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Feierabend-Parlament
19.11.2003 (GE 22/03, Seite 1448) Das Berliner Abgeordnetenhaus ist ein Feierabend-Parlament. Jeder der Abgeordneten sollte, das ist das dahinter steckende Grundverständnis, zuvorderst einen Beruf ausüben und mit der Politik sich erst nach Feierabend beschäftigen. So gesehen ist das völlig normal, daß der gelernte Historiker Walter Momper die Möglichkeit haben muß, seine Brötchen ungestört zu verdienen. Wenn es da nicht zwei Probleme gäbe.
Das erste Problem ist Mompers herausgehobene Stellung im Parlament: Er ist dessen Präsident. Was schon Einsatz vor Feierabend erfordert, allerdings auch deutlich besser honoriert und privilegierter ist als ein normales Abgeordnetenleben. Das zweite Problem ist Mompers Tätigkeitsfeld. Ginge er seinem erlernten Beruf nach, gäbe Momper kaum Anlaß für Kritik. Aber er nennt sich Projektentwickler und geht einer Tätigkeit nach, die de facto darauf hinausläuft, daß er großen Investoren zeigt, durch welche Türen sie gehen, an welchen Rädchen und Stellschrauben sie drehen müssen und wie die politischen Schützengräben verlaufen. Und Momper spielt dabei den Scout. Führt dort ein Gespräch, ermöglicht da ein anderes. Mal für Ikea, mal wie jetzt für den Bauhaus-Konzern oder einen Freizeitpark-Investor. Mompers Gegner sehen in seinem Tun eine Vermischung von wirtschaftlichem Interesse und politischem Mandat. Letztlich wird sich zwar kaum etwas zu einem relevanten Vorwurf verdichten. Es ist eher eine Frage des Stils. Vor allem deshalb, weil Momper kein gewöhnlicher Abgeordneter, sondern als Präsident des Abgeordnetenhauses in herausragender Stellung ist. Und das muß er ja nicht unbedingt bleiben, wenn er seinen beruflichen Zielen weiter nachgehen will, weshalb die Opposition auch die rechtlichen Grundlagen für eine Abwahl des Abgeordnetenhauspräsidenten schaffen wollen.