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Ränkespiel
09.05.2003 (GE 9/03, Seite 548) Innovationskraft zeigt die Berliner CDU seit dem Machtverlust fast nur noch in der Produktion negativer Schlagzeilen über Auseinandersetzungen in den eigenen Reihen. Zeit, auch mal den politischen Gegner zu attackieren, scheint da nicht mehr zu sein.
Exemplarisch für die Situation der Hauptstadt-CDU ist der Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, Frank Steffel. Einerseits hat Steffel stabil die negativsten Umfragewerte aller CDU-Politiker seit Erfindung der Meinungsumfragen, andererseits gibt es weit und breit keinen bei den Berliner Christdemokraten, der die Klaviatur der Machterhaltung so beherrscht wie er - sonst wäre er bei seinen Beliebtheitswerten längst abgewählt worden und hätte es auch nicht geschafft, den ungeliebten Landesvorsitzenden Christoph Stölzl wegmobben zu lassen. Das freilich könnte sich als Pyrrhussieg erweisen. Der abgedrängte Stölzl rächte sich an Steffel mit hintersinnigen Bemerkungen in einer Zeitungskolumne, wo er Politik mit Motorradfahren verglich und süffisant bemerkte, wie beim Motorradfahren müssen man auch in der Politik Abstand von denen halten, die „im gleichen Pulk unterwegs“ seien und „wer unversehrt ans Ziel kommen wolle, tue gut daran, niemanden zu hindern, sich rücksichtslos vorbeizudrängeln.“ Machos hätten keine gute Prognose auf dem Motorrad, lästerte Stölzl weiter, sie „stoppten sich ganz von alleine.“ Noch deutlicher als der Feingeist Stölzl äußerten sich die beiden Unternehmer und CDU-Mitglieder Hartwig Piepenbrock und Klaus Krone in einem Brief an Steffel. Im aktuellen Ränkespiel habe Steffel eine „nicht mehr verantwortbare Rolle“ eingenommen. Er solle doch bitte den Fraktionssitz aufgeben und erklären, für eine Spitzenposition in der Berliner CDU nicht mehr zu Verfügung zu stehen, denn er sei schlicht ein „unverkäuflicher Politiker“. Als erneuten Spitzenkandidaten der Berliner CDU bei den nächsten Abgeordnetenhauswahlen sieht sich Steffel aber offenbar nicht, wie er kurz nach der heftigen Unternehmerkritik der Berliner Morgenpost anvertraute. Aber das ist ja auch gleichgültig, wer unter Steffel Spitzenkandidat wird - es sei denn, es wird ein bekannter und gestandener Bundespolitiker. Diese Forderung stellte das CDU-Urgestein Peter Radunski, der auch dem früheren Finanzsenator Peter Kurth wieder mehr Einfluß verschafft sehen möchte, in einem Anti-Steffel-Papier auf.