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Selbstauskunft des Mieters
Lügen bis sich Balken biegen?
02.09.2003 (GE 17/03, Seite 1131) Kürzlich wurde in einer Berliner Tageszeitung auf ein Urteil des Landgerichts Wuppertal (16 S 249/98) hingewiesen, wonach Mieter in bestimmten Fällen Fragen des Vermieters wahrheitswidrig beantworten dürften, ohne dem Risiko einer Anfechtung bzw. Kündigung des Mietverhältnisses ausgesetzt zu sein. Doch so einfach ist die Rechtslage nicht.
Vor Abschluß eines Mietvertrages hat ein Vermieter ein natürliches Interesse daran, Näheres über den potentiellen Nachmieter zu erfahren. Denn er möchte nicht erst nach Einzug des neuen Bewohners erleben, daß dieser unzumutbar ist, z. B. kein Geld für die Miete hat, Trinker ist, zu Gewalttätigkeiten neigt und deswegen schon erheblich vorbestraft ist etc. Um sich zu informieren, legt er dem zukünftigen Mieter häufig einen Fragebogen mit dem Titel „Selbstauskunft” vor und stellt darin dezidierte Fragen. Weigert sich der Mieter, den Fragebogen auszufüllen, wird der Vermieter mißtrauisch, es kommt nicht zum Abschluß eines Mietvertrages. Stellt sich später heraus, daß die Angaben des Mieters unrichtig waren, dieser also gelogen hat, wird der Vermieter überlegen, den Mietvertrag anzufechten oder zu kündigen. Es stellt sich daher die Frage von Zulässigkeit und Umfang derartiger Fragebögen und den Konsequenzen unrichtiger Angaben.
1. Zulässige „Selbstauskunft”
Im öffentlichen Recht im Verhältnis des Bürgers zum Staat sind Fragen zum persönlichen Umfeld des Bürgers wegen dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Sinne der Artikel 1 und 2 Grundgesetz enge Grenzen gesetzt und unterliegen zudem dem Datenschutz. Das Mietrecht unterliegt jedoch der Privatautonomie, so daß jeder frei entscheiden kann, ob und mit wem er einen Vertrag abschließen möchte. Dieser Grundsatz ist aber insofern eingeschränkt, als bestimmte Grundrechte einen verfassungsrechtlichen Einfluß auf das Privatrecht haben (sogenannte Drittwirkung der Grundrechte). Dazu gehört das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das nicht nur vor direkten staatlichen Eingriffen schützt, sondern als objektive Norm seinen Rechtsgehalt auch im Privatrecht entfaltet und in dieser Eigenschaft auf die Auslegung und Anwendung privatrechtlicher Vorschriften ausstrahlt (BVerfG NJW 1991, 2411). Die Fragen an einen potentiellen Mieter betreffen dessen Persönlichkeitssphäre. Sie sind daher im Lichte der Grundrechte zu beurteilen, und es ist je nach Einzelfrage zu entscheiden, ob die Frage in der besonderen Situation der Anbahnung des Mietverhältnisses berechtigt war. Der Grundrechtsbezug im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht besagt also nicht, daß derartige Fragebögen generell unzulässig sind (vgl. dazu näher Weichert WuM 1993, 723 ff.).
Die mietrechtliche Rechtsprechung und Literatur greift zur Beurteilung der Zulässigkeit bestimmter Fragen an den Mieter auf die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze für Fragen des Arbeitgebers an den Stellenbewerber zurück (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 543 Rdn. 191; Weichert, aaO., 724, jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen der Instanzgerichte). Nach BAG (NJW 1985, 645) wird dem Arbeitgeber ein Fragerecht nur insoweit zugestanden, als er ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage für das Arbeitsverhältnis hat. Dieses Interesse muß objektiv so stark sein, daß dahinter das Interesse des Arbeitnehmers am Schutz seines Persönlichkeitsrechtes und der Unverletzlichkeit seiner Individualsphäre zurücktreten muß. Auf das Mietrecht übertragen kommt es also darauf an, ob der Vermieter im Hinblick auf das zukünftige Mietverhältnis an der Frage ein so starkes Interesse hat, daß dahinter das Persönlichkeitsrecht des Mieters zurücktritt.
Für die einzelnen Fragen ist die Rechtsprechung der Amts- und Landgerichte sehr unterschiedlich, so daß lediglich Trends mitgeteilt werden können. Im Gegensatz zur arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung des BAG liegen Rechtsentscheide oder BGH-Entscheidungen in der Wohnraummiete nicht und nur vereinzelt Entscheidungen von Oberlandesgerichten im Rahmen der Geschäftsraummiete vor. Im Hinblick auf datenschutzrechtliche Aspekte und eine recht starke Betonung des Grundrechtsschutzes sind allerdings Vermieter gut beraten, bei jeder beabsichtigten Frage genau zu überlegen, ob sie sie denn wirklich stellen sollten.
Im einzelnen:
l Einkommenssituation
Eine solche Frage wird ganz allgemein als zulässig erachtet (AG Bonn WuM 1992, 597; AG Hagen WuM 1984, 296; AG Miesbach WuM 1987, 379; a. A. Lau in WuM 1978, 61, 62).
l Arbeitgeber des Mieters
Diese Frage umfaßt zwangsläufig auch die Frage, ob der Wohnungsbewerber überhaupt einen Arbeitsplatz hat mit der weiteren Einzelheit, ob er Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe erhält. Aus der Angabe über das Einkommen ist dazu nichts zu entnehmen, da dort nur Geldbeträge stehen.
Die Berechtigung einer derartigen Frage ist sehr umstritten: dafür AG Bonn aaO.; LG Köln WuM 1984, 297; AG Gelsenkirchen WuM 1984, 299. Dagegen AG Stuttgart-Bad Cannstatt WuM 1986, 311; AG Rendsburg WuM 1990, 507; AG Kaiserslautern WuM 1987, 378).
Nach hier vertretener Auffassung braucht der Wohnungsbewerber seinen Arbeitgeber nicht anzugeben, denn er riskiert dabei, daß der Vermieter sich bei diesem nicht nur nach der finanziellen Seite erkundigt, sondern auch gleich andere Dinge erfahren möchte, die in keinem Zusammenhang mit dem künftigen Mietverhältnis stehen, sondern ausschließlich der Privatsphäre zuzuordnen sind. Eine ganz andere Frage ist es, ob der Wohnungsbewerber bei der Darlegung seiner Einkommensverhältnisse angeben muß, daß er die Miete nur mit Hilfe des Sozialamts aufbringen kann (vgl. AG Frankfurt WuM 1989, 620). Das ist zu bejahen. Der Vermieter muß sich nicht darauf verweisen lassen, daß die Miete vom Sozialamt auch sicher ist. Denn Mietzahlungen durch das Sozialamt bringen zusätzlichen Aufwand und auch insofern teilweise Unsicherheit, als der Mieter den Kontakt zum Sozialamt halten muß und dieses auch pünktlich die Miete zahlt.
l Beruf
Die Frage wurde bisher überwiegend als zulässig angesehen. Sie steht jedoch im Zusammenhang mit der Frage nach dem Arbeitgeber, denn der Beruf als solcher besagt nichts im Hinblick auf das Einkommen, höchstens etwas zum sozialen Stand, der jedoch für ein Mietverhältnis vielleicht interessant, aber nicht von wesentlicher Wichtigkeit sein dürfte. Die Zulässigkeit der Frage ist daher zu verneinen.
l Familienstand
Teilweise wurde die Zulässigkeit einer derartigen Frage bejaht (AG Landau/Pfalz WuM 1986, 133; a. A. auch insofern Lau, aaO., 62). Im Rahmen der zur Zeit wahrzunehmenden Entwicklung und rechtlichen Einordnung von Beziehungen neben der Ehe wie Partnerschaften, Lebensgemeinschaften etc. ist diese Frage jetzt wohl nicht mehr zulässig, da sie lediglich den Intimbereich des Mieters berührt und es dem Vermieter nicht - wie früher einmal - wegen gesellschaftlicher Befindlichkeiten darauf ankommen kann, nur verheiratete Paare in die Wohnung aufzunehmen.
l Zahl einziehender Angehöriger
Diese Frage ist berechtigt, da dadurch die zulässige Belegung und damit möglicherweise Überbelegung der Wohnung beurteilt werden kann (vgl. dazu auch Weichert, aaO., 725).
l Religionszugehörigkeit
Die Frage ist unzulässig, da das Mietverhältnis davon nicht berührt ist. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es sich um ein kirchliches Wohnungsunternehmen handelt, zu dessen Aufgaben es gehört, Kirchenmitglieder mit Wohnraum zu versorgen (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, aaO., Rdn. 191).
l Nationalität
Die Frage ist unzulässig, weil sie nichts mit dem Mietverhältnis zu tun hat. Unzulässig ist auch die Frage, ob der Ehepartner Ausländer ist (AG Nürnberg WuM 1984, 295).
l Vorvermieter
Diese Frage wird von Vermietern gern gestellt, was auch verständlich ist. Dennoch wird eine derartige Frage von der Rechtsprechung ganz überwiegend als unzulässig angenommen (AG Rendsburg WuM 1990, 507; LG Braunschweig WuM 1984, 297; LG Berlin, Urteil vom 7. Juni 1993 - 62 S 85/93 - nicht veröffentlicht). Damit hängt auch die Unzulässigkeit der Frage zusammen, warum der Wohnungsbewerber seine frühere Wohnung verlassen hat. Die Fragen stehen in keiner objektiv vernünftigen Beziehung zu dem angestrebten neuen Mietverhältnis. Es kann vielerlei - auch in die Intimsphäre des Mieters hineinreichende - Gründe haben, warum der Wohnungswechsel geplant ist. Für den neuen Vermieter kann es nur auf die Bonität des Wohnungsbewerbers ankommen.
In dem der ZK 62 des Landgerichts Berlin in der genannten Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Mieter die Frage nach Name und Anschrift des Vorvermieters unrichtig beantwortet. Der Vermieter hatte versucht, den benannten Vorvermieter zu ermitteln, was ihm aufgrund der falschen Angaben zunächst nicht gelang. Später wurde ihm dieser jedoch bekannt. Dabei stellte sich heraus, daß der Mieter mit dem Vorvermieter Streitigkeiten hatte, die sich auf Minderungsrechte bezogen. Auch mit dem jetzigen Vermieter kam es zu gewissen Problemen wegen des Zustands der Wohnung. Aus diesem Beispiel könnte sich ein allgemeines Interesse eines Vermieters an der Nennung des Vorvermieters ergeben, um z. B. herauszubekommen, ob der Wohnungsbewerber möglicherweise ein Querulant ist. Die ZK 62 hat dennoch die Frage als unzulässig angesehen, nach hier vertretener Ansicht zu Recht (es soll nicht verschwiegen werden, daß der Verfasser zum damaligen Zeitpunkt Vorsitzender dieser Kammer war). Denn eine Auskunft des Vorvermieters besagt überhaupt nichts über den Charakter des Mieters, da Schwierigkeiten in dem Vormietverhältnis sowohl auf dem Verhalten des Vermieters oder auf beiderseitigem Verhalten beruhen können.
l Vorstrafen
Die Frage ist unzulässig (vgl. AG Rendsburg WuM 1990, 507; AG Hamburg WuM 1992, 598 im Hinblick auf ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren). Denn hier ist die Privatsphäre des Mieters unverhältnismäßig tangiert, selbst wenn auch ein Interesse des Vermieters, keinen Straftäter als Mieter zu bekommen, zu bejahen ist. Dieses muß jedoch zurücktreten; das strafrechtliche Verhalten eines Menschen, das nicht im Zusammenhang mit einem Mietverhältnis steht, ist ausschließlich im Verhältnis Staat - Bürger zu beurteilen.
l Offenlegung einer Entmündigung
Fragen zur Geschäftsfähigkeit des Wohnungsbewerbers sind unzulässig (vgl. BVerfG NJW 1999, 2411 f. zur Offenlegung einer Entmündigung). Eine derartige Frage ist eigentlich auch obsolet. Denn wird der Geschäftsunfähige bei Abschluß des Mietvertrages nicht durch einen Pfleger oder sonstigen gesetzlichen Vertreter vertreten, ist der Vertrag nicht wirksam.
l Mitgliedschaft in Vereinigungen wie Mieterverein oder politischer Partei
Die Frage ist unzulässig (vgl. Weichert, aaO., 724). Die Frage nach der Mitgliedschaft in einem Mieterverein mag für den Vermieter von Interesse sein, dieses muß jedoch im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Mieters zurücktreten.
2. Folgen unrichtiger Auskunft
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (vgl. NJW 1999, 3653) berechtigt lediglich die wahrheitswidrige Beantwortung einer in zulässiger Weise gestellten Frage zur Anfechtung des Arbeitsvertrags. Diese setzt - wie oben ausgeführt - ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung voraus. Fehlt es hieran, ist die wahrheitswidrige Beantwortung nicht rechtswidrig. (Nur) insofern ist die Überschrift in dem Artikel in der Tageszeitung „Lizenz zum Lügen” im Ergebnis richtig. Durfte nämlich der Vermieter eine bestimmte Frage nicht stellen und verweigert der Mieter daraufhin berechtigt eine Antwort, kann der Vermieter daraus sogleich die Schlußfolgerung ziehen, der Mieter wolle etwas verbergen. Es wird dann nicht zum Mietvertragsabschluß kommen. Dem Mieter bleibt also bei bestimmten unzulässigen Fragen gar nichts anderes übrig, als wahrheitswidrige Angaben zu machen, es sei denn, er läßt sich gleich auf einen Streit mit dem Vermieter ein, was zwangsläufig zur Ablehnung der Wohnungsbewerbung führt.
Die wahrheitswidrig beantwortete zulässige Frage berechtigt den Vermieter jedenfalls zur Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 1 BGB. Danach kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Falschauskunft muß daher wesentliche Bedeutung für den Fortbestand des Mietverhältnisses haben (vgl. Schmidt-Futterer/Blank aaO., Rdn. 191; LG Wuppertal WuM 1999, 39). Hatte der Mieter zu seinen Einkünften wahrheitswidrige Angaben gemacht und kommt er nunmehr in Zahlungsverzug, entsteht naturgemäß der weitere Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB. Wird die Miete ständig ordnungsgemäß beglichen, kommt die wahrheitswidrige Angabe dennoch heraus, kommt es darauf an, ob das Vertrauensverhältnis zwischen den Mietvertragsparteien derart gestört ist, daß die Fortsetzung des Mietverhältnisses dem Vermieter nicht zugemutet werden kann. Das ist am Einzelfall zu bewerten, wird jedoch im Zweifel kaum zu bejahen sein.
Im Ergebnis zur Zulässigkeit von Vermieterfragen stellt sich demnach heraus, daß letztlich nur Fragen zur Einkommenssituation des Mieters zulässig sind, wobei auch die Unterfrage, ob der Mietinteressent Sozialhilfe in Anspruch nimmt, dazugehört.
1. Zulässige „Selbstauskunft”
Im öffentlichen Recht im Verhältnis des Bürgers zum Staat sind Fragen zum persönlichen Umfeld des Bürgers wegen dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Sinne der Artikel 1 und 2 Grundgesetz enge Grenzen gesetzt und unterliegen zudem dem Datenschutz. Das Mietrecht unterliegt jedoch der Privatautonomie, so daß jeder frei entscheiden kann, ob und mit wem er einen Vertrag abschließen möchte. Dieser Grundsatz ist aber insofern eingeschränkt, als bestimmte Grundrechte einen verfassungsrechtlichen Einfluß auf das Privatrecht haben (sogenannte Drittwirkung der Grundrechte). Dazu gehört das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das nicht nur vor direkten staatlichen Eingriffen schützt, sondern als objektive Norm seinen Rechtsgehalt auch im Privatrecht entfaltet und in dieser Eigenschaft auf die Auslegung und Anwendung privatrechtlicher Vorschriften ausstrahlt (BVerfG NJW 1991, 2411). Die Fragen an einen potentiellen Mieter betreffen dessen Persönlichkeitssphäre. Sie sind daher im Lichte der Grundrechte zu beurteilen, und es ist je nach Einzelfrage zu entscheiden, ob die Frage in der besonderen Situation der Anbahnung des Mietverhältnisses berechtigt war. Der Grundrechtsbezug im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht besagt also nicht, daß derartige Fragebögen generell unzulässig sind (vgl. dazu näher Weichert WuM 1993, 723 ff.).
Die mietrechtliche Rechtsprechung und Literatur greift zur Beurteilung der Zulässigkeit bestimmter Fragen an den Mieter auf die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze für Fragen des Arbeitgebers an den Stellenbewerber zurück (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 543 Rdn. 191; Weichert, aaO., 724, jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen der Instanzgerichte). Nach BAG (NJW 1985, 645) wird dem Arbeitgeber ein Fragerecht nur insoweit zugestanden, als er ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage für das Arbeitsverhältnis hat. Dieses Interesse muß objektiv so stark sein, daß dahinter das Interesse des Arbeitnehmers am Schutz seines Persönlichkeitsrechtes und der Unverletzlichkeit seiner Individualsphäre zurücktreten muß. Auf das Mietrecht übertragen kommt es also darauf an, ob der Vermieter im Hinblick auf das zukünftige Mietverhältnis an der Frage ein so starkes Interesse hat, daß dahinter das Persönlichkeitsrecht des Mieters zurücktritt.
Für die einzelnen Fragen ist die Rechtsprechung der Amts- und Landgerichte sehr unterschiedlich, so daß lediglich Trends mitgeteilt werden können. Im Gegensatz zur arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung des BAG liegen Rechtsentscheide oder BGH-Entscheidungen in der Wohnraummiete nicht und nur vereinzelt Entscheidungen von Oberlandesgerichten im Rahmen der Geschäftsraummiete vor. Im Hinblick auf datenschutzrechtliche Aspekte und eine recht starke Betonung des Grundrechtsschutzes sind allerdings Vermieter gut beraten, bei jeder beabsichtigten Frage genau zu überlegen, ob sie sie denn wirklich stellen sollten.
Im einzelnen:
l Einkommenssituation
Eine solche Frage wird ganz allgemein als zulässig erachtet (AG Bonn WuM 1992, 597; AG Hagen WuM 1984, 296; AG Miesbach WuM 1987, 379; a. A. Lau in WuM 1978, 61, 62).
l Arbeitgeber des Mieters
Diese Frage umfaßt zwangsläufig auch die Frage, ob der Wohnungsbewerber überhaupt einen Arbeitsplatz hat mit der weiteren Einzelheit, ob er Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe erhält. Aus der Angabe über das Einkommen ist dazu nichts zu entnehmen, da dort nur Geldbeträge stehen.
Die Berechtigung einer derartigen Frage ist sehr umstritten: dafür AG Bonn aaO.; LG Köln WuM 1984, 297; AG Gelsenkirchen WuM 1984, 299. Dagegen AG Stuttgart-Bad Cannstatt WuM 1986, 311; AG Rendsburg WuM 1990, 507; AG Kaiserslautern WuM 1987, 378).
Nach hier vertretener Auffassung braucht der Wohnungsbewerber seinen Arbeitgeber nicht anzugeben, denn er riskiert dabei, daß der Vermieter sich bei diesem nicht nur nach der finanziellen Seite erkundigt, sondern auch gleich andere Dinge erfahren möchte, die in keinem Zusammenhang mit dem künftigen Mietverhältnis stehen, sondern ausschließlich der Privatsphäre zuzuordnen sind. Eine ganz andere Frage ist es, ob der Wohnungsbewerber bei der Darlegung seiner Einkommensverhältnisse angeben muß, daß er die Miete nur mit Hilfe des Sozialamts aufbringen kann (vgl. AG Frankfurt WuM 1989, 620). Das ist zu bejahen. Der Vermieter muß sich nicht darauf verweisen lassen, daß die Miete vom Sozialamt auch sicher ist. Denn Mietzahlungen durch das Sozialamt bringen zusätzlichen Aufwand und auch insofern teilweise Unsicherheit, als der Mieter den Kontakt zum Sozialamt halten muß und dieses auch pünktlich die Miete zahlt.
l Beruf
Die Frage wurde bisher überwiegend als zulässig angesehen. Sie steht jedoch im Zusammenhang mit der Frage nach dem Arbeitgeber, denn der Beruf als solcher besagt nichts im Hinblick auf das Einkommen, höchstens etwas zum sozialen Stand, der jedoch für ein Mietverhältnis vielleicht interessant, aber nicht von wesentlicher Wichtigkeit sein dürfte. Die Zulässigkeit der Frage ist daher zu verneinen.
l Familienstand
Teilweise wurde die Zulässigkeit einer derartigen Frage bejaht (AG Landau/Pfalz WuM 1986, 133; a. A. auch insofern Lau, aaO., 62). Im Rahmen der zur Zeit wahrzunehmenden Entwicklung und rechtlichen Einordnung von Beziehungen neben der Ehe wie Partnerschaften, Lebensgemeinschaften etc. ist diese Frage jetzt wohl nicht mehr zulässig, da sie lediglich den Intimbereich des Mieters berührt und es dem Vermieter nicht - wie früher einmal - wegen gesellschaftlicher Befindlichkeiten darauf ankommen kann, nur verheiratete Paare in die Wohnung aufzunehmen.
l Zahl einziehender Angehöriger
Diese Frage ist berechtigt, da dadurch die zulässige Belegung und damit möglicherweise Überbelegung der Wohnung beurteilt werden kann (vgl. dazu auch Weichert, aaO., 725).
l Religionszugehörigkeit
Die Frage ist unzulässig, da das Mietverhältnis davon nicht berührt ist. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es sich um ein kirchliches Wohnungsunternehmen handelt, zu dessen Aufgaben es gehört, Kirchenmitglieder mit Wohnraum zu versorgen (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, aaO., Rdn. 191).
l Nationalität
Die Frage ist unzulässig, weil sie nichts mit dem Mietverhältnis zu tun hat. Unzulässig ist auch die Frage, ob der Ehepartner Ausländer ist (AG Nürnberg WuM 1984, 295).
l Vorvermieter
Diese Frage wird von Vermietern gern gestellt, was auch verständlich ist. Dennoch wird eine derartige Frage von der Rechtsprechung ganz überwiegend als unzulässig angenommen (AG Rendsburg WuM 1990, 507; LG Braunschweig WuM 1984, 297; LG Berlin, Urteil vom 7. Juni 1993 - 62 S 85/93 - nicht veröffentlicht). Damit hängt auch die Unzulässigkeit der Frage zusammen, warum der Wohnungsbewerber seine frühere Wohnung verlassen hat. Die Fragen stehen in keiner objektiv vernünftigen Beziehung zu dem angestrebten neuen Mietverhältnis. Es kann vielerlei - auch in die Intimsphäre des Mieters hineinreichende - Gründe haben, warum der Wohnungswechsel geplant ist. Für den neuen Vermieter kann es nur auf die Bonität des Wohnungsbewerbers ankommen.
In dem der ZK 62 des Landgerichts Berlin in der genannten Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Mieter die Frage nach Name und Anschrift des Vorvermieters unrichtig beantwortet. Der Vermieter hatte versucht, den benannten Vorvermieter zu ermitteln, was ihm aufgrund der falschen Angaben zunächst nicht gelang. Später wurde ihm dieser jedoch bekannt. Dabei stellte sich heraus, daß der Mieter mit dem Vorvermieter Streitigkeiten hatte, die sich auf Minderungsrechte bezogen. Auch mit dem jetzigen Vermieter kam es zu gewissen Problemen wegen des Zustands der Wohnung. Aus diesem Beispiel könnte sich ein allgemeines Interesse eines Vermieters an der Nennung des Vorvermieters ergeben, um z. B. herauszubekommen, ob der Wohnungsbewerber möglicherweise ein Querulant ist. Die ZK 62 hat dennoch die Frage als unzulässig angesehen, nach hier vertretener Ansicht zu Recht (es soll nicht verschwiegen werden, daß der Verfasser zum damaligen Zeitpunkt Vorsitzender dieser Kammer war). Denn eine Auskunft des Vorvermieters besagt überhaupt nichts über den Charakter des Mieters, da Schwierigkeiten in dem Vormietverhältnis sowohl auf dem Verhalten des Vermieters oder auf beiderseitigem Verhalten beruhen können.
l Vorstrafen
Die Frage ist unzulässig (vgl. AG Rendsburg WuM 1990, 507; AG Hamburg WuM 1992, 598 im Hinblick auf ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren). Denn hier ist die Privatsphäre des Mieters unverhältnismäßig tangiert, selbst wenn auch ein Interesse des Vermieters, keinen Straftäter als Mieter zu bekommen, zu bejahen ist. Dieses muß jedoch zurücktreten; das strafrechtliche Verhalten eines Menschen, das nicht im Zusammenhang mit einem Mietverhältnis steht, ist ausschließlich im Verhältnis Staat - Bürger zu beurteilen.
l Offenlegung einer Entmündigung
Fragen zur Geschäftsfähigkeit des Wohnungsbewerbers sind unzulässig (vgl. BVerfG NJW 1999, 2411 f. zur Offenlegung einer Entmündigung). Eine derartige Frage ist eigentlich auch obsolet. Denn wird der Geschäftsunfähige bei Abschluß des Mietvertrages nicht durch einen Pfleger oder sonstigen gesetzlichen Vertreter vertreten, ist der Vertrag nicht wirksam.
l Mitgliedschaft in Vereinigungen wie Mieterverein oder politischer Partei
Die Frage ist unzulässig (vgl. Weichert, aaO., 724). Die Frage nach der Mitgliedschaft in einem Mieterverein mag für den Vermieter von Interesse sein, dieses muß jedoch im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Mieters zurücktreten.
2. Folgen unrichtiger Auskunft
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (vgl. NJW 1999, 3653) berechtigt lediglich die wahrheitswidrige Beantwortung einer in zulässiger Weise gestellten Frage zur Anfechtung des Arbeitsvertrags. Diese setzt - wie oben ausgeführt - ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung voraus. Fehlt es hieran, ist die wahrheitswidrige Beantwortung nicht rechtswidrig. (Nur) insofern ist die Überschrift in dem Artikel in der Tageszeitung „Lizenz zum Lügen” im Ergebnis richtig. Durfte nämlich der Vermieter eine bestimmte Frage nicht stellen und verweigert der Mieter daraufhin berechtigt eine Antwort, kann der Vermieter daraus sogleich die Schlußfolgerung ziehen, der Mieter wolle etwas verbergen. Es wird dann nicht zum Mietvertragsabschluß kommen. Dem Mieter bleibt also bei bestimmten unzulässigen Fragen gar nichts anderes übrig, als wahrheitswidrige Angaben zu machen, es sei denn, er läßt sich gleich auf einen Streit mit dem Vermieter ein, was zwangsläufig zur Ablehnung der Wohnungsbewerbung führt.
Die wahrheitswidrig beantwortete zulässige Frage berechtigt den Vermieter jedenfalls zur Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 1 BGB. Danach kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Falschauskunft muß daher wesentliche Bedeutung für den Fortbestand des Mietverhältnisses haben (vgl. Schmidt-Futterer/Blank aaO., Rdn. 191; LG Wuppertal WuM 1999, 39). Hatte der Mieter zu seinen Einkünften wahrheitswidrige Angaben gemacht und kommt er nunmehr in Zahlungsverzug, entsteht naturgemäß der weitere Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB. Wird die Miete ständig ordnungsgemäß beglichen, kommt die wahrheitswidrige Angabe dennoch heraus, kommt es darauf an, ob das Vertrauensverhältnis zwischen den Mietvertragsparteien derart gestört ist, daß die Fortsetzung des Mietverhältnisses dem Vermieter nicht zugemutet werden kann. Das ist am Einzelfall zu bewerten, wird jedoch im Zweifel kaum zu bejahen sein.
Im Ergebnis zur Zulässigkeit von Vermieterfragen stellt sich demnach heraus, daß letztlich nur Fragen zur Einkommenssituation des Mieters zulässig sind, wobei auch die Unterfrage, ob der Mietinteressent Sozialhilfe in Anspruch nimmt, dazugehört.
Autor: RA Klaus Schach, VRiLG a. D.