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Rückwirkende Betriebskostensenkung: Mietrechtliche Folgen der Aufdeckung des "Kalkulationsfehlers" der BSR
26.05.2003 (GE) 1 Auf Druck des Senats stellten die Berliner Straßenreinigungsbetriebe bei einer Nachkalkulation der Entgelte Mitte Oktober 2002 fest, daß es zu einer Überdeckung von rund 60 Millionen Euro in den Jahren 1999 bis 2002 gekommen war (Einzelheiten siehe GE 2002, 1588). Die BSR erstattet die zuviel entrichteten Entgelte ihren Kunden, den Hauseigentümern, indem für das erste Quartal 2003 keine Gebühren geltend gemacht werden und je nach Einzelfall für das zweite Quartal 2003 die Gebührenforderung der BSR verringert wird.
1. Die Vorgeschichte
2 Es handelt sich um Betriebskosten im Sinne der Nr. 8 der Anlage 3 zu § 27 II. BV, die, jedenfalls bei einer Nettomietvereinbarung, im Rahmen der Betriebskostenabrechnung an den Mieter weitergegeben werden. Von einer Senkung der Betriebskosten muß also der Mieter profitieren. Fraglich ist allerdings, wie das zu geschehen hat. Der Berliner Mieterverein verlangt „Rückzahlung ohne Wenn und Aber” (MM 2003, 13), etwa durch Übersendung eines Schecks an alle (damaligen?) Mieter (MM 2002, 449).
3 Vertretbar sind solche Vorschläge allenfalls bei einer Nettomiete mit jährlicher Betriebskostenabrechnung, da bekanntlich bei einer Bruttomiete Kostensenkungen für eine einzelne Betriebskostenart nicht maßgeblich sind, sondern die gesamten Betriebskosten der Ausgangsmiete den jetzigen gesamten Kosten gegenüberzustellen sind (LG Berlin GE 1988, 299). Nur wenn die jetzigen Gesamtkosten niedriger sind, ist die Miete zu ermäßigen (vgl. Beuermann, Miete und Mieterhöhung, 3. Aufl. Rn. 80 zu § 4 MHG).
2. Nettomiete
4 Das Landgericht Berlin hat in mehreren Entscheidungen dem Vermieter das Recht eingeräumt, bei einer nachträglichen Festsetzung oder bei einer rückwirkenden Erhöhung der Grundsteuer eine schon bezahlte Betriebskostenabrechnung um diese Position zu ergänzen (GE 2000, 813; GE 2001, 347). Die Kostenposition wird dabei auf den Abrechnungszeitraum bezogen, für den die Grundsteuer gezahlt wird (Abgrenzungsprinzip), ohne daß es auf spätere Rechnungen oder Bezahlungen (Abflußprinzip) ankäme. Auf den ersten Blick liegt es nahe, dies auch im umgekehrten Fall einer Kostensenkung anzuwenden und den Vermieter zu verpflichten, bei einer nachträglichen Gutschrift für das Jahr 1999 die Betriebskostenabrechnung für dieses Jahr zugunsten der Mieter zu korrigieren.
3. Abgrenzungs- und Abflußprinzip
5 Der Vermieter hat die Betriebskosten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) umzulegen. Maßgeblich ist zwar grundsätzlich der Abrechnungszeitraum, in dem die Kosten angefallen sind (BGH NJW 1982, 1278). Wann die Kosten angefallen sind, ist jedoch streitig. Mit der Inanspruchnahme der Leistungen oder mit dem Datum der Rechnung und ihrer Bezahlung? Wer auf die Leistung abstellt, muß nach dem Abgrenzungsprinzip abrechnen (auch Entstehungsprinzip oder Verbrauchsprinzip genannt) und bei einer späteren Rechnung, die über den Abrechnungszeitraum hinausreicht, den Rechnungsbetrag korrigieren. Wer allein auf das Rechnungsdatum abstellt (Abflußprinzip), kann deren Beträge im Abrechnungszeitraum voll berücksichtigen, auch wenn die bezahlten Leistungen nicht im Abrechnungszeitraum erbracht wurden.
6 Ob nach dem Abgrenzungs- oder dem Abflußprinzip abgerechnet werden muß oder darf, ist seit längerem streitig (vgl. Langenberg, Betriebskostenrecht 3. Aufl. Seite 254 ff.; Maciejewski MM 2001, 101; Kinne/Schach Miet- und Mietprozeßrecht, 3. Aufl. Rn. 78 zu § 556 BGB).
7 Die Berliner Gerichte halten eine Abrechnung nach dem Abflußprinzip grundsätzlich für zulässig (LG Berlin GE 1998, 1027; LG Berlin GE 1999, 1129), was nicht ausschließt, daß der Vermieter auch nach dem Abgrenzungsprinzip abrechnen darf. Wenn, wie meist, eine mietvertragliche Regelung fehlt, ist auch dies eine Frage des billigen Ermessens nach § 315 BGB.
8 Einen wesentlichen Unterschied machen beide Prinzipien nur im Falle des Mieterwechsels, da ansonsten dieselben Betriebskosten nur früher oder später auf den Mieter umgelegt werden. So verweist das Landgericht Berlin (GE 2000, 813) für den Fall der rückwirkenden Grundsteuererhöhung auf diesen Gesichtspunkt, um zu begründen, daß die Korrektur der Betriebskostenabrechnung nach dem Verbrauchsprinzip zulässig sei.
4. Mehrjähriger Turnus
9 Ähnliche Probleme treten bei Betriebskostenarten auf, die zwar laufend entstehen, aber nicht jährlich, sondern in größeren Abständen (Gartenpflege, Erneuerung von Hilfsgeräten, Sperrmüllabfuhr). Hier ist der Vermieter zwar berechtigt, die entstandenen Kosten auf einen längeren Zeitraum, etwa auf die Eichdauer von fünf Jahren, zu verteilen (LG Berlin GE 2003, 121). Verpflichtet ist er dazu allerdings nicht, so daß die Gesamtkosten auch in einer Betriebskostenabrechnung enthalten sein dürfen (Seldeneck, Betriebskosten, Rn. 3032 f.).
10 Für die vereinfachte Ausgabenrechnung nach dem Abflußprinzip (vgl. dazu auch Blank DWW 1992, 65) spricht die Rechtslage im Wohnungseigentumsrecht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts ist der Verwalter verpflichtet, die Jahresabrechnung nach dem Abflußprinzip aufzustellen. Der Eigentümer einer vermieteten Wohnung, der eine solche Abrechnung erhält, könnte nur mit erheblichem Aufwand diese Abrechnung nach dem Abgrenzungsprinzip neu aufstellen. Das Bayerische Oberste Landesgericht führt wörtlich aus (NZM 2000, 875): Die Jahresabrechnung des Verwalters ”ist auf der Grundlage der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben, also der Einzahlungen und Auszahlungen in ein Wirtschaftsjahr aufzustellen. Eine solche einfache Abrechnung entspricht am ehesten der gesetzlichen Regelung, wie sie in §§ 28 I 2, III WEG §§ 675, 666, 259 BGB zu finden ist. Diese Art der Abrechnung ist für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer am besten geeignet, denn sie wird den unverzichtbaren Anforderungen an Übersichtlichkeit und Verständlichkeit gerecht.” Mit Ausnahme des § 28 WEG, der die Abrechnungsprinzipien gerade nicht regelt, sind sämtliche Paragraphen, die das Bayerische Oberste Landesgericht anführt, auch im Mietrecht anwendbar (vgl. OLG Koblenz WuM 1986, 282).
11 Für eine Abrechnung nach dem Abfluß- (hier Zufluß-)prinzip gibt es weitere Gründe. Die Betriebskostenabrechnung soll ”eine sinnvolle Relation zwischen dem Arbeits- und Zeitaufwand des Vermieters einerseits und den schutzwürdigen Interessen des Mieters andererseits einhalten (BGH WuM 1982, 207)”. Praktikabilitäts- und Kostengesichtspunkte sind also nicht unerheblich (LG Mannheim NZM 1999, 365). Eine rückwirkende Korrektur der Betriebskostenabrechnungen würde bei den einzelnen Vermietern oder Hausverwaltungen Verwaltungskosten von geschätzt 30 Millionen Euro verursachen (MM 2003, 13), die als Schadensersatz (positive Vertragsverletzung) von der BSR zu erstatten wären. Eine Refinanzierung dieses Betrages bei der künftigen Gebührenkalkulation wäre unzulässig, so daß letztlich zu befürchten ist, daß der Steuerzahler dafür aufkommen müßte. Im Vergleich dazu werden die Erstattungsbeträge für den einzelnen Mieterhaushalt außerordentlich niedrig sein. Der Fall liegt eben anders als bei der Viterra (MM 2002, 449), wo es sich nur um eine einzige Wohnungsbaugesellschaft handelte.
12 Zieht der Mieter etwa im Jahre 2001 innerhalb Berlins um, erhält er bei einer Abrechnung nach dem Zuflußprinzip die Gutschrift nicht vom alten, sondern vom neuen Vermieter. Allerdings handelt es sich nicht um ein reines Nullsummenspiel, da je nach Art der Wohnung (im Zweifamilienhaus oder im Hochhaus) die anteilige Belastung oder Gutschrift der Straßenreinigungsgebühren unterschiedlich hoch ist. Wichtiger ist der Fall des Vermieterwechsels, wenn etwa im Jahre 2001 das Haus verkauft wird. Abrechnungspflichtig ist der Eigentümer, der zum Ende des Abrechnungszeitraumes Vermieter ist, im Beispielsfall also der Voreigentümer. Dieser ist zu einer Korrektur der Abrechnung - etwa für das Jahr 1999 - nicht verpflichtet, da ihm keine Gutschrift geleistet wurde. Der jetzige Eigentümer muß die Betriebskostenabrechnung ebenfalls nicht zugunsten des Mieters korrigieren, da er am Ende der Abrechnungsperiode nicht Vermieter war. Nur bei einer Abrechnung nach dem Zuflußprinzip wird das unbillige Ergebnis vermieden, daß der Vermieter den Gutschriftenbetrag behält.
13 Der Vermieter ist daher im Rahmen des billigen Ermessens berechtigt, die im Jahre 2003 gutgeschriebenen Straßenreinigungsgebühren nach dem Zuflußprinzip bei der Betriebskostenabrechnung für 2003 zu verbuchen. Diese Wahlfreiheit steht ihm auch dann zu, wenn in der Vergangenheit nach dem Abgrenzungsprinzip abgerechnet wurde. Der Vermieter darf auch in einer Abrechnung bei entsprechender Erläuterung beide Prinzipien verwenden (LG Berlin GE 1998, 1151). Eine Bindung für die Zukunft entsteht aus der Abrechnung nach dem bestimmten Prinzip jedenfalls dann nicht, wenn eine Änderung billigem Ermessen entspricht.
14 Die Wahlfreiheit für den Vermieter bedeutet, daß er auch nach dem Abgrenzungsprinzip die Betriebskostenabrechnungen der Vergangenheit korrigieren kann. Alle (damaligen) Mieter hätten dann eine Gutschrift zu erhalten, auch die ausgezogenen Mieter, deren Anschrift bekannt ist. Zu Ermittlungen ist der Vermieter allerdings nicht verpflichtet. Den Mieter trifft eine nachwirkende Nebenpflicht aus dem beendeten Mietverhältnis, seine neue Anschrift dem bisherigen Vertragspartner mitzuteilen. Verletzt er diese Pflicht, kann er sich nicht darauf berufen, eine Gutschrift nicht erhalten zu haben.
5. Bruttomiete
15 Seit dem 1. September 2001 gilt § 4 Abs. 4 MHG nicht mehr, der die Mietsenkung im Falle der Ermäßigung von Betriebskosten regelte. Nach Art. 229 § 3 Abs. 4 EGBGB ist § 560 Abs. 3 BGB entsprechend anzuwenden, der die Herabsetzung einer Betriebskostenpauschale regelt. Allerdings betrafen die überhöhten Gebühren der BSR Zeiträume bis 1999, die vor dem Inkrafttreten der Mietrechtsreform zum 1. September 2001 lagen. Nach dem Rechtsgedanken der Artikel 170, 171 EGBGB ist allerdings neues Recht (und nicht das MHG) anzuwenden, da der entscheidende Vorgang, die Entdeckung der Zuvielberechnung und Gutschrift, nach dem 1. September 2001 liegt. Ähnlich wie im Fall der Kündigung oder Mieterhöhung ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen für die Frage, welches Recht anwendbar ist. Bei Bruttomietverträgen, die vor dem 1. September 2001 abgeschlossen wurden, ist damit neues Recht anwendbar. Bei Bruttomietverträgen, die nach diesem Zeitpunkt abgeschlossen wurden, gibt es keine Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten und auch keine Verpflichtung zur Senkung von Betriebskosten. Diese Mieter haben keinen Anspruch auf Mietsenkung.
16 Artikel 229 § 3 Abs. 4 EGBGB verweist generell auf die Regelung zur Senkung der Betriebskostenpauschale. Das bedarf einer verfassungsrechtlichen Korrektur, daß die Senkungspflicht mit dem Erhöhungsrecht für die Bruttomiete korrespondiert (Langenberg Seite 135). Es ist daher zu prüfen, ob nach Art. 229 § 3 Abs. 4 EGBGB ein Erhöhungsrecht wegen gestiegener Betriebskosten weiterhin gilt. Das setzt eine Vereinbarung im Mietvertrag voraus, wonach der Mieter Erhöhungen der Betriebskosten zu tragen hat. Eine Verpflichtung des Vermieters, Betriebskostensenkungen weiterzugeben, ohne Betriebskostenerhöhungen geltend machen zu dürfen, verstieße gegen Art. 14 Grundgesetz. Solche im Gesetz ausdrücklich geforderten Vereinbarungen müssen zumindest das Wort ”Betriebskosten” enthalten; ob darüber hinaus auch noch auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV verwiesen werden muß, ist zweifelhaft. Folgende Regelungen wären daher nicht ausreichend:
”wenn durch die Erhöhung der Nebenkosten eine Mehrbelastung des Vermieters eintritt, der Mieter einen der vereinbarten Miete zur Gesamtmiete des Grundstücks entsprechenden Anteil zu übernehmen, falls nicht durch Gesetz oder sonstige behördliche Vorschriften eine andersartige Umlegung vorgeschrieben ist.”
”Alle durch gesetzliche oder behördliche Regelungen allgemein oder im konkreten Fall zugelassenen Mieterhöhungen oder Erhöhungen bzw. Neueinführungen von Nebenkosten und Grundstücksumlagen jeder Art sind vom Zeitpunkt der Zulässigkeit ab vereinbart und zahlbar.”
17 Eine Ausnahme gilt für ehemals preisgebundene Altbauwohnungen im Westteil Berlins. Hier galt bis zum 31. Dezember 1987 Preisbindung mit der Folge, daß Nettomieten gesetzlich verboten waren. Nach der früheren Regelung des § 7 Abs. 4 GVW muß für alte Mietverträge, die vor dem 1. Januar 1988 abgeschlossen wurden, ein Mieterhöhungsrecht auch ohne vertraglichen Vorbehalt angenommen werden (vgl. Beuermann/Blümmel, Das neue Mietrecht, Seite 157; Kinne/Schach, Rn. 87 zu § 561 BGB).
18 Bei einem Bruttomietvertrag für eine ehemals preisgebundene Wohnung in West-Berlin, der nach dem 31. Dezember 1987 abgeschlossen wurde, war das GVW nicht anwendbar. Hier ist nach der ausdrücklichen Übergangsregelung der Mietrechtsreform eine vertragliche Vereinbarung erforderlich, daß Betriebskostensteigerungen an die Mieter weitergegeben werden dürfen. Fehlt eine solche Vereinbarung, sind seit dem 1. September 2001 Mieterhöhungen wegen gestiegener Betriebskosten nicht möglich (für die Zeit davor vgl. Seldeneck Rn. 4135 ff.); eine Mietsenkung scheidet dann aus.
19 Eine solche Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten muß allerdings nicht der Senkung vorausgegangen sein. Es gibt zahlreiche Bruttomietverträge, bei denen Vermieter wegen der Kompliziertheit des Verfahrens auf eine Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten verzichtet und sich mit der Mieterhöhung nach § 2 MHG (ortsübliche Vergleichsmiete) begnügt haben. Die herrschende Meinung nimmt jedoch zu Recht an (vgl. Langenberg Seite 132; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 78 zu § 4 MHG), daß eine Mietsenkung auch ohne vorherige Mieterhöhung erfolgen muß.
20 Dafür sind zunächst die gesamten Betriebskosten der Ausgangsmiete zu ermitteln. Ausgangsmiete ist die Miete zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, einer späteren Erhöhung nach § 4 Abs. 2 MHG oder nach § 2 MHG, § 558 BGB (KG GE 1997, 1097). Anders als bei der Mieterhöhung selbst, die zur Umrechnung von Bruttomieten in fiktive Nettomieten nach ständiger Rechtsprechung des Landgerichts Berlin pauschale Betriebskostenwerte zugrunde legt, müssen hier die tatsächlichen Betriebskosten (zum Zeitpunkt der Mieterhöhung) angesetzt werden, da nicht Pauschalen mit konkreten Betriebskosten verglichen werden dürfen.
21 Die Summe der in der Ausgangsmiete enthaltenden Betriebskosten ist der Summe der Betriebskosten gegenüberzustellen, die im Zeitpunkt der Ermäßigung anfallen. Was unter dem ”Zeitpunkt der Ermäßigung” zu verstehen ist, ist zweifelhaft. Blank (bei Schmidt-Futterer Rn. 83 zu § 4 MHG) meint, es komme darauf an, wann die Herabsetzung ”in Kraft getreten ist”, während Langenberg (Seite 133) von dem Zeitpunkt des Entstehens der Ermäßigung spricht. Abzustellen sein dürfte auf die tatsächliche Verringerung der Betriebskosten, also die Verringerung der Ausgaben des Vermieters. Voelskow (3. Aufl. Rn. 20 zu § 4 MHG) verweist auf das Beispiel für den Wegfall der Kosten für einen Hausmeister, was zu einer Mietsenkung führen kann. Eine rückwirkende Senkung ist damit nicht gemeint; ähnlich wie beim Abflußprinzip in der Betriebskostenabrechnung ist auf die tatsächliche Senkung abzustellen.
22 Das folgt auch aus einem Vergleich mit der rückwirkenden Erhöhungsmöglichkeit. Der Gesetzgeber hat im § 560 Abs. 2 BGB und 4 Abs. 3 MHG eine solche rückwirkende Erhöhung nur zeitlich eingeschränkt zugelassen. Dabei wurden das Recht des Vermieters, tatsächliche Betriebskostensteigerungen abzuwälzen, und das Recht des Mieters auf Vertrauensschutz gegeneinander abgewogen. Eine unbegrenzte Rückwirkung für die Betriebskostensenkung würde einer solchen Interessenabwägung nicht entsprechen.
23 Der Vermieter hat die Ermäßigung dem Mieter unverzüglich mitzuteilen, wobei frühester Zeitpunkt die Kenntnis von der Ermäßigung ist. Das war hier nicht vor den ersten Presseberichten im Oktober/November 2002. Ob dabei bis zum Ende eines fiktiven ”Abrechnungsjahres” gewartet werden darf (so Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl. Rn. 29 zu § 560 BGB), ist zweifelhaft. Schon um einer Auskunftsklage des Mieters (Langenberg Seite 134) zuvorzukommen, sollte bei einer Bruttomiete die Berechnung, ob eine Mietsenkung anzunehmen ist, baldmöglich (§ 121 BGB: ohne schuldhaftes Zögern) vorgenommen werden. Bleibt der Vermieter untätig, weil nach seinen Berechnungen ein Mietsenkungsanspruch ausscheidet, oder teilt er dies dem Mieter ohne Begründung mit, ist der Auskunftsanspruch des Mieters nicht erfüllt, so daß spätestens nach entsprechender Aufforderung durch den Mieter eine konkrete Berechnung vorzulegen ist.
6. Zusammenfassung
24 Bei einer Nettomiete hat der Vermieter ein Wahlrecht, ob er die im Jahre 2003 eingesparten BSR-Gebühren bei der Betriebskostenabrechnung für dieses Jahr berücksichtigt oder die Abrechnungen der vergangenen Jahre korrigiert. Bei einer Bruttomiete kommt es darauf an, ob der Vermieter wegen gestiegener Betriebskosten eine Mieterhöhung vornehmen durfte. In diesem Fall ist er zur Mietsenkung verpflichtet, wobei es auf die Summe der Betriebskosten des Jahres 2003 im Vergleich zu der Summe der Betriebskosten der Ausgangsmiete ankommt.
2 Es handelt sich um Betriebskosten im Sinne der Nr. 8 der Anlage 3 zu § 27 II. BV, die, jedenfalls bei einer Nettomietvereinbarung, im Rahmen der Betriebskostenabrechnung an den Mieter weitergegeben werden. Von einer Senkung der Betriebskosten muß also der Mieter profitieren. Fraglich ist allerdings, wie das zu geschehen hat. Der Berliner Mieterverein verlangt „Rückzahlung ohne Wenn und Aber” (MM 2003, 13), etwa durch Übersendung eines Schecks an alle (damaligen?) Mieter (MM 2002, 449).
3 Vertretbar sind solche Vorschläge allenfalls bei einer Nettomiete mit jährlicher Betriebskostenabrechnung, da bekanntlich bei einer Bruttomiete Kostensenkungen für eine einzelne Betriebskostenart nicht maßgeblich sind, sondern die gesamten Betriebskosten der Ausgangsmiete den jetzigen gesamten Kosten gegenüberzustellen sind (LG Berlin GE 1988, 299). Nur wenn die jetzigen Gesamtkosten niedriger sind, ist die Miete zu ermäßigen (vgl. Beuermann, Miete und Mieterhöhung, 3. Aufl. Rn. 80 zu § 4 MHG).
2. Nettomiete
4 Das Landgericht Berlin hat in mehreren Entscheidungen dem Vermieter das Recht eingeräumt, bei einer nachträglichen Festsetzung oder bei einer rückwirkenden Erhöhung der Grundsteuer eine schon bezahlte Betriebskostenabrechnung um diese Position zu ergänzen (GE 2000, 813; GE 2001, 347). Die Kostenposition wird dabei auf den Abrechnungszeitraum bezogen, für den die Grundsteuer gezahlt wird (Abgrenzungsprinzip), ohne daß es auf spätere Rechnungen oder Bezahlungen (Abflußprinzip) ankäme. Auf den ersten Blick liegt es nahe, dies auch im umgekehrten Fall einer Kostensenkung anzuwenden und den Vermieter zu verpflichten, bei einer nachträglichen Gutschrift für das Jahr 1999 die Betriebskostenabrechnung für dieses Jahr zugunsten der Mieter zu korrigieren.
3. Abgrenzungs- und Abflußprinzip
5 Der Vermieter hat die Betriebskosten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) umzulegen. Maßgeblich ist zwar grundsätzlich der Abrechnungszeitraum, in dem die Kosten angefallen sind (BGH NJW 1982, 1278). Wann die Kosten angefallen sind, ist jedoch streitig. Mit der Inanspruchnahme der Leistungen oder mit dem Datum der Rechnung und ihrer Bezahlung? Wer auf die Leistung abstellt, muß nach dem Abgrenzungsprinzip abrechnen (auch Entstehungsprinzip oder Verbrauchsprinzip genannt) und bei einer späteren Rechnung, die über den Abrechnungszeitraum hinausreicht, den Rechnungsbetrag korrigieren. Wer allein auf das Rechnungsdatum abstellt (Abflußprinzip), kann deren Beträge im Abrechnungszeitraum voll berücksichtigen, auch wenn die bezahlten Leistungen nicht im Abrechnungszeitraum erbracht wurden.
6 Ob nach dem Abgrenzungs- oder dem Abflußprinzip abgerechnet werden muß oder darf, ist seit längerem streitig (vgl. Langenberg, Betriebskostenrecht 3. Aufl. Seite 254 ff.; Maciejewski MM 2001, 101; Kinne/Schach Miet- und Mietprozeßrecht, 3. Aufl. Rn. 78 zu § 556 BGB).
7 Die Berliner Gerichte halten eine Abrechnung nach dem Abflußprinzip grundsätzlich für zulässig (LG Berlin GE 1998, 1027; LG Berlin GE 1999, 1129), was nicht ausschließt, daß der Vermieter auch nach dem Abgrenzungsprinzip abrechnen darf. Wenn, wie meist, eine mietvertragliche Regelung fehlt, ist auch dies eine Frage des billigen Ermessens nach § 315 BGB.
8 Einen wesentlichen Unterschied machen beide Prinzipien nur im Falle des Mieterwechsels, da ansonsten dieselben Betriebskosten nur früher oder später auf den Mieter umgelegt werden. So verweist das Landgericht Berlin (GE 2000, 813) für den Fall der rückwirkenden Grundsteuererhöhung auf diesen Gesichtspunkt, um zu begründen, daß die Korrektur der Betriebskostenabrechnung nach dem Verbrauchsprinzip zulässig sei.
4. Mehrjähriger Turnus
9 Ähnliche Probleme treten bei Betriebskostenarten auf, die zwar laufend entstehen, aber nicht jährlich, sondern in größeren Abständen (Gartenpflege, Erneuerung von Hilfsgeräten, Sperrmüllabfuhr). Hier ist der Vermieter zwar berechtigt, die entstandenen Kosten auf einen längeren Zeitraum, etwa auf die Eichdauer von fünf Jahren, zu verteilen (LG Berlin GE 2003, 121). Verpflichtet ist er dazu allerdings nicht, so daß die Gesamtkosten auch in einer Betriebskostenabrechnung enthalten sein dürfen (Seldeneck, Betriebskosten, Rn. 3032 f.).
10 Für die vereinfachte Ausgabenrechnung nach dem Abflußprinzip (vgl. dazu auch Blank DWW 1992, 65) spricht die Rechtslage im Wohnungseigentumsrecht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts ist der Verwalter verpflichtet, die Jahresabrechnung nach dem Abflußprinzip aufzustellen. Der Eigentümer einer vermieteten Wohnung, der eine solche Abrechnung erhält, könnte nur mit erheblichem Aufwand diese Abrechnung nach dem Abgrenzungsprinzip neu aufstellen. Das Bayerische Oberste Landesgericht führt wörtlich aus (NZM 2000, 875): Die Jahresabrechnung des Verwalters ”ist auf der Grundlage der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben, also der Einzahlungen und Auszahlungen in ein Wirtschaftsjahr aufzustellen. Eine solche einfache Abrechnung entspricht am ehesten der gesetzlichen Regelung, wie sie in §§ 28 I 2, III WEG §§ 675, 666, 259 BGB zu finden ist. Diese Art der Abrechnung ist für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer am besten geeignet, denn sie wird den unverzichtbaren Anforderungen an Übersichtlichkeit und Verständlichkeit gerecht.” Mit Ausnahme des § 28 WEG, der die Abrechnungsprinzipien gerade nicht regelt, sind sämtliche Paragraphen, die das Bayerische Oberste Landesgericht anführt, auch im Mietrecht anwendbar (vgl. OLG Koblenz WuM 1986, 282).
11 Für eine Abrechnung nach dem Abfluß- (hier Zufluß-)prinzip gibt es weitere Gründe. Die Betriebskostenabrechnung soll ”eine sinnvolle Relation zwischen dem Arbeits- und Zeitaufwand des Vermieters einerseits und den schutzwürdigen Interessen des Mieters andererseits einhalten (BGH WuM 1982, 207)”. Praktikabilitäts- und Kostengesichtspunkte sind also nicht unerheblich (LG Mannheim NZM 1999, 365). Eine rückwirkende Korrektur der Betriebskostenabrechnungen würde bei den einzelnen Vermietern oder Hausverwaltungen Verwaltungskosten von geschätzt 30 Millionen Euro verursachen (MM 2003, 13), die als Schadensersatz (positive Vertragsverletzung) von der BSR zu erstatten wären. Eine Refinanzierung dieses Betrages bei der künftigen Gebührenkalkulation wäre unzulässig, so daß letztlich zu befürchten ist, daß der Steuerzahler dafür aufkommen müßte. Im Vergleich dazu werden die Erstattungsbeträge für den einzelnen Mieterhaushalt außerordentlich niedrig sein. Der Fall liegt eben anders als bei der Viterra (MM 2002, 449), wo es sich nur um eine einzige Wohnungsbaugesellschaft handelte.
12 Zieht der Mieter etwa im Jahre 2001 innerhalb Berlins um, erhält er bei einer Abrechnung nach dem Zuflußprinzip die Gutschrift nicht vom alten, sondern vom neuen Vermieter. Allerdings handelt es sich nicht um ein reines Nullsummenspiel, da je nach Art der Wohnung (im Zweifamilienhaus oder im Hochhaus) die anteilige Belastung oder Gutschrift der Straßenreinigungsgebühren unterschiedlich hoch ist. Wichtiger ist der Fall des Vermieterwechsels, wenn etwa im Jahre 2001 das Haus verkauft wird. Abrechnungspflichtig ist der Eigentümer, der zum Ende des Abrechnungszeitraumes Vermieter ist, im Beispielsfall also der Voreigentümer. Dieser ist zu einer Korrektur der Abrechnung - etwa für das Jahr 1999 - nicht verpflichtet, da ihm keine Gutschrift geleistet wurde. Der jetzige Eigentümer muß die Betriebskostenabrechnung ebenfalls nicht zugunsten des Mieters korrigieren, da er am Ende der Abrechnungsperiode nicht Vermieter war. Nur bei einer Abrechnung nach dem Zuflußprinzip wird das unbillige Ergebnis vermieden, daß der Vermieter den Gutschriftenbetrag behält.
13 Der Vermieter ist daher im Rahmen des billigen Ermessens berechtigt, die im Jahre 2003 gutgeschriebenen Straßenreinigungsgebühren nach dem Zuflußprinzip bei der Betriebskostenabrechnung für 2003 zu verbuchen. Diese Wahlfreiheit steht ihm auch dann zu, wenn in der Vergangenheit nach dem Abgrenzungsprinzip abgerechnet wurde. Der Vermieter darf auch in einer Abrechnung bei entsprechender Erläuterung beide Prinzipien verwenden (LG Berlin GE 1998, 1151). Eine Bindung für die Zukunft entsteht aus der Abrechnung nach dem bestimmten Prinzip jedenfalls dann nicht, wenn eine Änderung billigem Ermessen entspricht.
14 Die Wahlfreiheit für den Vermieter bedeutet, daß er auch nach dem Abgrenzungsprinzip die Betriebskostenabrechnungen der Vergangenheit korrigieren kann. Alle (damaligen) Mieter hätten dann eine Gutschrift zu erhalten, auch die ausgezogenen Mieter, deren Anschrift bekannt ist. Zu Ermittlungen ist der Vermieter allerdings nicht verpflichtet. Den Mieter trifft eine nachwirkende Nebenpflicht aus dem beendeten Mietverhältnis, seine neue Anschrift dem bisherigen Vertragspartner mitzuteilen. Verletzt er diese Pflicht, kann er sich nicht darauf berufen, eine Gutschrift nicht erhalten zu haben.
5. Bruttomiete
15 Seit dem 1. September 2001 gilt § 4 Abs. 4 MHG nicht mehr, der die Mietsenkung im Falle der Ermäßigung von Betriebskosten regelte. Nach Art. 229 § 3 Abs. 4 EGBGB ist § 560 Abs. 3 BGB entsprechend anzuwenden, der die Herabsetzung einer Betriebskostenpauschale regelt. Allerdings betrafen die überhöhten Gebühren der BSR Zeiträume bis 1999, die vor dem Inkrafttreten der Mietrechtsreform zum 1. September 2001 lagen. Nach dem Rechtsgedanken der Artikel 170, 171 EGBGB ist allerdings neues Recht (und nicht das MHG) anzuwenden, da der entscheidende Vorgang, die Entdeckung der Zuvielberechnung und Gutschrift, nach dem 1. September 2001 liegt. Ähnlich wie im Fall der Kündigung oder Mieterhöhung ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen für die Frage, welches Recht anwendbar ist. Bei Bruttomietverträgen, die vor dem 1. September 2001 abgeschlossen wurden, ist damit neues Recht anwendbar. Bei Bruttomietverträgen, die nach diesem Zeitpunkt abgeschlossen wurden, gibt es keine Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten und auch keine Verpflichtung zur Senkung von Betriebskosten. Diese Mieter haben keinen Anspruch auf Mietsenkung.
16 Artikel 229 § 3 Abs. 4 EGBGB verweist generell auf die Regelung zur Senkung der Betriebskostenpauschale. Das bedarf einer verfassungsrechtlichen Korrektur, daß die Senkungspflicht mit dem Erhöhungsrecht für die Bruttomiete korrespondiert (Langenberg Seite 135). Es ist daher zu prüfen, ob nach Art. 229 § 3 Abs. 4 EGBGB ein Erhöhungsrecht wegen gestiegener Betriebskosten weiterhin gilt. Das setzt eine Vereinbarung im Mietvertrag voraus, wonach der Mieter Erhöhungen der Betriebskosten zu tragen hat. Eine Verpflichtung des Vermieters, Betriebskostensenkungen weiterzugeben, ohne Betriebskostenerhöhungen geltend machen zu dürfen, verstieße gegen Art. 14 Grundgesetz. Solche im Gesetz ausdrücklich geforderten Vereinbarungen müssen zumindest das Wort ”Betriebskosten” enthalten; ob darüber hinaus auch noch auf die Anlage 3 zu § 27 II. BV verwiesen werden muß, ist zweifelhaft. Folgende Regelungen wären daher nicht ausreichend:
”wenn durch die Erhöhung der Nebenkosten eine Mehrbelastung des Vermieters eintritt, der Mieter einen der vereinbarten Miete zur Gesamtmiete des Grundstücks entsprechenden Anteil zu übernehmen, falls nicht durch Gesetz oder sonstige behördliche Vorschriften eine andersartige Umlegung vorgeschrieben ist.”
”Alle durch gesetzliche oder behördliche Regelungen allgemein oder im konkreten Fall zugelassenen Mieterhöhungen oder Erhöhungen bzw. Neueinführungen von Nebenkosten und Grundstücksumlagen jeder Art sind vom Zeitpunkt der Zulässigkeit ab vereinbart und zahlbar.”
17 Eine Ausnahme gilt für ehemals preisgebundene Altbauwohnungen im Westteil Berlins. Hier galt bis zum 31. Dezember 1987 Preisbindung mit der Folge, daß Nettomieten gesetzlich verboten waren. Nach der früheren Regelung des § 7 Abs. 4 GVW muß für alte Mietverträge, die vor dem 1. Januar 1988 abgeschlossen wurden, ein Mieterhöhungsrecht auch ohne vertraglichen Vorbehalt angenommen werden (vgl. Beuermann/Blümmel, Das neue Mietrecht, Seite 157; Kinne/Schach, Rn. 87 zu § 561 BGB).
18 Bei einem Bruttomietvertrag für eine ehemals preisgebundene Wohnung in West-Berlin, der nach dem 31. Dezember 1987 abgeschlossen wurde, war das GVW nicht anwendbar. Hier ist nach der ausdrücklichen Übergangsregelung der Mietrechtsreform eine vertragliche Vereinbarung erforderlich, daß Betriebskostensteigerungen an die Mieter weitergegeben werden dürfen. Fehlt eine solche Vereinbarung, sind seit dem 1. September 2001 Mieterhöhungen wegen gestiegener Betriebskosten nicht möglich (für die Zeit davor vgl. Seldeneck Rn. 4135 ff.); eine Mietsenkung scheidet dann aus.
19 Eine solche Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten muß allerdings nicht der Senkung vorausgegangen sein. Es gibt zahlreiche Bruttomietverträge, bei denen Vermieter wegen der Kompliziertheit des Verfahrens auf eine Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten verzichtet und sich mit der Mieterhöhung nach § 2 MHG (ortsübliche Vergleichsmiete) begnügt haben. Die herrschende Meinung nimmt jedoch zu Recht an (vgl. Langenberg Seite 132; Schmidt-Futterer/Blank Rn. 78 zu § 4 MHG), daß eine Mietsenkung auch ohne vorherige Mieterhöhung erfolgen muß.
20 Dafür sind zunächst die gesamten Betriebskosten der Ausgangsmiete zu ermitteln. Ausgangsmiete ist die Miete zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, einer späteren Erhöhung nach § 4 Abs. 2 MHG oder nach § 2 MHG, § 558 BGB (KG GE 1997, 1097). Anders als bei der Mieterhöhung selbst, die zur Umrechnung von Bruttomieten in fiktive Nettomieten nach ständiger Rechtsprechung des Landgerichts Berlin pauschale Betriebskostenwerte zugrunde legt, müssen hier die tatsächlichen Betriebskosten (zum Zeitpunkt der Mieterhöhung) angesetzt werden, da nicht Pauschalen mit konkreten Betriebskosten verglichen werden dürfen.
21 Die Summe der in der Ausgangsmiete enthaltenden Betriebskosten ist der Summe der Betriebskosten gegenüberzustellen, die im Zeitpunkt der Ermäßigung anfallen. Was unter dem ”Zeitpunkt der Ermäßigung” zu verstehen ist, ist zweifelhaft. Blank (bei Schmidt-Futterer Rn. 83 zu § 4 MHG) meint, es komme darauf an, wann die Herabsetzung ”in Kraft getreten ist”, während Langenberg (Seite 133) von dem Zeitpunkt des Entstehens der Ermäßigung spricht. Abzustellen sein dürfte auf die tatsächliche Verringerung der Betriebskosten, also die Verringerung der Ausgaben des Vermieters. Voelskow (3. Aufl. Rn. 20 zu § 4 MHG) verweist auf das Beispiel für den Wegfall der Kosten für einen Hausmeister, was zu einer Mietsenkung führen kann. Eine rückwirkende Senkung ist damit nicht gemeint; ähnlich wie beim Abflußprinzip in der Betriebskostenabrechnung ist auf die tatsächliche Senkung abzustellen.
22 Das folgt auch aus einem Vergleich mit der rückwirkenden Erhöhungsmöglichkeit. Der Gesetzgeber hat im § 560 Abs. 2 BGB und 4 Abs. 3 MHG eine solche rückwirkende Erhöhung nur zeitlich eingeschränkt zugelassen. Dabei wurden das Recht des Vermieters, tatsächliche Betriebskostensteigerungen abzuwälzen, und das Recht des Mieters auf Vertrauensschutz gegeneinander abgewogen. Eine unbegrenzte Rückwirkung für die Betriebskostensenkung würde einer solchen Interessenabwägung nicht entsprechen.
23 Der Vermieter hat die Ermäßigung dem Mieter unverzüglich mitzuteilen, wobei frühester Zeitpunkt die Kenntnis von der Ermäßigung ist. Das war hier nicht vor den ersten Presseberichten im Oktober/November 2002. Ob dabei bis zum Ende eines fiktiven ”Abrechnungsjahres” gewartet werden darf (so Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl. Rn. 29 zu § 560 BGB), ist zweifelhaft. Schon um einer Auskunftsklage des Mieters (Langenberg Seite 134) zuvorzukommen, sollte bei einer Bruttomiete die Berechnung, ob eine Mietsenkung anzunehmen ist, baldmöglich (§ 121 BGB: ohne schuldhaftes Zögern) vorgenommen werden. Bleibt der Vermieter untätig, weil nach seinen Berechnungen ein Mietsenkungsanspruch ausscheidet, oder teilt er dies dem Mieter ohne Begründung mit, ist der Auskunftsanspruch des Mieters nicht erfüllt, so daß spätestens nach entsprechender Aufforderung durch den Mieter eine konkrete Berechnung vorzulegen ist.
6. Zusammenfassung
24 Bei einer Nettomiete hat der Vermieter ein Wahlrecht, ob er die im Jahre 2003 eingesparten BSR-Gebühren bei der Betriebskostenabrechnung für dieses Jahr berücksichtigt oder die Abrechnungen der vergangenen Jahre korrigiert. Bei einer Bruttomiete kommt es darauf an, ob der Vermieter wegen gestiegener Betriebskosten eine Mieterhöhung vornehmen durfte. In diesem Fall ist er zur Mietsenkung verpflichtet, wobei es auf die Summe der Betriebskosten des Jahres 2003 im Vergleich zu der Summe der Betriebskosten der Ausgangsmiete ankommt.
Autor: RiAG Rudolf Beuermann