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Neuer Anlauf zum Berliner Liegenschaftsfonds
Nicht mehr zur Schuldentilgung "jetzt zum Verbraten"
19.10.2000 (GE 6/2000, 381) Der sogenannte Berliner Liegenschaftsfonds droht langsam zur Lachnummer zu verkommen.
Erinnern wir uns: In den Anfangszeiten der damaligen Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing durfte ein Berliner Entwicklungsträger mit Hilfe einer bunten ABM-Truppe und einer veralteten Version des in jedem Laden zu kaufenden Microsoft-Softwaremassenproduktes „Access” sich daran machen, den Wert des Berliner (Fach-) Liegenschaftsvermögens zu ermitteln und kam auf die stolze Schnapszahl von 111 Milliarden DM. Freilich unter bewertungstechnischer Einbeziehung von Bahnhofsvorgeländen und ähnlichen Flächen als hochwertiges Bauland.

Bei genauem Hinsehen schmolzen die Zahlen schneller als das Eis in der Augustsonne, dann war man mal bei 24 Milliarden DM, doch der Markt stauchte die Erwartungen gnadenlos weiter zusammen.
Die noch unter Annette Fugmann-Heesing entwickelte Grundidee war, das Immobilienvermögen des Landes (keineswegs alles, nur das Fachvermögen) dem Liegenschaftsfonds zu übertragen, der im Gegenzug in einer Größenordnung von 15 bis 16 Milliarden DM an Landesschulden übernehmen und diese übernommenen Schulden aus den Grundstückserlösen bedienen und tilgen sollte. Daraus wurde bekanntlich nichts.

Nun hat Finanzsenator Peter Kurth ein völlig neues Konzept entwickelt. Danach soll zum 1. Juli 2000 eine landeseigene Gesellschaft (100 %ige Landestochter) in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gegründet werden, die von drei Senatoren und dem Vorsitzenden des Finanzausschusses des Rates der Bürgermeister kontrolliert werden soll.
Ein privater Geschäftsbesorger (der von den sich sträubenden Sozialdemokraten inzwischen schon als Makler mit goldener Nase bezeichnet wird) soll vom Senat mit der Vermittlung und Beratung von Investoren beauftragt werden. Der Liegenschaftsfonds soll aus den Grundstücken der Bezirke und den Grundstücken der Hauptverwaltungen gespeist werden. Wobei bei der jetzigen Konzeption Sach- und Finanzvermögen dazu herangezogen wird.
Entscheidender Punkt: Die Veräußerungserlöse sollen nicht mehr zur Schuldentilgung verwendet werden, sondern direkt in den Landeshaushalt fließen und damit die von Annette Fugmann-Heesing angezogenen Sparschrauben lockern. Politische Kamikaze-Versprechen wie der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen lassen sich auf diese Weise besser erfüllen. Daß diese Politik den Berlinern in nicht allzu ferner Zukunft schwer auf die Füße fallen wird, ist sicher und wurde vor einigen Tagen vom Berliner Bund der Steuerzahler in diesem Zusammenhang auch kritisiert.

In einem ersten Schritt sollen veräußerungsfähige Grundstücke von weit über 10 Mio. m2 in den Liegenschaftsfonds eingebracht werden. Die Bezirke und Senatsverwaltungen, aus deren Vermögen die veräußerten Liegenschaften stammen, sollen je nach Grundstück mit 10, 15 und 20 % an den Erlösen beteiligt werden (das wird bei den Bezirken auf besonders hohe Gegenliebe stoßen, die erhielten in der Vergangenheit aus den Verkäufen bezirklicher Liegenschaften wesentlich höhere Anteile).

Als Vorteil seiner Konzeption wertet Finanzsenator Peter Kurth nicht nur, daß daraus jährlich um die 500 Millionen DM an Einnahmen erzielt werden können (sehr bescheiden gegenüber bisherigen Erwartungen), sondern auch, daß durch die Gründung des Liegenschaftsfonds eine Bündelung der Zuständigkeiten für Grundstücksgeschäfte des Landes erreicht wird und Unternehmen, die sich in Berlin ansiedeln wollen, zukünftig nur noch einen Ansprechpartner für Liegenschaften in allen Bezirken der Stadt hätten. Dazu muß beim Fonds allerdings erst einmal eine (noch nicht existierende!!) Datenbank über den Gesamtbestand der Grundstücke eingerichtet werden. Ob mit der Einrichtung des Liegenschaftsfonds, wie Finanzsenator Kurth hofft, die Ansiedelung neuer Unternehmen erleichtert wird und die Attraktivität des Standortes Berlin steigt, wird man abwarten müssen. Warum nun ausgerechnet die Einrichtung des Liegenschaftsfonds eine Investorenschlange, die bisher keiner vor den Toren der Stadt gesehen hat, generieren sollte, ist im Moment noch Geheimnis des Finanzsenators.

Das alles sind noch Pläne. Denn nicht einmal der Senat selbst hat die Vorlage des Finanzsenators beschlossen. Er hat sie nur zur Kenntnis genommen. Dies deshalb, weil der Fraktionsvorsitzende der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, Klaus Wowereit, mit dem Konzept überhaupt nicht einverstanden ist. Aus seiner Sicht ist das Modell weder ausreichend durchdacht noch dazu geeignet, Einnahmen zu verschaffen.
So erschienen denn auf der üblichen Senatspressekonferenz zur Erläuterung des neuen Modells weder Finanzsenator Peter Kurth noch einer seiner Staatssekretäre. Statt dessen durfte Kurths Sprecher Klaus Dittko das erledigen. So jedenfalls sieht das Marketing für ein Großprojekt üblicherweise nicht aus.