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Einkommensteuer: Darlehensverträge mit Angehörigen
Grundvoraussetzungen und verminderte Anforderungen bei Bau- und Anschaffungsdarlehen
16.10.2003 (GE 20/03, Seite 1317) 1. Vorbemerkung Nicht nur im Fall der Anschaffung oder Herstellung von selbstgenutztem Wohneigentum spielen Darlehensverträge zwischen Angehörigen bei der Finanzierung eine Rolle. Auch bei der Finanzierung der Anschaffung oder Herstellung eines Mietwohngebäudes sind Darlehensverträge z. B. zwischen Eltern und Kindern immer öfter von großer Bedeutung, besteht aus rein wirtschaftlichen Gründen bei einer solchen Gestaltung doch die Möglichkeit, die Zinsmarge (Gewinn des Kreditinstituts bei Darlehensverträgen und deren Refinanzierung) zwischen Darlehensnehmer und Darlehensgeber aufzuteilen. Die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung verlangen für die steuerliche Anerkennung, die für den Schuldzinsenabzug beim Erwerber im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG relevant ist, die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, auf die im folgenden eingegangen werden soll. Die Voraussetzungen sind in den Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 1. Dezember 1992, BStBl. I 1992, S. 729 ff. und vom 30. Mai 2001, BStBl. I 2001, S. 348 niedergelegt.
2. Grundvoraussetzungen
Für die steuerliche Anerkennung wird vorausgesetzt, daß der Darlehensvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen worden ist und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wird. Ein Darlehensvertrag zwischen Eltern und minderjährigen Kindern erfordert deshalb die Bestellung eines Ergänzungspflegers für den Vertragsabschluß. Geschieht dies nicht, ist der Darlehensvertrag schwebend unwirksam. Eine spätere Genehmigung kann nur für die Zukunft gelten.
Des weiteren muß der Darlehensvertrag dem sog. Fremdvergleich standhalten. Hinsichtlich
n Laufzeit,
n Art, Umfang und Zeitpunkt der Tilgung,
n Höhe und Zeitpunkt der Zinszahlung,
n Besicherung und
n Kündigungsmöglichkeiten
sollte deshalb auf „bankübliche“ Vereinbarungen geachtet werden.
Neben fehlenden Tilgungsvereinbarungen gefährden somit auch unübliche Vereinbarungen (z. B. im Ermessen des Darlehensnehmers liegende Tilgungszeitpunkte, Ausschluß des außerordentlichen Kündigungsrechts des Darlehensgebers nach § 490 BGB) die steuerliche Anerkennung.
Wesentliches Kriterium für den Fremdvergleich ist ferner die Form der Besicherung. Bundesfinanzhof und Finanzverwaltung verlangen zumindest bei langfristiger Kapitalhingabe (mehr als vier Jahre) für die steuerliche Anerkennung eine in der Kreditwirtschaft übliche Besicherung (z. B. Hypothek oder Grundschuld, Bürgschaft, Schuldübernahme oder Schuldbeitritt eines kreditwürdigen Dritten, Sicherungsübereignung von Wirtschaftsgütern, Sicherungszession von Forderungen).
Auch hinsichtlich der Verzinsung ist darauf zu achten, daß keine unüblich niedrige Verzinsung oder womöglich ein Verzicht auf die Verzinsung vereinbart wird. Eine genaue Grenze, ab wann eine unüblich niedrige Verzinsung vorliegt, ergibt sich weder aus der Rechtsprechung noch aus den Stellungnahmen der Finanzverwaltung noch aus der Literatur. Meines Erachtens wird man noch von einer üblichen Zinsvereinbarung ausgehen können, wenn der vereinbarte Zinssatz sich zwischen dem für eine vergleichbare Kapitalanlage und dem für einen vergleichbaren Darlehensvertrag bewegt. Erhält man z. B. für eine fünfjährige Kapitalanlage in festverzinslichen Wertpapieren eine effektive Rendite von 4 % und muß für einen dinglich mit Hypothek oder Grundschuld abgesicherten Kredit mit fünfjähriger Zinsbindungsfrist eine Effektivverzinsung von 5 % leisten, dürfte eine Zinsvereinbarung für fünf Jahre zwischen Angehörigen, die nicht unter 4 % p. a. liegt, im Rahmen des unter fremden Dritten Üblichen bleiben.
Die Zinsen sind ferner tatsächlich und fristgerecht zu zahlen. Die Erhöhung der Darlehensschuld um die entstandenen Zinsen allein reicht für die steuerliche Anerkennung nicht aus.

3. Verminderte Anforderungen bei
Bau- oder Anschaffungsdarlehen
Dient die Darlehensaufnahme der Anschaffung oder Herstellung einer Immobilie, und wird der Darlehensvertrag zwischen wirtschaftlich voneinander unabhängigen Angehörigen geschlossen, stellt die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, der sich die Finanzverwaltung angeschlossen hat, nur verminderte Anforderungen an die steuerliche Anerkennung. Einzelne Unüblichkeiten (z. B. fehlende Besicherung oder fehlende Tilgungsmöglichkeiten) führen noch nicht zur Versagung der steuerlichen Anerkennung. Unverzichtbar ist die Vereinbarung eines Zinses und seine tatsächliche und fristgerechte Zahlung. Wirtschaftlich unabhängig sind Angehörige, wenn Darlehensgeber und -nehmer jeweils für sich ihren Unterhalt und die übrigen Kosten der Lebensführung aus eigenen Mitteln bestreiten können. Darlehensverträge zwischen Ehegatten, von denen einer weder eigene Einkünfte noch nennenswertes Vermögen besitzt, um seinen Unterhalt bestreiten zu können, erfüllen dieses Kriterium nicht. Das gleiche gilt für Darlehensverträge zwischen Eltern und volljährigen Kindern, die noch auf die Unterhaltsleistungen der Eltern oder Dritter angewiesen sind.

4. Schenkweise begründete
Darlehensverhältnisse
Wird ein Geldbetrag nach erfolgter Schenkung an einen Angehörigen (z. B. von den Eltern an die Kinder) im Darlehenswege wieder an den Schenker zurückgegeben, erkennt die Finanzverwaltung das Darlehensverhältnis und die Schenkung ertragsteuerlich zudem nur an, wenn die Schenkung zivilrechtlich wirksam vollzogen wurde und damit eine endgültige Vermögensverlagerung eintritt. Davon ist auszugehen, wenn Schenkung und Darlehen sachlich und zeitlich unabhängig voneinander vorgenommen werden. Von einer solchen Unabhängigkeit kann aber in jedem Fall nicht mehr ausgegangen werden, wenn Schenkung und Darlehen in ein und derselben Urkunde vereinbart sind, die Schenkung unter der Auflage der Rückgabe als Darlehen erfolgt oder das Schenkungsversprechen unter der aufschiebenden Bedingung der Rückgabe als Darlehen gegeben wird.

5. Schlußbemerkung
Scheitert die steuerliche Anerkennung des Darlehensverhältnisses zwischen Angehörigen, hat dies beim Darlehensnehmer zur Folge, daß die Zinszahlungen nicht als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können (vgl. H 19 EStRL) und die Zinserträge beim Darlehensgeber nicht als Einnahmen im Rahmen des § 20 EStG versteuert werden müssen.
Autor: Norbert Schneider