Archiv / Suche
Nicht jede Einwirkung der Umwelt ist ein Mietmangel
Lebensrisiko trägt der Mieter
18.08.2003 (GE 16/03, Seite 1062) Es stellt sich zunehmend die Frage, ob Einwirkungen der Umwelt auf die gemieteten Wohn- oder Gewerberäume Gewährleistungsrechte des Mieters auslösen. Dies trifft nur zu, wenn der vom Vermieter nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB geschuldete „vertragsgemäße“ Zustand der Mietsache nicht gegeben ist.
Die Eignung zum vertragsgemäßen Gebrauch stellt zwar das zentrale Kriterium des Mietrechts dar. Da nähere Angaben im Gesetz fehlen, bedarf es jedoch einer Konkretisierung. Wenn § 535 Abs. 1 S. 2 BGB von dem Gebrauch ausgeht, der dem Vertrag gemäß ist, so folgt daraus, daß es sich nicht um ein objektives Kriterium handelt. Maßgebend sind in erster Linie die von den Mietparteien getroffenen Vereinbarungen, der Grundsatz von Treu und Glauben, die Verkehrssitte und die gesamten Umstände des Einzelfalls. Wer Wohnräume in einer verkehrsreichen Innenstadt mietet, muß Verkehrslärm hinnehmen.
Maßgebender Zeitpunkt
Welcher Standard - z. B. Schallisolierung - für den vertragsgemäßen Gebrauch in Betracht kommt, beurteilt sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Daraus ergibt sich, daß nicht jede nachträglich mögliche Verbesserung der Ausstattung eines Gebäudes zum Nachteil des Vermieters zu einer Veränderung des von ihm zu gewährleistenden vertragsgemäßen Gebrauchs führt. Dies hätte eine uferlose Ausdehnung des Mangelbegriffs zur Folge. Der Vermieter wäre dann verpflichtet, sein Mietobjekt ständig auf dem neuesten technischen Stand zu halten (OLG Düsseldorf NZM 2002, 737 f.).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn höhere wissenschaftliche Standards nachträglich zu einer Verschärfung wissenschaftlicher Grenzwerte zum Schutze des Mieters vor gesundheitlichen Gefahren führen (OLG Düsseldorf a. a. O. unter Hinweis auf BVerfG ZMR 1998, 687 bei gestiegenen Richtwerten der Pentachlorphenol-Konzentration; in diesem Sinne ferner BayObLG DWW 1999, 50). Dagegen ist die Überschreitung sonstiger öffentlich-rechtlicher Normen nicht von Bedeutung (LG Berlin GE 2003, 392).
Umweltmängel und Lebensrisiko
Die Abgrenzung von Umweltmängeln gegenüber dem den Mieter allgemein treffenden Lebensrisiko bereitet erhebliche Schwierigkeiten und ist umstritten. Keine Lösung bringt die Übertragung der in § 906 BGB geregelten Duldungspflicht des Eigentümers bei Immissionen gegenüber dem Eigentümer eines benachbarten Grundstücks. So hat das BayObLG mit Rechtsentscheid vom 4. Februar 1987 (NJW 1987, 1950) entschieden, daß wegen der unterschiedlichen Verhältnisse zwischen Eigentümer und Nachbar einerseits sowie zwischen Eigentümer und Mieter andererseits dem Mieter bei Baulärm vom Nachbargrundstück selbst dann ein Mietminderungsrecht zusteht, wenn der Eigentümer nach § 906 BGB zur Duldung verpflichtet ist.
Ausgangskriterium für eine Abgrenzung ist, daß es sich um eine unmittelbare Einwirkung auf die Mietsache handeln muß. Umstände, die die Gebrauchstauglichkeit nur mittelbar berühren, scheiden als relevante Umweltmängel aus. So hat das OLG Dresden (NJW-RR 2001, 727) entschieden, daß kein Mangel vorliegt, wenn vom Vermieter in einem Einkaufszentrum Umbauarbeiten vorgenommen werden, die zu einer Änderung der Kundenströme führen. Insgesamt ist festzustellen, daß die gerichtlichen Entscheidungen durch eine umfangreiche Kasuistik gekennzeichnet sind. Die Einzelfälle weichen in ihren Aussagen voneinander ab.
Beispiele von Umweltmängeln
Als Umweltmängel sind im einzelnen anerkannt: Immissionen durch Lärm, Gebäudeerschütterungen, Beeinträchtigung der Lichtverhältnisse durch Nachbarbebauung (OLG Hamm ZMR 1983, 273 bei einer Anwaltskanzlei) oder durch Leuchtreklame, überhöhte Temperaturen aufgrund von Sonneneinstrahlung (OLG Köln NJW-RR 1993, 466 bei Büroraum), Belästigung durch Taubendreck (Herrlein/Kandelhard/Kandelhard, Mietrecht, 2001, § 536 Rdn. 13, S. 101) und Prostitution im Hause (AG Köln WuM 2003, 145).
Ein Mangel der Wohnung kann ferner vorliegen, wenn beim sog. Elektrosmog die Grenzwerte der 26. BImSchVO - ElektrosmogVO - überschritten werden (vgl. die differenzierte Rechtslage im einzelnen bei Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 8. Aufl. 2003, § 536 Rdn. 73 ff., S. 276 ff.; s. ferner Kniep/Hohmuth, Einfluß von Mobilsendeanlagen auf Miete und Kauf von Immobilien, WuM 2003, 312).
Nicht endgültig geklärt ist, ob das Entstehen einer Drogenszene in der Nachbarschaft einen Mangel darstellt (bejahend OLG Hamburg NZM 2003, 358 m. w. N.). Dasselbe gilt für sogenannte Graffiti-Schmierereien (AG Leipzig NZM 2001, 102 im Grundsatz ablehnend, offenlassend bei einer Immobilie; bejahend Herrlein/Kandelhard/Kandelhard a. a. O. § 536 Rdn. 13, S. 101).
Nach Ansicht des KG (NJW-RR 1998, 944; abweichend OLG Naumburg NJW-RR 1998, 944) soll die Mietsache nicht mangelhaft sein, wenn großflächige Ladenfenster keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen gegen Einbruch aufweisen.
Maßgebender Zeitpunkt
Welcher Standard - z. B. Schallisolierung - für den vertragsgemäßen Gebrauch in Betracht kommt, beurteilt sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Daraus ergibt sich, daß nicht jede nachträglich mögliche Verbesserung der Ausstattung eines Gebäudes zum Nachteil des Vermieters zu einer Veränderung des von ihm zu gewährleistenden vertragsgemäßen Gebrauchs führt. Dies hätte eine uferlose Ausdehnung des Mangelbegriffs zur Folge. Der Vermieter wäre dann verpflichtet, sein Mietobjekt ständig auf dem neuesten technischen Stand zu halten (OLG Düsseldorf NZM 2002, 737 f.).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn höhere wissenschaftliche Standards nachträglich zu einer Verschärfung wissenschaftlicher Grenzwerte zum Schutze des Mieters vor gesundheitlichen Gefahren führen (OLG Düsseldorf a. a. O. unter Hinweis auf BVerfG ZMR 1998, 687 bei gestiegenen Richtwerten der Pentachlorphenol-Konzentration; in diesem Sinne ferner BayObLG DWW 1999, 50). Dagegen ist die Überschreitung sonstiger öffentlich-rechtlicher Normen nicht von Bedeutung (LG Berlin GE 2003, 392).
Umweltmängel und Lebensrisiko
Die Abgrenzung von Umweltmängeln gegenüber dem den Mieter allgemein treffenden Lebensrisiko bereitet erhebliche Schwierigkeiten und ist umstritten. Keine Lösung bringt die Übertragung der in § 906 BGB geregelten Duldungspflicht des Eigentümers bei Immissionen gegenüber dem Eigentümer eines benachbarten Grundstücks. So hat das BayObLG mit Rechtsentscheid vom 4. Februar 1987 (NJW 1987, 1950) entschieden, daß wegen der unterschiedlichen Verhältnisse zwischen Eigentümer und Nachbar einerseits sowie zwischen Eigentümer und Mieter andererseits dem Mieter bei Baulärm vom Nachbargrundstück selbst dann ein Mietminderungsrecht zusteht, wenn der Eigentümer nach § 906 BGB zur Duldung verpflichtet ist.
Ausgangskriterium für eine Abgrenzung ist, daß es sich um eine unmittelbare Einwirkung auf die Mietsache handeln muß. Umstände, die die Gebrauchstauglichkeit nur mittelbar berühren, scheiden als relevante Umweltmängel aus. So hat das OLG Dresden (NJW-RR 2001, 727) entschieden, daß kein Mangel vorliegt, wenn vom Vermieter in einem Einkaufszentrum Umbauarbeiten vorgenommen werden, die zu einer Änderung der Kundenströme führen. Insgesamt ist festzustellen, daß die gerichtlichen Entscheidungen durch eine umfangreiche Kasuistik gekennzeichnet sind. Die Einzelfälle weichen in ihren Aussagen voneinander ab.
Beispiele von Umweltmängeln
Als Umweltmängel sind im einzelnen anerkannt: Immissionen durch Lärm, Gebäudeerschütterungen, Beeinträchtigung der Lichtverhältnisse durch Nachbarbebauung (OLG Hamm ZMR 1983, 273 bei einer Anwaltskanzlei) oder durch Leuchtreklame, überhöhte Temperaturen aufgrund von Sonneneinstrahlung (OLG Köln NJW-RR 1993, 466 bei Büroraum), Belästigung durch Taubendreck (Herrlein/Kandelhard/Kandelhard, Mietrecht, 2001, § 536 Rdn. 13, S. 101) und Prostitution im Hause (AG Köln WuM 2003, 145).
Ein Mangel der Wohnung kann ferner vorliegen, wenn beim sog. Elektrosmog die Grenzwerte der 26. BImSchVO - ElektrosmogVO - überschritten werden (vgl. die differenzierte Rechtslage im einzelnen bei Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 8. Aufl. 2003, § 536 Rdn. 73 ff., S. 276 ff.; s. ferner Kniep/Hohmuth, Einfluß von Mobilsendeanlagen auf Miete und Kauf von Immobilien, WuM 2003, 312).
Nicht endgültig geklärt ist, ob das Entstehen einer Drogenszene in der Nachbarschaft einen Mangel darstellt (bejahend OLG Hamburg NZM 2003, 358 m. w. N.). Dasselbe gilt für sogenannte Graffiti-Schmierereien (AG Leipzig NZM 2001, 102 im Grundsatz ablehnend, offenlassend bei einer Immobilie; bejahend Herrlein/Kandelhard/Kandelhard a. a. O. § 536 Rdn. 13, S. 101).
Nach Ansicht des KG (NJW-RR 1998, 944; abweichend OLG Naumburg NJW-RR 1998, 944) soll die Mietsache nicht mangelhaft sein, wenn großflächige Ladenfenster keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen gegen Einbruch aufweisen.
Autor: Dr. Hans-Herbert Gather