Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Lottobeirat
18.08.2003 (GE 16/03, Seite 1044) Warum ist der Sitz im Berliner Lottobeirat bei Politikern (denen er übrigens ausschließlich vorbehalten ist) so beliebt? Nun, die Antwort ist einfach: Nirgendwo sonst kann man die Rudimente lehnsherrlichen Gehabes, die in jedem Politiker stecken, so ausleben wie dort.
Die sechs Mitglieder dieses Gremiums dürfen, ohne daß sie öffentlich Rechenschaft ablegen müssen, jedes Jahr viele, viele Millionen verteilen - rund 85 Millionen Euro allein in diesem Jahr. Und das Verteilen funktioniert noch fast wie im Mittelalter: Alle (fast alle, die Grünen und die FDP nämlich nicht) Parteien können die Lottoüberschüsse an Sportvereine, Schulen, Kulturprojekte und soziale Einrichtungen verteilen und so die eigene Gefolgschaft belohnen. Zu denen, die über das Lotto-Füllhorn verfügten, gehörte bis vor kurzem auch der frühere Fraktionsvorsitzende der CDU, Dr. Frank Steffel. Bei seinem Rücktritt hatte er trotz der Kritik aus den eigenen Reihen den Sitz im Lotto-Beirat behalten, „obwohl“, wie die Berliner Morgenpost hämte, „die Mitgliedschaft in dem exklusiven Gremium ranghohen Politikern vorbehalten ist“. Jetzt stellte Steffel den Sitz zur Verfügung. Wer künftig Steffels Platz neben Klaus Wowereit, der Justizsenatorin Karin Schubert (SPD), Kultursenator Thomas Flierl (PDS), SPD-Fraktionschef Michael Müller (SPD) und der stellvertretenden PDS-Fraktionsvorsitzenden Carola Freundl einnimmt, muß das Abgeordnetenhaus entscheiden. Die besten Chancen dürfte der neue CDU-Fraktionsvorsitzende Nicolas Zimmer haben. Darauf mögen die bildenden Künste hoffen, hatte sich Zimmer doch kürzlich als dilettierender Maler und dem abstrakten Expressionismus verfallen geoutet. Vor zwei Jahren bei der Einrichtung seiner neuen Anwaltskanzlei in einer großen Altbauwohnung vor die Wahl „Poster oder Bilder“ gestellt, entschied sich Zimmer für Bilder. Und zwar für eigene. Dachte es, kaufte sich eine Staffelei und Farbe und ließ es abstrakt-expressionistisch angehen. Dreißig Bilder hat er inzwischen schon gemalt und noch keines verkauft - dieses Schicksal teilt er zumindest schon mal mit Vincent van Gogh. Bleibt für seine Fraktion die Hoffnung, daß sich Zimmers politische Ansätze nicht mit seinen malerischen decken. Beim abstrakten Expressionismus nämlich ist der Ansatzpunkt des Malprozesses „ein psychischer Automatismus, der ein konzeptionsloses Bild hervorrufen soll“ (Kindlers Malereilexikon, Bd.13 Seite 25). Diese Art von Politik macht freilich schon der rot-rote Senat.