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Die Tarifstelle 2034
09.05.2003 (GE 9/03, Seite 541) Rund 1,88 Millionen Wohnungen gibt es zur Zeit in Berlin. Im letzten Jahr sind ganze 5.182 Wohnungen dazugekommen - 4.697 durch Neubau, der Rest durch Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden. Nun mag man mit einer gewissen Berechtigung sagen, daß 5.182 weitere Wohnungen angesichts eines Leerstandes von über 140.000 Wohnungen 5.182 Wohnungen zuviel seien, doch so einfach ist die Sache nicht.
Der Markt, auch der Wohnungsmarkt, funktioniert nun mal nicht nach den überkommen Grundsätzen von Kindererziehung (Motto: „Gegessen wird, was auf den Tisch kommt“), so daß es sehr wohl sinnvoll sein kann, in Teilen der Stadt - etwa im Süden und Südwesten - große Wohnungen zu bauen, weil das der Nachfrage entspricht, während andere Teile der Stadt sich eher für Abrißaktivitäten anbieten.
Nun sollen Häuser - mindestens - hundert Jahre halten. Doch wie lange hält dieser Grundsatz in unserer beschleunigten Gesellschaft, wo sich alles alle Nase lang ändert?
Gemessen an der 100jährigen Lebensdauer betrüge allein der notwendige Ersatzwohnungsbau bei 1,88 Millionen Wohnungen jährlich 18.800. Rechnet man vom Leerstand die für Umzüge notwendige Leerstandsreserve (rund 50.000 bis 60.000) ab, können wir - und auch nur, wenn nach veralteter Kindererziehungsmethode gearbeitet wird (siehe oben) - bestenfalls noch vier Jahre die Hände in den Schoß legen. Dann könnte der Markt schon wieder enger werden.
Weitere Argumente sprechen dafür, sich wieder mit einer Philosophie des Bauens und des zyklischen Erneuerns zu beschäftigen. Zum einen die große volkswirtschaftliche Komponente, war doch die Bau- und Immobilienwirtschaft immer Konjunkturlokomotive. Außerdem gilt bei allen Dellen der Bevölkerungsentwicklung durch die gesamte Menschheitsgeschichte eine große Konstante: Menschen gehen immer dahin, wo schon Menschen sind. Von der Horde am Feuer gings weiter zum Meiler, vom Meiler zum Dorf, vom Dorf zur Stadt, von der Stadt zur Metropole. Der Mensch ist das kommunikativ am höchsten entwickelte Erdenwesen, deshalb drängeln sich möglichst viele Menschen immer an einer Stelle - auch das spricht dafür, daß Berlin weiter wächst und sein Wohnungsbestand ständig neuen Wohnbedürfnissen angepaßt und erweitert werden muß.
Dazu freilich bedürfte es auch einer anderer Haltung der Stadt Berlin gegenüber denjenigen, die durch unternehmerische Aktivitäten den sich ändernden Wohnbedürfnissen der Bevölkerung durch Neubau, Ausbau, An- und Ersatzbau Rechnung tragen wollen und damit ja nicht nur für einen wichtigen Standortfaktor sorgen, sondern außerdem Handwerkern und Bauarbeitern Lohn und Brot geben und - wenn gebaut ist - auch für Steuereinnahmen sorgen.
Im Moment freilich stehen die Bauampeln noch auf Rot - das anschaulichste Beispiel dafür ist die Tarifstelle 2034 in der Berliner Baugebührenordnung, die mit ihrer Gebühr für die Befreiung vom Maß der baulichen Nutzung dafür sorgt, jede Renditeberechnung in die Sackgasse zu führen. Wer für die Errichtung eines Wohngebäudes - so in einem jetzt rechtshängig gemachten Fall aus Berlin-Steglitz - nur eben mal so eine Befreiungsgebühr von fast 120.000 E zahlen soll, wird sich das dreimal überlegen, ob er Baukolonnen anrücken läßt.
Für den Staat ist diese Beutelschneiderei insgesamt ein schlechtes Geschäft, wenn man eine Gesamtbilanz aufstellt: Gebühreneinnahmen gegenüber Steuerausfällen, Arbeits- und Sozialhilfe etc. Freilich ist unsere Finanzverfassung so aufgebaut, daß sie verantwortungslosen Egoismus belohnt, statt bestraft. Wenn das Land Berlin 120.000 E Befreiungsgebühr kassieren kann, ist es ihm egal, ob dafür das Arbeitsamt ein paar Bauarbeiter mehr bezahlen muß. Auch das macht einen Teil unseres wirtschaftlichen Elends aus.
Nun sollen Häuser - mindestens - hundert Jahre halten. Doch wie lange hält dieser Grundsatz in unserer beschleunigten Gesellschaft, wo sich alles alle Nase lang ändert?
Gemessen an der 100jährigen Lebensdauer betrüge allein der notwendige Ersatzwohnungsbau bei 1,88 Millionen Wohnungen jährlich 18.800. Rechnet man vom Leerstand die für Umzüge notwendige Leerstandsreserve (rund 50.000 bis 60.000) ab, können wir - und auch nur, wenn nach veralteter Kindererziehungsmethode gearbeitet wird (siehe oben) - bestenfalls noch vier Jahre die Hände in den Schoß legen. Dann könnte der Markt schon wieder enger werden.
Weitere Argumente sprechen dafür, sich wieder mit einer Philosophie des Bauens und des zyklischen Erneuerns zu beschäftigen. Zum einen die große volkswirtschaftliche Komponente, war doch die Bau- und Immobilienwirtschaft immer Konjunkturlokomotive. Außerdem gilt bei allen Dellen der Bevölkerungsentwicklung durch die gesamte Menschheitsgeschichte eine große Konstante: Menschen gehen immer dahin, wo schon Menschen sind. Von der Horde am Feuer gings weiter zum Meiler, vom Meiler zum Dorf, vom Dorf zur Stadt, von der Stadt zur Metropole. Der Mensch ist das kommunikativ am höchsten entwickelte Erdenwesen, deshalb drängeln sich möglichst viele Menschen immer an einer Stelle - auch das spricht dafür, daß Berlin weiter wächst und sein Wohnungsbestand ständig neuen Wohnbedürfnissen angepaßt und erweitert werden muß.
Dazu freilich bedürfte es auch einer anderer Haltung der Stadt Berlin gegenüber denjenigen, die durch unternehmerische Aktivitäten den sich ändernden Wohnbedürfnissen der Bevölkerung durch Neubau, Ausbau, An- und Ersatzbau Rechnung tragen wollen und damit ja nicht nur für einen wichtigen Standortfaktor sorgen, sondern außerdem Handwerkern und Bauarbeitern Lohn und Brot geben und - wenn gebaut ist - auch für Steuereinnahmen sorgen.
Im Moment freilich stehen die Bauampeln noch auf Rot - das anschaulichste Beispiel dafür ist die Tarifstelle 2034 in der Berliner Baugebührenordnung, die mit ihrer Gebühr für die Befreiung vom Maß der baulichen Nutzung dafür sorgt, jede Renditeberechnung in die Sackgasse zu führen. Wer für die Errichtung eines Wohngebäudes - so in einem jetzt rechtshängig gemachten Fall aus Berlin-Steglitz - nur eben mal so eine Befreiungsgebühr von fast 120.000 E zahlen soll, wird sich das dreimal überlegen, ob er Baukolonnen anrücken läßt.
Für den Staat ist diese Beutelschneiderei insgesamt ein schlechtes Geschäft, wenn man eine Gesamtbilanz aufstellt: Gebühreneinnahmen gegenüber Steuerausfällen, Arbeits- und Sozialhilfe etc. Freilich ist unsere Finanzverfassung so aufgebaut, daß sie verantwortungslosen Egoismus belohnt, statt bestraft. Wenn das Land Berlin 120.000 E Befreiungsgebühr kassieren kann, ist es ihm egal, ob dafür das Arbeitsamt ein paar Bauarbeiter mehr bezahlen muß. Auch das macht einen Teil unseres wirtschaftlichen Elends aus.
Autor: Dieter Blümmel