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Steuerlicher Abzug von größeren Instandhaltungen und Modernisierungen
28.07.2003 (GE 14/03, Seite 934) Über die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Abgrenzung zwischen Herstellung und Erhaltung (Urteile zum anschaffungsnahen Aufwand vom 12. September 2001, Az. IX R 52/00 und IX R 39/97) wurde ausführlich berichtet. Diese gefestigte und weitgehend höchstrichterlich einheitliche Rechtsprechung wird m. E. mittelfristig Bestand haben, auch wenn sie in Teilen nicht überzeugt.
Der BFH nannte die zeitliche Nähe zur Anschaffung und die Höhe der Ausgaben ausdrücklich unmaßgeblich für die Beurteilung, ob Aufwand steuerlich sofort absetzbar wäre. Vielmehr sei in konsequenter Auslegung des § 255 HGB zu prüfen, ob Baumaßnahmen zu einer wesentlichen Verbesserung des Gebrauchswertes und des Nutzungspotentials gegenüber dem ursprünglichen Zustand führen. Zu Herstellungsaufwand führen neben Erweiterungen die Arbeiten, die zu Verbesserungen des Standards mit einem Sprung in eine höhere Stufe führen. Die Maßnahmen an Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallation sowie Fenstereinbauten sind durch die neue Rechtsprechung in markanter Weise als „die steuerschädlichen Vier“ infiziert. Sie gelten als maßgeblich für die Wesentlichkeit der Verbesserung und der Erhöhung des Standards. Wenn in drei von diesen vier Bereichen im zeitlichen Zusammenhang mehrerer Jahre gewichtige Verbesserungen anfallen, kann laut BFH eine wesentliche Verbesserung und damit Herstellungsaufwand vorliegen. Nach Auffassung von maßgeblichen Teilen der Verwaltung sollten Maßnahmen am Fußboden hinzukommen, so daß wir vielleicht fünf belastete Bereiche bekommen. Es war auch von einer in Kürze zu erwartenden neuen Verwaltungsanweisung im Sinne der Rechtsprechung die Rede. Dann müssen wir für die Zukunft die bisherigen Verwaltungsauffassungen (insbesondere Abschn. 157 EStR) vergessen. Ich bin der Ansicht, daß die negativen Auswirkungen über den anschaffungsnahen Bereich hinaus nicht für die Vergangenheit gelten können, weil der Steuerpflichtige auf die Gültigkeit der veröffentlichten Verwaltungsansichten vertrauen durfte.
Die folgende Tabelle gilt gleichermaßen für den anschaffungsnahen Zeitraum und für den Altbesitz. Soweit Aufwendungen unmittelbar nach Kauf eines Grundstücks zur Herstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes anfallen, gelten sie als Anschaffungskosten. Dieser Beitrag soll auch zukünftige Planungs- und Argumentationshilfe sein. Die Tabelle ist im Rahmen der Bearbeitung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entstanden, wird aber auch darüber hinaus grundsätzlich gelten. Soweit von Erwerb die Rede ist, ist entgeltlicher Erwerb gemeint.

Kategorien für nachstehende Tabelle (Die Buchstaben gelten nur für diese Tabelle und sind nicht allgemein gebräuchlich)
E Erhaltungsaufwand (als Werbungskosten sofort abzugsfähig)
Wesentlichkeit mit Standarderhöhung kaum zu vermuten
Ausnahmen: in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Herstellung anfallend, bei Erwerb notwendig für betriebsbereiten Zustand, bautechnisches Ineinandergreifen mit Herstellung, im Rahmen Totalsanierung (Kosten mehr als die Hälfte des Gebäudewertes) u. a.
H Herstellungsaufwand (über die Abschreibung i. d. R. auf 40 bis 50 Jahre zu verteilen)
kleine Maßnahmen bis 2.100 e bleiben Erhaltungsaufwand (bisherige Verwaltungsauffassung)
B „Belasteter” Erhaltungsaufwand: eigentlich Erhaltungsaufwand, durch die neue Rechtsprechung belastet und als Herstellungsaufwand einzuordnen, wenn die Maßnahme wesentlich ist
(siehe oben „Drei-von-Vier-Vermutung“ der neuen Rechtsprechung)
W Werbungskosten, immer sofort abzugsfähig
Die Wirklichkeit ist nicht immer so einfach wie eine Tabelle. Es gibt immer Grenzfälle und fließende Übergänge. Auch gibt es Möglichkeiten, um die Vermutung der Herstellungskosten zu vermeiden, wenn vor der Maßnahme die richtigen Überlegungen angestellt werden. Dabei ist die Dokumentation des vorherigen Zustands genauso wichtig wie die systematische Trennung von Erweiterung und Instandsetzung in mehrfacher Hinsicht.
Trotz gewisser Kritik an der Rechtsprechung habe ich mich um konsequente Auslegung der Rechtsprechung bemüht, und auch bekannte Verwaltungsauffassungen, soweit es sie schon gibt, einfließen lassen. Abweichende Meinungen der Verwaltung sind insbesondere dort denkbar, wo ich mit dem Zusatz „m. E.“ meine Ansicht äußerte. Diese Ansichten sehe ich aber nicht im Widerspruch zur neuen Rechtsprechung.
(Tabelle siehe GE 14/03, Seite 935)
Autor: Dipl.-Kaufmann Rainer Janssen, Steuerberater, Berlin