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Mietspiegel
Orientierungshilfe weiter anwendbar
19.06.2003 (GE 12/03, Seite 783) Ein qualifizierter Mietspiegel wie der Berliner Mietspiegel 2003 gibt nach der gesetzlichen Vermutung des § 558 d Abs. 3 BGB die ortsübliche Vergleichsmiete wieder. Allerdings ist nach der ausdrücklichen Erklärung im Mietspiegel die Orientierungshilfe nicht Teil des qualifizierten Mietspiegels, so daß sich sofort die Frage stellt, ob denn zur Einordnung in die Spannen das Gericht sich anderer Beweismittel wie etwa eines Sachverständigengutachtens bedienen müsse (vgl. Blümmel GE 2003, 367).
Der Fall: Das Mieterhöhungsverlangen der Vermieterin vom 20. Oktober 2002 war wegen der Stichtagsregelung (1. März 2002) nach dem inzwischen veröffentlichten Berliner Mietspiegel 2003 zu beurteilen. Die verlangte Miete lag innerhalb der Spanne des maßgeblichen Mietspiegelfeldes. Die Mieterin berief sich auf wohnwertmindernde Merkmale nach der Orientierungshilfe, die von der Vermieterin nicht bestritten wurden.
Das Urteil: Mit Urteil vom 30. Mai 2003 gab das Amtsgericht Charlottenburg der Zustimmungsklage der Vermieterin nur zum Teil statt und wandte zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht nur den Mietspiegel 2003 an, sondern auch die Orientierungshilfe.
Auch wenn diese nicht Bestandteil des qualifizierten Mietspiegels sei, könne sie im Wege der Schätzung als objektives, berechenbares und nachvollziehbares Schema zur Spanneneinordnung herangezogen werden, zumal auch ein Sachverständiger keine überlegenen Erkenntnismittel habe und das Verfahren nur verteuern würde.
Anmerkung: Der Gesetzgeber der Mietrechtsreform wollte mit der Neuregelung über den qualifizierten Mietspiegel den Streit über den Beweiswert eines Mietspiegels klären, hat dabei aber nur die Ursache für neuen Streit gesetzt. Zu unterscheiden sind bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete das Mieterhöhungsverlangen und die spätere Feststellung durch das Gericht. Im Mieterhöhungsverlangen bildet eine Vielzahl von Werten innerhalb einer bestimmten Streubreite (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Rn. 41 zu § 2 MHG) die ortsübliche Vergleichsmiete, also die gesamten Werte eines Mietspiegelfeldes. Deshalb darf der Vermieter ohne Begründung den Oberwert der Spanne verlangen (§ 558 a Abs. 4 BGB). Ein so zulässiges Mieterhöhungsverlangen wird aber nur dann als begründet vom Gericht festgestellt, wenn der Wert der ortsüblichen Vergleichsmiete punktgenau festgestellt wird. Die Berliner Gerichte haben dazu in der Vergangenheit die Mietspiegel einschließlich der Orientierungshilfe als Beweismittel herangezogen. Daß der Gesetzgeber hieran etwas ändern wollte, ist weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte zu entnehmen. Schließlich war auch schon in der Vergangenheit die Orientierungshilfe zu den Berliner Mietspiegeln nicht als Tabellenmiete (wie die Werte der Rasterfelder), sondern im Wege der (durchaus anfechtbaren) Regressionsanalyse ermittelt (vgl. GEWOS-Endbericht Berliner Mietspiegel 1998 Seite 64; Beuermann, Miete und Mieterhöhung, 3. Aufl., Rdn. 121x zu § 2 MHG). Eine überzeugende wissenschaftliche Begründung hatte die Orientierungshilfe weder in der Vergangenheit noch im Mietspiegel 2003. Das schließt jedoch nicht aus, sie weiterhin als Teil des Beweismittels des Mietspiegels heranzuziehen, denn schließlich verbietet das Gesetz nicht, einen einfachen Mietspiegel, der also nicht qualifiziert ist, als Beweismittel zu verwenden (AG Dortmund GE 2003, 261).
Die entgegenstehende Auffassung würde dazu führen, daß das Gericht immer ein Sachverständigengutachten einholen müßte, was den Intentionen des Gesetzgebers in § 558 d Abs. 3 BGB zuwiderlaufen würde. Allerdings dürfte, und darin müßte sich auch die Berliner Rechtsprechung ändern, jede Partei berechtigt sein, substantiiert und unter Beweisantritt vorzutragen, daß und warum für die fragliche Wohnung wohnwerterhöhende oder wohnwertmindernde Merkmale nach der Orientierungshilfe nicht zu berücksichtigen sind. Solange dies im Prozeß nicht geschieht, ist gegen eine unveränderte Fortsetzung der bisherigen Praxis nichts einzuwenden oder, wie es Börstinghaus in etwas anderem Zusammenhang zum qualifizierten Mietspiegel ausdrücken (NZM 2003, 386): „The same procedure as every year!” Rudolf Beuermann
AG Charlottenburg, Urteil vom 30. Mai 2003 - 234 C 62/03 - Wortlaut Seite 813
Das Urteil: Mit Urteil vom 30. Mai 2003 gab das Amtsgericht Charlottenburg der Zustimmungsklage der Vermieterin nur zum Teil statt und wandte zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht nur den Mietspiegel 2003 an, sondern auch die Orientierungshilfe.
Auch wenn diese nicht Bestandteil des qualifizierten Mietspiegels sei, könne sie im Wege der Schätzung als objektives, berechenbares und nachvollziehbares Schema zur Spanneneinordnung herangezogen werden, zumal auch ein Sachverständiger keine überlegenen Erkenntnismittel habe und das Verfahren nur verteuern würde.
Anmerkung: Der Gesetzgeber der Mietrechtsreform wollte mit der Neuregelung über den qualifizierten Mietspiegel den Streit über den Beweiswert eines Mietspiegels klären, hat dabei aber nur die Ursache für neuen Streit gesetzt. Zu unterscheiden sind bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete das Mieterhöhungsverlangen und die spätere Feststellung durch das Gericht. Im Mieterhöhungsverlangen bildet eine Vielzahl von Werten innerhalb einer bestimmten Streubreite (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Rn. 41 zu § 2 MHG) die ortsübliche Vergleichsmiete, also die gesamten Werte eines Mietspiegelfeldes. Deshalb darf der Vermieter ohne Begründung den Oberwert der Spanne verlangen (§ 558 a Abs. 4 BGB). Ein so zulässiges Mieterhöhungsverlangen wird aber nur dann als begründet vom Gericht festgestellt, wenn der Wert der ortsüblichen Vergleichsmiete punktgenau festgestellt wird. Die Berliner Gerichte haben dazu in der Vergangenheit die Mietspiegel einschließlich der Orientierungshilfe als Beweismittel herangezogen. Daß der Gesetzgeber hieran etwas ändern wollte, ist weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte zu entnehmen. Schließlich war auch schon in der Vergangenheit die Orientierungshilfe zu den Berliner Mietspiegeln nicht als Tabellenmiete (wie die Werte der Rasterfelder), sondern im Wege der (durchaus anfechtbaren) Regressionsanalyse ermittelt (vgl. GEWOS-Endbericht Berliner Mietspiegel 1998 Seite 64; Beuermann, Miete und Mieterhöhung, 3. Aufl., Rdn. 121x zu § 2 MHG). Eine überzeugende wissenschaftliche Begründung hatte die Orientierungshilfe weder in der Vergangenheit noch im Mietspiegel 2003. Das schließt jedoch nicht aus, sie weiterhin als Teil des Beweismittels des Mietspiegels heranzuziehen, denn schließlich verbietet das Gesetz nicht, einen einfachen Mietspiegel, der also nicht qualifiziert ist, als Beweismittel zu verwenden (AG Dortmund GE 2003, 261).
Die entgegenstehende Auffassung würde dazu führen, daß das Gericht immer ein Sachverständigengutachten einholen müßte, was den Intentionen des Gesetzgebers in § 558 d Abs. 3 BGB zuwiderlaufen würde. Allerdings dürfte, und darin müßte sich auch die Berliner Rechtsprechung ändern, jede Partei berechtigt sein, substantiiert und unter Beweisantritt vorzutragen, daß und warum für die fragliche Wohnung wohnwerterhöhende oder wohnwertmindernde Merkmale nach der Orientierungshilfe nicht zu berücksichtigen sind. Solange dies im Prozeß nicht geschieht, ist gegen eine unveränderte Fortsetzung der bisherigen Praxis nichts einzuwenden oder, wie es Börstinghaus in etwas anderem Zusammenhang zum qualifizierten Mietspiegel ausdrücken (NZM 2003, 386): „The same procedure as every year!” Rudolf Beuermann
AG Charlottenburg, Urteil vom 30. Mai 2003 - 234 C 62/03 - Wortlaut Seite 813