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Sind wir noch bei Trost?
11.03.2003 (GE 5/03, Seite 273) Die Frage in der Überschrift stelle ich mir fast täglich, Anlässe gibt es genug. Zum Beispiel diesen neuen Vorlagebeschluß des Landgerichts Frankfurt am Main an das Bundesverfassungsgericht.
Worum ging es? Zunächst nur um eine der vielen Werklohnforderungen, die Handwerker heute leider immer häufiger einklagen müssen. So weit, so schlecht. Doch das Gericht entschied nicht, sondern setzte das Verfahren aus. Der Grund: Die Richter hielten sich für unterbezahlt (!) und weigerten sich, ihre Arbeit zu tun. Nun wollen sie vom Bundesverfassungsgericht wissen, ob sie wirklich arbeiten müssen.
Sie glauben das nicht? Ich habe meinen Augen zuerst auch nicht getraut.
Aber wie das so ist bei Juristen: Eine Begründung haben sie immer, auch dafür, den Stillstand der Rechtspflege einzuleiten. Und die liest sich so:
Die Besoldung der Richter in der Besoldungsstufe R1 (das sind Amtsrichter und Beisitzer einer Zivilkammer beim Landgericht) verstoße, jedenfalls was die beisitzenden Landrichter beträfe, nach der Reform der Zivilprozeßordnung zum 1. Januar 2002 gegen den Gleichheitsgrundsatz. Denn, vereinfacht gesagt, danach müßten die Beisitzer entweder soviel verdienen wie die Vorsitzenden Richter oder diese entsprechend weniger.
Nach der Reform der Zivilprozeßordnung würden nämlich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, alle Rechtsstreitigkeiten erstinstanzlich beim Landgericht Einzelrichtern übertragen, die nur in besonders gelagerten Einzelfällen eine Entscheidung der gesamten Zivilkammer herbeiführen dürften. Damit entfalle letztlich die besondere Stellung des Vorsitzenden einer Zivilkammer, der jetzt wie jedes andere Kammermitglied - Gleichheitsgebot ist Gleichheitsgebot - eine gleichgroße Anzahl von Verfahren bearbeiten müsse. Konsequenz dieses Stellungsverlustes sei: entweder Absenkung der Besoldungsstufe R2 für Vorsitzende Richter auf R1 oder - besser - Anhebung der Besoldungsstufe R1 auf R2.
Daß die vorlegende Kammer für eine Gleichheit auf höherem (Gehalts-) Niveau streitet, versteht sich von selbst. Die „Richtergehälter in Deutschland (sind) allenfalls durchschnittlich“, heißt es in ihrer Entscheidung, in der sich - man fragt sich: Ist das ein Gerichtsbeschluß oder ein Gewerkschaftspapier? - auch bittere Worte über die berufsständischen Vertretungen der Richter finden.
Das Bundesverfassungsgericht darf, wenn es mißbräuchlich angerufen wird, eine Mißbrauchsgebühr verhängen, was es selten tut und hier nicht darf, denn die Mißbrauchsgebühr gilt nur für Verfassungsbeschwerden (vgl. § 34 BVerfGG), für Richtervorlagen nicht. Leider. Hier wäre sie wohl gerechtfertigt. Denn was soll ein Bürger, der sein Recht ja nicht mehr im Wege der Fehde durchsetzen darf, sondern auf das staatliche Gewaltmonopol verwiesen ist, von eben diesem Gewaltmonopol in Form einer landgerichtlichen Zivilkammer halten, wenn sie die Arbeit verweigert und, statt Recht zu sprechen, eine Vorlage ans Bundesverfassungsgericht dazu nutzt, ein höheres Gehalt zu fordern und, weil die angeblich unfähig sind, eine Philippika gegen die eigenen Berufsstände zu fahren und die auch noch in einen Gerichtsbeschluß zu schreiben?
Kostprobe gefällig?
„Die Berufsverbände (der Richter, Anm.) glauben sich insoweit der angeblich angespannten Haushaltslage angepaßt zu haben, ohne überhaupt einmal darzulegen, daß möglicherweise keine weiteren Kosten entstehen; im übrigen ist es die Aufgabe von Berufsverbänden, die Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen und nicht primär staatlichen zu entsprechen. Es entspricht aber auch der bisherigen Praxis, insbesondere des Deutschen Richterbundes, keine eigenen neuen Vorschläge zu unterbreiten, sondern sich mehr oder weniger ständig in Kritik zu ergehen.”
Ich finde, daß solche Richter in einer Robe nichts zu suchen haben. Aber die Herren sind ja nicht allein auf weiter Flur. Die Anspruchshaltung ist allgegenwärtig. Die Berliner Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes interessiert nicht, daß ihr Arbeitgeber pleite ist, vor allem, weil er viel zu viele Bedienstete hat. Da muß man eben Schulden machen oder das Volk noch weiter auspressen. Ärzte klagen, um ihren Bereitschaftsdienst als volle Arbeitszeit anerkennen zu lassen (Sauerbruch hat noch seinen über zu wenig Schlaf klagenden Assistenzärzten sagen dürfen: „Sie wollen sich doch wohl nicht wundliegen?“). Nachgewiesenermaßen unfähigen Unternehmensführern stopft man beim erzwungenen Abschied auch noch die Taschen voll, statt sie zur Verantwortung zu ziehen. Bankdirektoren finanziert man ihre Strafprozesse (!).
Die Frankfurter Richter sind mit ihrer Haltung also nicht allein. Leider. Aber vielleicht stellen die Bundesverfassungsrichter die Weichen mal wieder richtig und ihren Kollegen in leicht abgewandelter Form die Frage aus der Überschrift.
Sie glauben das nicht? Ich habe meinen Augen zuerst auch nicht getraut.
Aber wie das so ist bei Juristen: Eine Begründung haben sie immer, auch dafür, den Stillstand der Rechtspflege einzuleiten. Und die liest sich so:
Die Besoldung der Richter in der Besoldungsstufe R1 (das sind Amtsrichter und Beisitzer einer Zivilkammer beim Landgericht) verstoße, jedenfalls was die beisitzenden Landrichter beträfe, nach der Reform der Zivilprozeßordnung zum 1. Januar 2002 gegen den Gleichheitsgrundsatz. Denn, vereinfacht gesagt, danach müßten die Beisitzer entweder soviel verdienen wie die Vorsitzenden Richter oder diese entsprechend weniger.
Nach der Reform der Zivilprozeßordnung würden nämlich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, alle Rechtsstreitigkeiten erstinstanzlich beim Landgericht Einzelrichtern übertragen, die nur in besonders gelagerten Einzelfällen eine Entscheidung der gesamten Zivilkammer herbeiführen dürften. Damit entfalle letztlich die besondere Stellung des Vorsitzenden einer Zivilkammer, der jetzt wie jedes andere Kammermitglied - Gleichheitsgebot ist Gleichheitsgebot - eine gleichgroße Anzahl von Verfahren bearbeiten müsse. Konsequenz dieses Stellungsverlustes sei: entweder Absenkung der Besoldungsstufe R2 für Vorsitzende Richter auf R1 oder - besser - Anhebung der Besoldungsstufe R1 auf R2.
Daß die vorlegende Kammer für eine Gleichheit auf höherem (Gehalts-) Niveau streitet, versteht sich von selbst. Die „Richtergehälter in Deutschland (sind) allenfalls durchschnittlich“, heißt es in ihrer Entscheidung, in der sich - man fragt sich: Ist das ein Gerichtsbeschluß oder ein Gewerkschaftspapier? - auch bittere Worte über die berufsständischen Vertretungen der Richter finden.
Das Bundesverfassungsgericht darf, wenn es mißbräuchlich angerufen wird, eine Mißbrauchsgebühr verhängen, was es selten tut und hier nicht darf, denn die Mißbrauchsgebühr gilt nur für Verfassungsbeschwerden (vgl. § 34 BVerfGG), für Richtervorlagen nicht. Leider. Hier wäre sie wohl gerechtfertigt. Denn was soll ein Bürger, der sein Recht ja nicht mehr im Wege der Fehde durchsetzen darf, sondern auf das staatliche Gewaltmonopol verwiesen ist, von eben diesem Gewaltmonopol in Form einer landgerichtlichen Zivilkammer halten, wenn sie die Arbeit verweigert und, statt Recht zu sprechen, eine Vorlage ans Bundesverfassungsgericht dazu nutzt, ein höheres Gehalt zu fordern und, weil die angeblich unfähig sind, eine Philippika gegen die eigenen Berufsstände zu fahren und die auch noch in einen Gerichtsbeschluß zu schreiben?
Kostprobe gefällig?
„Die Berufsverbände (der Richter, Anm.) glauben sich insoweit der angeblich angespannten Haushaltslage angepaßt zu haben, ohne überhaupt einmal darzulegen, daß möglicherweise keine weiteren Kosten entstehen; im übrigen ist es die Aufgabe von Berufsverbänden, die Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen und nicht primär staatlichen zu entsprechen. Es entspricht aber auch der bisherigen Praxis, insbesondere des Deutschen Richterbundes, keine eigenen neuen Vorschläge zu unterbreiten, sondern sich mehr oder weniger ständig in Kritik zu ergehen.”
Ich finde, daß solche Richter in einer Robe nichts zu suchen haben. Aber die Herren sind ja nicht allein auf weiter Flur. Die Anspruchshaltung ist allgegenwärtig. Die Berliner Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes interessiert nicht, daß ihr Arbeitgeber pleite ist, vor allem, weil er viel zu viele Bedienstete hat. Da muß man eben Schulden machen oder das Volk noch weiter auspressen. Ärzte klagen, um ihren Bereitschaftsdienst als volle Arbeitszeit anerkennen zu lassen (Sauerbruch hat noch seinen über zu wenig Schlaf klagenden Assistenzärzten sagen dürfen: „Sie wollen sich doch wohl nicht wundliegen?“). Nachgewiesenermaßen unfähigen Unternehmensführern stopft man beim erzwungenen Abschied auch noch die Taschen voll, statt sie zur Verantwortung zu ziehen. Bankdirektoren finanziert man ihre Strafprozesse (!).
Die Frankfurter Richter sind mit ihrer Haltung also nicht allein. Leider. Aber vielleicht stellen die Bundesverfassungsrichter die Weichen mal wieder richtig und ihren Kollegen in leicht abgewandelter Form die Frage aus der Überschrift.
Autor: Dieter Blümmel