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Bundesregierung stimmt Bundesratsentwurf zu
Verwertungskündigung bald auch in den neuen Bundesländern zulässig?
02.09.2003 (GE 17/03, Seite 1112) Die Kündigung von Wohnraum zum Zweck der Verwertung (sog. Verwertungskündigung) ist in den neuen Bundesländern (und Ost-Berlin) für vor dem 3.Oktober 1990 abgeschlossene Mietverträge nicht zulässig. Das soll sich ändern.
Wie berichtet hatte der Bundesrat am 11. Juli beim Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf eingebracht, wonach der Ausschluß der sogenannten Verwertungskündigung für Alt-Mietverträge aufgehoben werden sollte (Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Artikels 232 § 2 Abs. 2 EGBGB). Die Verhältnisse am Wohnungsmarkt hätten sich inzwischen grundlegend geändert, begründete der Bundesrat seinen Vorstoß. Inzwischen sei Wohnungsleerstand zu verzeichnen, ausreichend preiswerter Wohnraum stehe zur Verfügung. Der Kündigungsausschluß sei daher für Vermieter unzumutbar. Er verhindere sogar die wirtschaftliche Verwertung weitestgehend leerstehender Gebäude.

Der Gesetzentwurf wurde der Bundesregierung zugeleitet, die ihn innerhalb von sechs Wochen an den Deutschen Bundestag weiterleiten muß. Dabei soll sie ihre Auffassung darlegen. Das hat die Bundesregierung jetzt getan. Mit ihrer Stellungnahme folgte die Bundesregierung dem einstimmigen Votum des Bundesrates. Der Gesetzentwurf der Länder wird nun zusammen mit der positiven Stellungnahme der Bundesregierung Grundlage eines regulären Gesetzgebungsverfahrens im Deutschen Bundestag.

Lutz Freitag, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen, hat die Haltung der Bundesregierung zur Aufhebung des Verbots der Verwertungskündigung als „Fortschritt in der Sache“ bezeichnet. Das im Einigungsvertrag enthaltene Verbot einer Verwertungskündigung für Alt-Mietverhältnisse stelle eine Ungleichbehandlung im Mietrecht zwischen Ost und West dar, obwohl nicht zuletzt wegen des Überangebots von Wohnungen ein noch stärkerer Mieterschutz in Ostdeutschland nicht mehr erforderlich sei.
Die finanziellen Belastungen seien sehr groß, die den ostdeutschen Wohnungsunternehmen durch Mieter erwachsen, die den Leerzug der zum Abriß bestimmten Wohngebäuden erschweren und durch völlig überhöhte Abstandsforderungen Profit aus der Zwangslage der Unternehmen ziehen wollten. Die mittlerweile vorliegenden und z. T. divergierenden Gerichtsurteile seien erst nach sehr langwierigen Auseinandersetzungen zwischen Mietern und Wohnungsunternehmen ergangen. Damit gehe wertvolle Zeit verloren, die dringend für den Stadtumbau gebraucht werde, begründete Freitag die Notwendigkeit, die gesetzliche Grundlage für die Verwertungskündigung nicht länger für Ostdeutschland einzuschränken.

Wir hatten kürzlich eine ganze Reihe von amtsgerichtlichen Entscheidungen aus den neuen Bundesländern veröffentlicht, die bei geplantem Abriß eine Kündigung „aus berechtigtem Interesse“ für möglich hielten - eine wacklige Konstruktion. Ein Fall, den das LG Jena ebenso entschieden hatte, liegt zur Zeit beim Bundesgerichtshof zur Revision. Ob diese angenommen wird, ist bisher vom BGH nicht entschieden worden.