich. Das Anerkenntnis wird spätestens mit der Einklagung des Saldos manifestiert.
b) Klage bei unterbliebener
Betriebskostenabrechnung
Der Vortrag des Mieters hängt von der materiell-rechtlichen Einordnung des Rückzahlungsanspruches ab.
a) Folgt man der Auffassung, daß der Mieter die Betriebskostenvorauszahlungen grundsätzlich zurückverlangen kann, wenn der Vermieter nicht innerhalb angemessener Frist abrechnet44), so muß der Mieter nur vortragen, daß er die Vorauszahlungen geleistet und der Vermieter hierüber nicht abgerechnet hat, obwohl die Abrechnungsfrist verstrichen ist. Sache des Vermieter ist es dann, eine Abrechnung vorzulegen; entweder mit der Behauptung, daß bereits abgerechnet wurde, oder durch Abrechnung im Prozeß45).
b) Folgt man dagegen den Rechtsentscheiden des OLG Hamm46) und des OLG Braunschweig47), so besteht bei fortbestehendem Mietverhältnis ohnehin kein Rückforderungsanspruch. Bei beendetem Mietverhältnis ist der Mieter gehalten, anhand gegebener Anhaltspunkte die Mindesthöhe der tatsächlich entstandenen Betriebskosten zu schätzen und annäherungsweise vorzutragen. Dabei verweist das OLG Braunschweig48) den Mieter auf vorhandene, wenn auch formal nicht ordnungsgemäße Abrechnungen, Abrechnungen aus früheren Abrechnungszeiträumen, Abrechnungen anderer Mieter mit vergleichbaren Wohnverhältnissen und auf eine Einsicht in die beim Vermieter vorhandenen Belege. Kann der Mieter mangels jeglicher Anhaltspunkte keinen solchen Vortrag machen, ist er berechtigt, die Vorauszahlungen insgesamt zurückzufordern. Hier reicht es dann aus, daß der Mieter vorträgt, daß er die Vorauszahlung geleistet hat und zur Darlegung eines Mindestverbrauches nicht in der Lage ist49).
c) Rückforderung bei
Zahlung unter Vorbehalt
Zahlt der Mieter einen Saldo aus der Betriebskostenabrechnung unter Vorbehalt, so muß der Mieter seine Leistung und den Vorbehalt darlegen. Die Richtigkeit des Saldos muß der Vermieter beweisen50) und ist deshalb ebenso wie bei einer Betriebskostennachforderung darlegungspflichtig.
5. Billiges Ermessen
Steht eine Ermessensausübung zur Debatte, z. B. bei der Bestimmung von Umlegungsmaßstäben, obliegt es im Streitfall zunächst dem Mieter, die Billigkeit der getroffenen Bestimmung des Vermieters substantiiert zu bestreiten. Erst wenn das geschehen ist, hat der Vermieter die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Billigkeit der Bestimmung rechtfertigen51). Der Mieter muß deshalb insbesondere die Auswirkungen der Entscheidung des Vermieters und die dadurch ihn treffenden Nachteile gegenüber einer anderen Ermessensausübung darlegen52).
IV. Schätzungen nach § 287 ZPO
Grundsätzlich obliegt es dem Vermieter, den Anfall der Betriebskosten darzutun und gegebenenfalls zu beweisen. Insbesondere bei Erfassungsmängeln kann es jedoch vorkommen, daß ein bestimmter Verbrauch nicht zu ermitteln ist. Bei einem unverhältnismäßigen Aufwand für ein Sachverständigengutachten kommt dann eine Schätzung nach § 287 ZPO in Betracht53).
V. Vorlage einer Abrechnung im Prozeß
Legt der Vermieter im Nachforderungsprozeß erstmals eine formell ordnungsgemäße Abrechnung vor, kann der Mieter den Klaganspruch sofort anerkennen54). Im Rückforderungsprozeß des Mieters55) oder bei einer Klage auf Erteilung einer Abrechnung kann der Vermieter die Abrechnung im Prozeß vorlegen, und zwar auch noch in der Berufungsinstanz, wenn dadurch der Rechtsstreit nicht verzögert wird56). Der Mieter kann dann die Hauptsache für erledigt erklären57) oder seine Klage auf Rückerstattung überzahlter Betriebskosten umstellen58).
Wird eine Betriebskostenabrechnung im Prozeß vorgelegt oder ergänzt, so gilt der Prozeßbevollmächtigte als zur Entgegennahme bevollmächtigt, sofern nicht dem Gegner oder dessen Prozeßbevollmächtigtem eine Einschränkung bekannt ist59).
VI. Kosten
Es gelten die allgemeinen Grundsätze der §§ 91 ff. ZPO. Auf folgende Einzelfälle ist hinzuweisen:
1. Erhebt der Mieter vor Ablauf der Abrechnungsfrist Klage auf Abrechnung, kann der Vermieter den Anspruch mit der Kostenfolge des § 93 ZPO anerkennen. Ist jedoch die Abrechnungsfrist bereits abgelaufen, hat der Vermieter Anlaß zur Klage im Sinne des § 93 ZPO gegeben. Die Kostentragungspflicht des Vermieters setzt deshalb keine Mahnung voraus60). Eine vorherige Aufforderung ist jedoch empfehlenswert.
2. Legt ein auf Vorlage einer Abrechnung verklagter Vermieter eine solche erst im Prozeß vor, kann der Mieter die Hauptsache für erledigt erklären. War die Abrechnungsfrist bereits abgelaufen, treffen die Kosten des Rechtsstreits den Vermieter (§ 91a ZPO). War sie noch nicht abgelaufen, war die Klage zunächst (derzeit) unbegründet und der Mieter hat nach § 91a ZPO die Kosten zu tragen.
3. Hat der Vermieter vorprozessual die Einsichtnahme in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege verweigert oder den Anspruch auf Überlassung von Fotokopien nicht erfüllt, kann der Mieter nach Vorlage der Belege einen Nachzahlungsanspruch sofort anerkennen, und der Vermieter trägt die Kosten nach § 93 ZPO61).
4. Nach § 93 ZPO trägt der Vermieter die Kosten des Rechtsstreits, wenn der Vermieter eine Nachzahlungsklage erhoben hat, bevor formell ordnungsgemäß abgerechnet war und der Mieter nach Vorlage der Abrechnung den Anspruch sofort anerkennt62).
5. Bestreitet der Mieter unsubstantiiert die Richtigkeit des Wohnflächenansatzes, können ihm nach § 96 ZPO die Kosten eines Sachverständigengutachtens teilweise auferlegt werden, wenn die Abweichung zu seinen Gunsten gegenüber der Vermieterabrechnung nur geringfügig ist63).
VII. Streitwert und Beschwer
1. Betriebskostenprozeß
a) Bei Zahlungsklagen bestimmt sich der Streitwert nach dem bezifferten Betrag.
b) Bezüglich des Gebührenstreitwertes erscheint für Klagen auf Zustimmung zur Erhöhung oder Senkung der Betriebskostenvorauszahlungen und für Klagen auf Herabsetzung des Mietzinses nach § 4 Abs. 4 Satz 1 MHG eine entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 5 GKG angezeigt64).
c) Als Streitwert einer Klage auf Abrechnung der Betriebskosten wird der zu schätzende Rückzahlungsanspruch des Klägers angenommen65). Das wirft Probleme auf, wenn eine solche Schätzung nicht möglich ist. Eine andere Meinung66) nimmt deshalb ein Drittel des Vorauszahlungsbetrages an. Das erscheint vom Grundsatz her richtig, in der Quote jedoch zu hoch, da derartige Rückzahlungsquoten kaum erreicht werden und auch noch kein Vollstreckungstitel für die Rückzahlung geschaffen wird. Dem trägt ein Ansatz von 5 % der geschuldeten Vorauszahlungen Rechnung. Auf die geschuldeten Vorauszahlungen ist abzustellen, weil insbesondere bei Minderzahlungen die Abrechnung auch einen Saldo zugunsten des Vermieters ergeben kann. Der Wert der Beschwer des verurteilten Vermieters richtet sich nach dem Aufwand für die Erstellung der Abrechnung.
d) Bei einer Klage auf Einsicht in die Abrechnungsbelege werden 10 % - 20 % des behaupteten Rückzahlungsanspruches angesetzt67). Auch hier besteht jedoch das Problem, daß erst nach der Belegeinsicht Veränderungen gegenüber der Abrechnung ermittelt werden können. Sachgerechter erscheint es deshalb auch hier, von dem Gesamtbetrag der Vorauszahlungen, über die abgerechnet wurde, auszugehen und auch hier einen Ansatz von 5 % vorzunehmen. Da sich der Mieter jedoch über die von ihm geleisteten Zahlungen im klaren ist, kommt es hier auf die tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen an. Der Wert der Beschwer des verurteilten Vermieters bemißt sich nach seinem Aufwand für die Gewährung von Belegeinsicht.
Streiten die Parteien lediglich darum, ob Belegeinsicht beim Mieter oder beim Vermieter zu gewähren ist, so bemißt sich der Streitwert für die Klage des Mieters nach dessen Interesse, nicht zum Vermieter reisen zu müssen, der Wert der Beschwer des verurteilten Vermieters nach den Aufwendungen, die zur Verbringung der Belege zum Mieter erforderlich sind68).
2. Berücksichtigung der
Betriebskosten beim Streitwert
nach §§ 8 ZPO, 16 GKG
a) Bei Inklusivmieten ist der Bruttomietzins maßgebend. Eine Herausrechnung von fiktiven Betriebskostenanteilen hat nicht zu erfolgen69). Entsprechendes gilt nach überwiegender Ansicht für nicht abzurechnende Betriebskostenpauschalen70).
b) Völlig uneinheitlich sind dagegen die Meinungen zur Berücksichtigung von Betriebskostenvorauszahlungen. Teilweise werden hier die Betriebskosten ganz außer acht gelassen71), teilweise werden die Betriebskostenvorauszahlungen voll eingerechnet72). Von den vermittelnden Meinungen stellt die eine auf die Bruttokaltmiete ab und klammert lediglich die Heiz- und Warmwasserkosten aus73), die andere will nicht verbrauchsabhängige Kosten dem Mietzins hinzurechnen, verbrauchsabhängige nicht74). In einer neueren Entscheidung hat der BGH75) offengelassen, ob er an der letztgenannten Auffassung festhält und hat die Einbeziehung von Betriebskosten deshalb abgelehnt, weil nicht dargetan war, welche Beträge nach erfolgter Abrechnung tatsächlich geschuldet waren.
Rechtsdogmatisch sind auch die Betriebskostenzahlungen - ob verbrauchsabhängig oder nicht - Bestandteil des Mietzinses76). Diese Auffassung deckt sich mit der Rechtsprechung des BFH77), der Betriebskostenumlagen den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zurechnet. Hinzuweisen ist auch auf die geplante Mietrechtsänderung. § 556 Abs. 1 BGB des Referentenentwurfes eines Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) definiert die Miete als Grundmiete und Betrag für Betriebskosten78). Vermieden wird durch den Ansatz der Bruttomiete eine unterschiedliche Behandlung von Inklusivmieten und Nettomieten. Praktischen Schwierigkeiten, die dadurch entstehen, daß Betriebskosten oft noch nicht abgerechnet sind, kann dadurch begegnet werden, daß die Betriebskostenvorauszahlungen angesetzt werden. Gewisse Ungenauigkeiten werden auch sonst bei der Streitwertfestsetzung in Kauf genommen. Soziale Gesichtspunkte schließlich können keine entscheidende Rolle spielen, weil es keinen allgemeinen Grundsatz gibt, daß Vorschriften mit sozialer Zweckrichtung wie § 16 GKG so ausgelegt werden müssen, daß sie noch sozialer wirken, als dies nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen der Fall ist79).
VIII. Zwangsvollstreckung
1. Betriebskostenprozeß
Die Vollstreckung eines Urteils auf Erteilung einer Betriebskostenabrechnung erfolgt nicht nach § 887 ZPO, sondern nach § 888 ZPO80). Zwar kann eine Abrechnung grundsätzlich auch von einem Sachverständigen erstellt werden. Das stößt aber auf Schwierigkeiten, wenn es um eine Ermessensausübung, z. B. hinsichtlich der Umlegungsmaßstäbe, geht. Probleme entstehen auch, wenn der Vermieter nicht alle Unterlagen herausgibt oder die für eine Zuordnung notwendigen Erklärungen nicht abgibt. Die hierzu vom LG Münster81) vorgeschlagene Lösung über zusätzliche Anordnungen im Beschluß nach § 887 ZPO führt zu einer weiteren Verzögerung der Abrechnung und zu einer Komplizierung der Zwangsvollstreckung.
Ist der Vermieter zur Vorlage einer Abrechnung verurteilt, so muß er im Zwangsvollstreckungsverfahren darlegen und gegebenenfalls beweisen, daß er - z. B. wegen fehlender Mitwirkung Dritter - zu einer Abrechnung nicht in der Lage ist82). Dieses Problem stellt sich vor allem bei vermieteten Eigentumswohnungen, wenn der Wohnungseigentumsverwalter notwendige Auskünfte nicht erteilt. Dabei nimmt das LG Berlin83) eine Unmöglichkeit erst an, wenn in einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nach § 43 WEG feststeht, daß der Vermieter eine Abrechnung nicht erstellen kann, weil von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder vom Verwalter die notwendigen Daten nicht zu erhalten sind. Während des Laufes eines solchen Verfahrens wird das Zwangsvollstreckungsverfahren auszusetzen sein.
Die Verurteilung zur Erstellung einer Abrechnung ist kein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel für die Gewährung von Belegeinsicht, wenn nicht zumindest eine Auslegung des Tenors anhand der Urteilsgründe auch eine Verurteilung zur Belegeinsicht ergibt84).
2. Pfändbarkeit von
Betriebskostenforderungen
Die h. M.85) hält Ansprüche des Vermieters auf Betriebskostenvorauszahlungen nach § 851 ZPO für unpfändbar, und zwar sowohl Vorauszahlungen als auch Nachzahlungen. Begründet wird diese Auffassung mit der Annahme einer zweckgebundenen Leistung im Sinne des § 399 2. Alt. BGB. Dabei geht das OLG Celle86) zu Unrecht davon aus, daß Betriebskostenzahlungen in der Regel nicht Bestandteil des Mietzinses seien87). Der Vermieter ist hinsichtlich der Vorauszahlungen auch nicht Treuhänder88) oder Auftragnehmer89) des Mieters. Das vom OLG Celle90) und Lützenrath91) hervorgehobene Schutzbedürfnis des Mieters erfordert ebenfalls nicht die Annahme einer Unpfändbarkeit, da dieser Schutz über die Anwendung des § 851b BGB erfolgen kann92).
Auf jeden Fall dürfen die Betriebskosten von denjenigen gepfändet werden, für die diese Mittel bestimmt sind93), also von den Gläubigern des Vermieters, die Leistungen erbracht haben, die Bezug auf die einzelnen Betriebskostenpositionen haben.
Fußnoten
1) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 2060.
2) Miet- und Wohnungsrecht (MieWo) / Schmid, Texte und Erläuterungen, Loseblattsammlung und CD-ROM, Erl. zu § 4 MHG Rdn. 332.
3) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 2080.
4) Miet- und Wohnungsrecht (MieWo) / Schmid, Texte und Erläuterungen, Loseblattsammlung und CD-ROM, Erl. zu § 4 MHG Rdn. 333.
5) LG Kassel, WuM 1991, 358.
6) Vgl. hierzu Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5058 ff.
7) LG Hamburg WuM 1998, 727.
8) Vgl. Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5068c.
9) LG Hamburg, WuM 1998, 727.
10) Vgl. Klas WuM 1994, 659 f.
11) Klas WuM 1994, 659 f.; v. Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, 1. Aufl., Rdn. 3642.
12) AG Offenbach/M. WuM 1980, 114.
13) Vgl. z. B. KG ZMR 1998, 627 [628] m. w. N.
14) Vgl. z. B. BGH MDR 1999, 1146.
15) OLG Braunschweig ZMR 1999, 694, 696 m. w. N.
16) Schmid MDR 2000, 123.
17) Vgl. hierzu grundsätzlich unten III. 3. a).
18) LG Berlin, Mietrechtliche Entscheidungen in Leitsätzen, ZMR 1996 Heft 9 S. XI/XII; LG Berlin GE 2000, 205.
19) KG ZMR 1998, 627 [628].
20) KG ZMR 1998, 627 [628].
21) Schmid ZMR 1999, 631.
22) Schmid MDR 2000, 123 [124].
23) Schmid ZMR 1999, 631.
24) MDR 1999, 696 = NJW 1999, 1404.
25) Schmid MDR 2000, 123 [124].
26) Vgl. BGH ZMR 1982, 108.
27) Schmid MDR 2000, 123 [124].
28) AG Nordhausen WuM 1999, 486.
29) LG Berlin GE 1992, 989 [991] zur unsubstantiierten Behauptung einer Stromentnahme für hausfremde Zwecke.
30) AG Trier WuM 1999, 721.
31) Vgl. zu den materiellen Voraussetzungen hierfür Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5135 ff.
32) Vgl. z. B. OLG Celle ZMR 1999, 238 [240]; LG Berlin GE 1986, 1174 und ZMR 1987, 380; LG Frankfurt/M. ZMR 1999, 764 m. abl. Anm. Rau; AG Berlin-Schöneberg GE 1986, 1177; AG Langenfeld/Rhld. ZMR 1999, 33; AG Ulm WuM 1999, 402.
32a) vgl. OLG Düsseldorf, in dieser Ausgabe Seite 888
33) MDR 1999, 1146; MDR 1999, 696 = NJW 1999, 1404 ff. je m. w. N.
34) Miet- und Wohnungsrecht (MieWo)/Schmid, Texte und Erläuterungen, Loseblattsammlung und CD-ROM, Erl. zu § 4 MHG Rdn. 338; Schmid MDR 2000, 123 [124].
35) OLG Köln GE 1986, 341 [345]; Schmid Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 3138c.
36) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 3181d.
37) Schmid MDR 2000, 123 [124].
38) Oben III. 3. a).
39) Vgl. zu den materiellen Voraussetzungen Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5135 ff.
40) Schmid, MDR 2000, 123 [124/125].
41) LG Düsseldorf, ZMR 1998,167.
42) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5082.
43) Str.; vgl. Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5135 m. w. N.
44) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5122.
45) Vgl. Schmid WuM 1997, 159 m. w. N.
46) ZMR 1998, 624.
47) ZMR 1999, 694 m. abl. Anm. Schmid.
48) ZMR 1999, 694.
49) Schmid, MDR 2000, 123 [125].
50) AG Hamburg-Harburg, NZM 2000, 460.
51) OLG Düsseldorf ZMR 2000, 215.
52) LG Berlin NJW-RR 1999, 1608 [1610].
53) Schmid NZM 1998, 499 [500].
54) Zur Kostenfolge s. u. VI. 4.
55) Zu den materiell-rechtlichen Voraussetzung hierfür s. z. B. Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5120 ff.
56) LG Gießen WuM 1994, 695.
57) LG Hamburg WuM 1997, 380; zur Kostenfolge s. u. VI. 2.
58) LG Hamburg WuM 1997, 380.
59) Vgl. BGH NZM 2000, 382 zur Entgegennahme von Kündigungserklärungen.
60) A. A. v. Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, 1. Aufl., Rdn. 3637.
61) Schmid MDR 2000, 123 [124].
62) AG Prüm WuM 2000, 214.
63) LG Hamburg WE 1999 Heft 9 S. 15.
64) Miet- und Wohnungsrecht (MieWo)/Schmid, Texte und Erläuterungen, Loseblattsammlung und CD-ROM, Erl. zu § 4 MHG Rdn. 343.
65) LG Landau/Pf. WuM 1990, 86.
66) V. Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, 1. Aufl., Rdn. 3639.
67) LG Köln WuM 1997, 447.
68) LG Kiel WuM 1988, 223; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5084.
69) OLG Hamm ZMR 1995, 359.
70) OLG Düsseldorf ZMR 2000, 211.
71) OLG Oldenburg WuM 1991, 286; OLG Köln ZMR 1998, 697 m. abl. Anm. Rau; LG Münster ZMR 1997, 146.
72) OLG Hamm ZMR 1995, 359; OLG München ZMR 1999, 172; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 1088.
73) Schmid/Scholz, Miete und Mietprozeß, Kap. 24 Rdn. 194 ff.
74) Vgl. vor allem BGH BGHZ 18, 168.
75) ZMR 1999, 616.
76) Vgl. z. B. BayObLG ZMR 1995, 694 [695]; OLG Naumburg WuM 1999, 160; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 1077 f.; a. A. OLG Köln ZMR 1998, 697 [698]; OLG Celle ZMR 1999, 697 [699].
77) DWW 2000, 132 ff.
78) Sinngleich § 559 Abs. 1 BGB des Entwurfes eines Gesetzes zur Neuordnung des Mietrechts (Mietrechtsneuordnungsgesetz- MNOG -) - BR-Drucksache 513/99.
79) Schmid ZMR 1999, 172; a. A. OLG Köln ZMR 1998, 697 [698] m. abl. Anm. Rau.
80) OLG Braunschweig ZMR 1999, 694 [695]; LG Saarbrücken WuM 1997, 234; v. Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, 1. Aufl., Rdn. 3640; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 5004; a. A. z. B. LG Münster ZMR 2000, 227.
81) ZMR 2000, 227.
82) LG Köln WuM 1991, 703 f.
83) GE 1991, 93.
84) OLG Zweibrücken NJE-RR 1998, 715 f.
85) OLG Celle ZMR 1999, 697 ff. m. zust. Anm. Lützenrath und weiteren Nachweisen; LG Frankfurt/M. RPfleger 1989, 294 f.; a. A. Schmid ZMR 2000, 144 f.
86) ZMR 1999, 697 [698].
87) Vgl. oben unter VII.
88) LG Hamburg ZMR 1995, 32 [33]; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 1078; a. A. AG Hamburg-Wandsbeck WuM 1996, 28; offengelassen von LG Berlin WuM 1999, 343.
89) Klas ZMR 1995, 6; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 5. Aufl., Rdn. 1078; a. A. OLG Koblenz DWW 1986, 244.
90) ZMR 1999, 697 [699].
91) ZMR 1999, 699 [700].
92) Schmid ZMR 2000, 144 f.
93) LG Frankfurt/M. RPfleger 1989, 284; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 851 Rdn. 3.
Autor: RiOLG Dr. Michael J. Schmid