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Das stille Sterben der mittelständischen Unternehmen
04.08.2003 (GE 15/03, Seite 977) Er hat es sogar zu einer Einladung bei Sabine Christiansen geschafft, was in unserer wertearmen Gesellschaft unter Politikern und Verbandsfunktionären gemeinhin als Ritterschlag gilt. Seine Firma, ein alteingesessenes Bauunternehmen, das sein Großvater einst gegründet hatte, konnte der CDU-Bundestagsabgeordnete und bekennende Mittelständler nicht mehr retten. In die Insolvenz geht ein Peter Rauen nicht, aber zum 31. August legt er den Betrieb der Bau GmbH Peter Rauen still. Was Rauen, der auch Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung seiner Partei ist, zum Niedergang seiner Firma schreibt, ist ein lesenswertes Zeitdokument:
„Allen 71 Mitarbeitern wurde gemäß ihrer individuellen Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt. Die noch bestehenden Aufträge werden bis zum 31. August 2003 ordnungsgemäß abgewickelt. Alle Verpflichtungen gegenüber Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten, Subunternehmern, Sozialkassen und Banken werden in der von der Firma gewohnten Weise erfüllt. Eine schwere Entscheidung. Aber die Perspektivlosigkeit im Baugewerbe ließ aus Sicht der Verantwortlichen keine andere Alternative zu. Doch lieber wickeln wir jetzt in Ruhe und Ehren alles ordnungsgemäß ab, statt über etwaige Kredite in die Abhängigkeit von Banken zu geraten und damit endgültig die unternehmerische Freiheit zu verlieren.

Oft wurde ich als Mittelstandsvertreter im Deutschen Bundestag von den Vertretern der SPD hämisch belacht, als ich darauf hinwies, daß die Unternehmer des Mittelstands kräftig von ihrer Substanz zehren. Dieses Lachen sollte den Genossen jetzt im Halse steckenbleiben. Seit Jahren habe ich zugebuttert, bin an die Rücklagen gegangen, und zwar in Millionenhöhe. Dies alles für unser Unternehmen, meine Mitarbeiter und in der Hoffnung, daß sich das Blatt wendet und die Lage sich bessert. Doch selbst gesunde und starke Unternehmen befinden sich im Würgegriff der rot-grünen Regierung. Darunter krankt die Baubranche wie keine zweite. Am Ende des Tunnels schimmert noch längst kein Licht. Ganz im Gegenteil, es wird noch schlimmer. Die Kostenspirale dreht sich immer weiter und macht unternehmerisches Wirtschaften immer weniger möglich. Allein die steigenden Sozialversicherungsbeiträge führen zu der absurden Situation, daß den Arbeitnehmern netto weniger bleibt, die Unternehmer aber viel höhere Kosten schultern müssen. Ich fürchte, daß meiner Entscheidung noch viele werden folgen müssen. Zwar waren die Reaktionen von Kollegen aus dem Unternehmerkreis positiv. Erschütternd war ihr Zuspruch aber zugleich. Vielen kamen die Worte ‚Endlich jemand, der den Mut hat, diesen Irrsinn zu beenden‘ oder ‚Hätte ich deinen Schritt nur auch schon hinter mir‘ über die Lippen.

Das Unternehmen meines Großvaters habe ich 37 Jahre als Geschäftsführer und persönlich haftender Unternehmer in der dritten Generation geführt. Im Sommer 2000 feierten wir unser hundertjähriges Jubiläum. Jetzt habe ich mich als Unternehmer verabschiedet. Der Mittelstand in Deutschland blutet aus. Und mit jeder Betriebsaufgabe oder Insolvenz geht unternehmerisches Humankapital unwiederbringlich verloren.
Die Steuer- und Abgabenlast treibt den deutschen Mittelstand an den Rand des Ruins. Das Arbeitsrecht ist vielmehr ein Arbeitsplatzvernichtungsrecht. Das Vertrauen der Wirtschaft und der Menschen gleichermaßen in die rot-grüne Politik ist verspielt. Verunsicherung ist die Folge. Das stille Sterben jenseits von Holzmann und Co. geht weiter.“