Archiv / Suche
Mietminderung
Gehwegsarbeiten vor Modegeschäft
20.05.2003 (GE 10/03, Seite 630) Straßenbauarbeiten vor einem Ladengeschäft können den Ladeninhaber zur Mietminderung berechtigen, selbst wenn der Vermieter für die Arbeiten überhaupt nicht verantwortlich ist.
Der Fall: Vor einem Modegeschäft wurden umfangreiche Gehwegsarbeiten mit entsprechenden Lärm-, Staub- und Schmutzbelästigungen durchgeführt. Der Gewerbemieter minderte und bekam vor dem Amts- und Landgericht teilweise recht.
Die Entscheidung: Das Landgericht Berlin, ZK 67, kam zu dem Ergebnis, daß die Mietminderung teilweise berechtigt war. Denn äußere Einwirkungen könnten die Eignung von gemieteten Gewerberäumen zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigen und unabhängig davon einen Mangel der Mietsache begründen, ob sie vom Vermieter als Eigentümer nach § 906 BGB geduldet werden müssen.
Der Kommentar: Zunächst wird auf die Entscheidung des Kammergerichts in GE 2003, 115 sowie auf die Kommentierung dazu in GE 2003, 90 f. Bezug genommen. In dem dortigen Fall handelte es sich um ein Baugeschehen in der Nachbarschaft, was den Mieter zur Mietminderung veranlaßte. Land- und Kammergericht waren zu dem Ergebnis gekommen, daß schon bei Mietvertragsabschluß mit diesem Bau zu rechnen gewesen sei, der Mieter also schon mit diesem Bauproblem behaftete Räume gemietet habe.
Es stellt sich nun die Frage, ob diese Argumentation auch für den Fall Platz greifen kann, in dem Straßen- bzw. Gehwegsarbeiten in unmittelbarer Nähe des Mietobjektes durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang gibt es die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 18. November 1997 (NZM 1998, 481), wonach kein Mangel der vermieteten Sache vorliegt, wenn im Zuge von Straßenbauarbeiten der Zugang zu einem vermieteten Ladenlokal behindert wird. Denn jeder Anlieger müsse hinnehmen, daß die Straße, von der er Nutzen ziehen könne, entsprechend den öffentlichen Bedürfnissen erneuert und umgestaltet werde. Er könne nicht darauf vertrauen, daß sie im gleichen Zustand verbleibe, wie er sie vorgefunden habe. So wie er die Chancen nutzen könnte, die sich aus der Lage an der Straße böten, so müsse er auch die damit unweigerlich verbundenen Beeinträchtigungen tragen. Das gelte sowohl für den Eigentümer als auch den Mieter.
Die ZK 67 meint, in dieser Entscheidung werde verkannt, daß das Äquivalenzverhältnis zwischen den Hauptleistungspflichten gestört werde, wenn der ungehinderte Zugang zu den vermieteten Gewerberäumen durch Bauarbeiten auf dem Gehsteig beeinträchtigt würde. Es könne nicht ausschließlich auf das Risiko der Anlieger abgestellt werden. Es gebe im übrigen keinen pauschalen Erfahrungssatz des Inhalts, daß im Stadtbezirk Mitte von Berlin stets mit Bauarbeiten im Bereich der Verkehrswege zu rechnen sei. Unabhängig von der Frage, ob derzeit noch in bestimmten Bezirken von Berlin, so auch im Stadtbezirk Mitte, mit Bauarbeiten im Bereich der Verkehrswege gerechnet werden muß, weil eben in den neuen Bundesländern die Infrastruktur noch anzugleichen ist, stellt sich tatsächlich wohl die Frage, ob nicht mit Straßenarbeiten immer gerechnet werden muß, derartige Arbeiten also mietvertragsimmanent sind. Das dürfte jedenfalls für Ausbesserungs- und Sanierungsarbeiten gelten, die der Mieter hinnehmen müßte, ohne von seinem Vermieter Mietminderung verlangen zu können.
Es bleiben gravierende Straßenbauarbeiten, die zu ganz erheblichen Beeinträchtigungen führen, wie Erschütterungen, Lärm- und Staubentwicklung. Das OLG Düsseldorf trifft auch eine entsprechende Abgrenzung und trennt zwischen den „normalen” Beeinträchtigungen und Arbeiten, die dieses Maß überschreiten. Hierzu verweist das Gericht allerdings auf einen entsprechenden Entschädigungsanspruch nach dem Straßengesetz von Nordrhein-Westfalen, den auch der Anlieger, somit auch der Mieter als Betriebsinhaber, in Anspruch nehmen könne. Für einen derartigen Verweis ist rechtlich keine Grundlage ersichtlich - unabhängig davon, daß das Berliner Straßengesetz derartiges nicht vorsieht. Im Verhältnis der Mietvertragsparteien kommt es nur darauf an, ob bei Abschluß des Mietvertrages der Mieter mit bestimmten Arbeiten rechnen mußte, was bei normalen Erhaltungsarbeiten an der Straße der Fall ist, aber nicht bei tiefgreifenden Umgestaltungsarbeiten. Insofern kann im Ergebnis der Entscheidung der ZK 67 zugestimmt werden, weil in der entsprechenden Beweisaufnahme erhebliche Eingriffe in das Straßenland festgestellt worden waren.
LG Berlin, Urteil vom 13. Februar 2003 - 67 S 277/02 - Wortlaut Seite 669
Die Entscheidung: Das Landgericht Berlin, ZK 67, kam zu dem Ergebnis, daß die Mietminderung teilweise berechtigt war. Denn äußere Einwirkungen könnten die Eignung von gemieteten Gewerberäumen zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigen und unabhängig davon einen Mangel der Mietsache begründen, ob sie vom Vermieter als Eigentümer nach § 906 BGB geduldet werden müssen.
Der Kommentar: Zunächst wird auf die Entscheidung des Kammergerichts in GE 2003, 115 sowie auf die Kommentierung dazu in GE 2003, 90 f. Bezug genommen. In dem dortigen Fall handelte es sich um ein Baugeschehen in der Nachbarschaft, was den Mieter zur Mietminderung veranlaßte. Land- und Kammergericht waren zu dem Ergebnis gekommen, daß schon bei Mietvertragsabschluß mit diesem Bau zu rechnen gewesen sei, der Mieter also schon mit diesem Bauproblem behaftete Räume gemietet habe.
Es stellt sich nun die Frage, ob diese Argumentation auch für den Fall Platz greifen kann, in dem Straßen- bzw. Gehwegsarbeiten in unmittelbarer Nähe des Mietobjektes durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang gibt es die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 18. November 1997 (NZM 1998, 481), wonach kein Mangel der vermieteten Sache vorliegt, wenn im Zuge von Straßenbauarbeiten der Zugang zu einem vermieteten Ladenlokal behindert wird. Denn jeder Anlieger müsse hinnehmen, daß die Straße, von der er Nutzen ziehen könne, entsprechend den öffentlichen Bedürfnissen erneuert und umgestaltet werde. Er könne nicht darauf vertrauen, daß sie im gleichen Zustand verbleibe, wie er sie vorgefunden habe. So wie er die Chancen nutzen könnte, die sich aus der Lage an der Straße böten, so müsse er auch die damit unweigerlich verbundenen Beeinträchtigungen tragen. Das gelte sowohl für den Eigentümer als auch den Mieter.
Die ZK 67 meint, in dieser Entscheidung werde verkannt, daß das Äquivalenzverhältnis zwischen den Hauptleistungspflichten gestört werde, wenn der ungehinderte Zugang zu den vermieteten Gewerberäumen durch Bauarbeiten auf dem Gehsteig beeinträchtigt würde. Es könne nicht ausschließlich auf das Risiko der Anlieger abgestellt werden. Es gebe im übrigen keinen pauschalen Erfahrungssatz des Inhalts, daß im Stadtbezirk Mitte von Berlin stets mit Bauarbeiten im Bereich der Verkehrswege zu rechnen sei. Unabhängig von der Frage, ob derzeit noch in bestimmten Bezirken von Berlin, so auch im Stadtbezirk Mitte, mit Bauarbeiten im Bereich der Verkehrswege gerechnet werden muß, weil eben in den neuen Bundesländern die Infrastruktur noch anzugleichen ist, stellt sich tatsächlich wohl die Frage, ob nicht mit Straßenarbeiten immer gerechnet werden muß, derartige Arbeiten also mietvertragsimmanent sind. Das dürfte jedenfalls für Ausbesserungs- und Sanierungsarbeiten gelten, die der Mieter hinnehmen müßte, ohne von seinem Vermieter Mietminderung verlangen zu können.
Es bleiben gravierende Straßenbauarbeiten, die zu ganz erheblichen Beeinträchtigungen führen, wie Erschütterungen, Lärm- und Staubentwicklung. Das OLG Düsseldorf trifft auch eine entsprechende Abgrenzung und trennt zwischen den „normalen” Beeinträchtigungen und Arbeiten, die dieses Maß überschreiten. Hierzu verweist das Gericht allerdings auf einen entsprechenden Entschädigungsanspruch nach dem Straßengesetz von Nordrhein-Westfalen, den auch der Anlieger, somit auch der Mieter als Betriebsinhaber, in Anspruch nehmen könne. Für einen derartigen Verweis ist rechtlich keine Grundlage ersichtlich - unabhängig davon, daß das Berliner Straßengesetz derartiges nicht vorsieht. Im Verhältnis der Mietvertragsparteien kommt es nur darauf an, ob bei Abschluß des Mietvertrages der Mieter mit bestimmten Arbeiten rechnen mußte, was bei normalen Erhaltungsarbeiten an der Straße der Fall ist, aber nicht bei tiefgreifenden Umgestaltungsarbeiten. Insofern kann im Ergebnis der Entscheidung der ZK 67 zugestimmt werden, weil in der entsprechenden Beweisaufnahme erhebliche Eingriffe in das Straßenland festgestellt worden waren.
LG Berlin, Urteil vom 13. Februar 2003 - 67 S 277/02 - Wortlaut Seite 669
Autor: Klaus Schach