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Ablaß? Laß ab!
03.07.2003 (GE 13/03, Seite 829) Wer dreimal im Laden beim Klauen erwischt wird, muß mit Knast rechnen, und zwar ohne Bewährung. Wer 3 Millionen Euro vor dem Fiskus im Ausland versteckt hat, soll demnächst über die im Bau befindliche „Brücke für Steuerehrlichkeit“ (Bauherr: Hans Eichel) pilgern dürfen und mit einem Steuersatz belohnt werden, der nur halb so hoch ist wie der, mit dem gutverdienende Steuerehrliche in Deutschland belastet werden. Das verstehe, wer will. Schon Martin Luther hielt mit guten Gründen nichts vom Ablaßhandel.
So groß sind Finanznot und Ratlosigkeit, daß die Bundesregierung sogar schon durch Gesetz alle Fünfe gerade sein lassen will, um es schönfärberisch auszudrücken. Bürgern, die bisher Zinsen und Kapital nicht versteuert haben, will sie mit dem „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ eine, wie sie es selbst ausgedrückt hat, „Brücke zurück in die Legalität bauen“. Durch Abgabe einer strafbefreienden Erklärung (Selbstanzeige) und Zahlung einer pauschalen Abgabe auf das nicht versteuerte Vermögen (Ablaß-Steuer) wird ein Schlußstrich gezogen. Und weil heutzutage auch Regierungen in erster Linie von Marketing-Fachleuten beraten werden, gibt’s auch noch einen „Frühbucher-Rabatt“: Wer die Selbstanzeige im Jahre 2004 abgibt, zahlt 25 % Ablaßsteuer, wer sich ein Jahr länger Zeit läßt, 35 %.

Ob von den Steuersündern überhaupt jemand zahlen wird, wissen wir nicht, denn wer Schwarzgeld zur Seite bringt, ist zwar kriminell, aber nicht zwangsläufig doof.

Zahlen werden auf jeden Fall die Steuerehrlichen und redlich mit ihrem Vermögen im Land Gebliebenen. Sie werden - das ist der politische Preis für die angebliche Amnestie - noch ein wenig gläserner werden als bisher.

Damit nämlich die so amnestierten Steuerbürger - wie alle anderen Steuerzahler - aber auch in der Zukunft steuerehrlich bleiben, brauche er weitreichende Kontrollmöglichkeiten, meint Hans Eichel treuherzig: Die Finanzämter sollen über das Bundesamt für Finanzen auf elektronischem Wege Konteninformationen bei den Banken abrufen können, wenn dies für die Steuerveranlagung erforderlich ist.

Andere Behörden - Arbeitsämter, Familienkassen, Sozialämter, BAföG-Ämter, Wohnungsämter, Gerichte und … und … und … - sollen sich an die Finanzämter wenden dürfen, die dann wiederum über das Bundesamt für Finanzen die Konten bei den Banken abfragen.

Das Bundesamt für Finanzen darf also künftig auf Anfrage der Finanzämter in einem automatisierten Verfahren auf Kontenstammdaten bei den Banken zugreifen und kann so mit einem Mausklick und auf einen Blick erkennen, bei welchen Banken ein Bürger Konten und Depots unterhält. Angeblich können Kontenstände und Kontenbewegungen zwar noch nicht beim ersten Mausklick festgestellt werden, wohl aber bei der dann einsetzenden gezielten Nachfrage bei den betreffenden Banken.

Viel Geld wird dem Fiskus diese geplante Steueramnestie nicht bringen. Wer sein Geld bisher unauffindbar im Ausland versteckt hat, wird es kaum heim in Eichels Reich bringen, um endlich Steuern zahlen zu dürfen (was ja gerade vermieden werden sollte) und es in den dann endgültig öffentlichen deutschen Bankkonten zu deponieren.

Was die Regierung mit dieser sogenannten Amnestie erreicht, ist genau das Gegenteil dessen, was sie zu wollen vorgibt: Wegen der verstärkten Kontrollmöglichkeiten wird noch mehr Geld ins Ausland fließen, solange das möglich ist. Und die vielen Steuerehrlichen in diesem Lande - es gibt sie noch, ich weiß, wovon ich schreibe - werden wieder einmal vor den Kopf gestoßen („die Ehrlichen sind die Dummen“).

Deshalb: Ablaß für Steuersünder, Hans Eichel? Laß ab!