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Wohngeld
Auch unberechtigter Untermieter hat Anspruch
09.05.2003 (GE 9/03, Seite 559) Nach § 3 Wohngeldgesetz ist nicht nur der Mieter von Wohnraum antragsberechtigt für die Bewilligung von Wohngeld, sondern auch der Untermieter. Ob die Untervermietung vom Vermieter genehmigt wurde, ist nach Auffassung der Gerichte unerheblich.
Der Fall: Die Mieterin einer Genossenschaftswohnung war zwar noch dort gemeldet, wohnte aber in der Wohnung offenbar nicht mehr. Jedenfalls hatte sie die gesamte Wohnung an ihre Tochter untervermietet, die Wohngeld beantragte. Das Bezirksamt hatte Zweifel an der Gültigkeit des Untermietvertrages, der möglicherweise nur deshalb vorgelegt worden sei, um die Voraussetzungen für eine Wohngeldgewährung zu schaffen.

Das Urteil: Mit Urteil vom 31. Januar 2002 gab das Verwaltungsgericht Berlin der Verpflichtungsklage statt und verwies auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach auch der Untermieter Anspruch auf Wohngeld habe. Es komme noch nicht einmal darauf an, ob überhaupt ein Untermietvertrag wirksam abgeschlossen worden sei, da nur bei Erlangung der Räume durch verbotene Eigenmacht ein Anspruch ausscheide.

Anmerkung: Das Urteil verpflichtet die Behörde zur Unterstützung eines rechtswidrigen Zustands. In den Entscheidungsgründen ist ausdrücklich ausgeführt, es sei allgemein bekannt, daß billige Genossenschaftswohnungen unter der Hand weitergegeben werden. Daß dies gegen das Gesetz verstößt (§ 540 BGB n. F.), beeindruckte das Verwaltungsgericht nicht. In der Tat heißt es in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Januar 1980 (BVerwG 59, 282), daß auch nach Beendigung eines Miet- oder Untermietverhältnisses ein Wohngeldanspruch weiter besteht, wenn ein Nutzungsentgelt gezahlt wird. Eine Ausnahme gelte nur für die verbotene Eigenmacht. Eine Begründung fehlt für diese Ausnahme, obwohl nach Beendigung eine Vertragsverhältnisses eine verbotene Eigenmacht (rechtswidrige Besitzerlangung) immer ausscheidet. Folgt man der Argumentation des Verwaltungsgerichts, ist nicht nur der ehemalige Mieter, der nach wirksamer Kündigung die Nutzung fortsetzt, wohngeldberechtigt, sondern auch der Mieter, dessen Vertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung, etwa über seine Einkommensverhältnisse, vom Vermieter angefochten wurde, oder der „Mieter“, der schon vor Abschluß des Mietvertrages die Schlüssel ausgehändigt bekommt und alsdann keine Notwendigkeit mehr sieht, den schriftlichen Mietvertrag zu unterzeichnen.
Übersehen wird dabei, daß die Einheit der Rechtsordnung gebietet, einen nach dem Mietrecht rechtswidrigen Zustand nicht öffentlich-rechtlich zu unterstützen. Der Sozialstaat mutiert zum permissiven Staat, der sich alles gefallen läßt, wenn hier allein auf die Einkommensverhältnisse des Wohnraumnutzers abgestellt wird. Schließlich ergibt sich auch aus dem Gesamtkontext des Wohngeldgesetzes, das von dem Nutzungsberechtigten spricht, daß nur eine rechtmäßige Nutzung Voraussetzung für die Wohngeldbewilligung ist. Sicher macht es Arbeit, wenn die Verwaltungsgerichte materielle Fragen der Nutzungsberechtigung auch dann prüfen müssen, wenn ein ausgefülltes Untermietformular vorgelegt wird. Dem Wortlaut und dem Sinn des Wohngeldgesetzes entspricht es jedoch mehr, wenn auch die Berechtigung zur (Weiter-) Nutzung geprüft wird.
Rudolf Beuermann
VG Berlin, Urteil vom 31. Januar 2002 - VG 21 A 646.00 - Wortlaut Seite 597