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Nachbarrecht
Eigentümer haftet für umgestürzte Pappeln
19.06.2003 (GE 12/03, Seite 786) Ein Grundstückseigentümer kann von seinem Nachbarn verlangen, daß er Bäume, die alleine schon aufgrund ihres Alters nicht mehr standsicher und widerstandsfähig genug sind und so zu einer Beeinträchtigung führen können, fällen läßt. Fallen altersschwache Bäume aufs Nachbargrundstück, besteht ein Schadensersatzanspruch.
Der Fall: Der Vater des Eigentümers hatte auf dem Grundstück zahlreiche Pappeln angepflanzt, die wegen ihres Alters (30 Jahre) nach und nach umstürzten. Obwohl der Nachbar ausdrücklich auf die Notwendigkeit hingewiesen hatte, weitere Bäume zu fällen, unterließ dies der Eigentümer. Weitere Bäume stürzten um und verursachten auf dem Nachbargrundstück Schäden.
Das Urteil: Mit Urteil vom 21. März 2003 hat der BGH nun entschieden, daß ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB bereits dann besteht, wenn Bäume allein aufgrund ihres Alters nicht mehr standsicher und deswegen gegenüber normalen Einwirkungen der Naturkräfte nicht mehr hinreichend widerstandsfähig sind. Ausreichend für die Beurteilung dieser Frage soll nicht allein der tatsächliche Zustand der Bäume sein, sondern forstwissenschaftliche Erkenntnisse über die Notwendigkeit eines altersbedingten Fällens der Bäume.
Nach Ansicht des BGH besteht darüber hinaus ein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB gegen den Grundeigentümer, wenn von dessen Grundstück ein Baum wegen seines Alters auf das Nachbargrundstück gestürzt ist. Der Grundstückseigentümer hat dafür zu sorgen, daß von seinen Bäumen keine Gefahr für andere ausgeht und der Baumbestand so angelegt ist, daß er im Rahmen des nach forstwissenschaftlichen Erkenntnissen Möglichen gegen Windbruch und Windwurf, insbesondere aber auch gegen Umstürzen aufgrund fehlender Standfestigkeit, gesichert ist. Auch diese Verkehrssicherungspflicht soll ein Grundeigentümer bereits dann verletzen, wenn er die Notwendigkeit des altersbedingten Fällens mißachtet.
Damit ist der BGH von seiner Rechtsprechung abgewichen, wonach das bloße Anpflanzen und Aufziehen widerstandsfähiger Bäume i. d. R. noch keine für die Zurechnung einer Beeinträchtigung notwendige konkrete Gefahrenlage für ein Nachbargrundstück begründete.
BGH, Urteil vom 21. März 2003 - V ZR 319/02 - Wortlaut Seite 805