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Aus der Praxis für die Praxis
Verbändevereinbarung zum Wärmeliefer-Contracting
11.03.2003 (GE 5/03, Seite 288) Am 26. November 2002 wurde in Berlin vor den zahlreich erschienenen Vertretern der Presse, der Wohnungswirtschaft und von Energiedienstleistungsunternehmen die Verbändevereinbarung zum Energieliefer-Contracting vorgestellt. Mit dieser Vereinbarung haben sich die Contractoren, vertreten durch ihre Verbände PECU (Bundesverband Privatwirtschaftlicher Energie-Contracting-Unternehmen e. V., Mainz) und VfW (Verband für Wärmelieferung, Hannover, Landesgruppe Berlin) einerseits und BBU (Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsbauunternehmen e. V., Berlin) andererseits auf Rahmenrichtlinien geeinigt, die die großflächige Einführung des Wärmeliefer-Contractings in Berlin und Brandenburg vereinfachen sollen.
Diese Vereinbarung ist bundesweit die erste ihrer Art. Sie verzichtet auf die für „Leitfäden“ typischen starren Regularien. Ihr Aufbau ist klar und orientiert sich an den Bedürfnissen von Praktikern: Die Verbändevereinbarung vollzieht die einzelnen Schritte nach, die bei der Umstellung einer Immobilie von der Versorgung mit vom Vermieter eigenerzeugter Wärme auf die sogenannte gewerbliche Wärmelieferung zu erledigen sind. Dabei ist das Grundprinzip ganz einfach: Man nehme eine für das Contracting geeignete Immobilie, hole sich vergleichbare Angebote für eine langfristige Wärmeversorgung, stelle die aus den verschiedenen Angeboten resultierenden Kosten einander gegenüber und suche das günstigste aus. Dann folgt eine Betrachtung aller Kosten, die bei Eigenversorgung entstehen, und die Entscheidungsgrundlage steht fest.

Allerdings steckt der Teufel - wie immer - im Detail: Wer vergleichbare Angebote will, muß die Anbieter auf Eckdaten festlegen, die zur verbindlichen Grundlage der Angebotserstellung werden. Diese Eckdaten werden von dem interessierten Unternehmen der Wohnungswirtschaft festgelegt und sind so für alle Anbieter bindend. Damit diese Angaben auf realistischer Basis stehen, liegen der Verbändevereinbarung standardisierte Auftragsformulare bei. Außerdem sind in der Vereinbarung die wesentlichen Punkte zusammengestellt, die ein gewerblicher Wärmelieferungsvertrag regeln muß. Damit kann der Auftraggeber die Qualität eines Vertrags besser beurteilen.
Seit Siegfried Rehberg, technischer Referent des BBU, die Verbändevereinbarung bei den „Berliner Energietagen“ im Sommer 2002 erstmals angekündigt hatte, warteten Wohnungswirtschaft und Energielieferanten gleichermaßen gespannt auf das Ergebnis. Und natürlich kam - gerade in Berlin - die Frage auf, warum nicht die von der Senatsverwaltung entwickelten und vertriebenen Berliner Energie-Standards (B.E.St.) ihre Rolle als Instrument erfüllten, das sich alle Beteiligten für die großflächige Umsetzung des Contractings gewünscht hätten. Obwohl diese Hilfestellung für das Contracting seit über einem Jahr auf dem Markt ist, sind bislang offenbar nur wenige Verträge nach B.E.St. zustande gekommen. Die an die Verwendung von B.E.St. geknüpften Fördermittel stehen in Berlin inzwischen nicht mehr zur Verfügung, und ohne Fördermittel - so ist aus der Branche zu hören - gestaltet sich die Umsetzung von B.E.St. schwierig: In das Regelungswerk B.E.St. seien zu viele Hürden eingebaut, seine Handhabung sei schwerfällig.

Die am Zustandekommen der Verbändevereinbarung beteiligten Organisationen sind zuversichtlich, daß das „aus der Praxis für die Praxis“ entwickelte Arbeitspapier den Mitgliedsunternehmen wertvolle Unterstützung bietet. Die Umsetzung von Contracting-Lösungen in der Wohnungswirtschaft wird somit erheblich vereinfacht - was der Umwelt und dem Geldbeutel aller Beteiligten nützen kann.

Seit 1989 die Heizkostenverordnung geändert und der Begriff der gewerblichen Wärmelieferung dort eingeführt worden ist, hat der Gesetzgeber seinen Willen zum Ausdruck gebracht, das Wärmeliefer-Contracting zu forcieren. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Sollen die hohen Ziele der Energieeinsparung und optimierten Energieumwandlung nicht nur auf dem Papier stehen, muß ein wirtschaftlicher Anreiz für deren Umsetzung gegeben sein. Diesen hatte man in der alten Heizkostenverordnung jedoch vergeblich gesucht. Auch wenn der alte Heizkessel in der Immobilie unwirtschaftlich arbeitet, hat der Vermieter keinen eigenen wirtschaftlichen Anreiz, ihn auszutauschen - die Brennstoffkosten können nämlich ohne weiteres umgelegt werden. Hier weist die 1989 eingeführte Gleichstellung der gewerblichen Wärmelieferung gem. § 7 (4) der HeizkostenVO mit den bei Eigenversorgung umlagefähigen Positionen gem. § 7 (2) HeizkostenVO den Ausweg: Die Kosten der Wärmelieferung werden als solche und ohne Unterschied, wie sie gebildet sind, als umlagefähig bezeichnet und in ihrer Summe den umlagefähigen Kostenpositionen bei Eigenerzeugung gleichgestellt. Der im Wärmelieferungsvertrag festgelegte Preis sichert den Abnehmer langfristig gegen unwirtschaftliche Energieumwandlung. Betreibt der Contractor die Anlage nicht in optimaler Fahrweise, fressen die Brennstoffkosten seinen erhofften Gewinn auf. Weder der Auftraggeber des Contractors noch der letztlich endbelastete Mieter bezahlen für den ungenutzten Brennstoff und damit das Geld, das bei unwirtschaftlichem Anlagenbetrieb buchstäblich „durch den Schornstein“ geht.

Vom PECU, dem an den Verhandlungen beteiligten bundesweit aktiven Verband der großen Contractoren, verlautete, daß die auf schwierigem Berliner Terrain erzielten Ergebnisse anderen Verbänden der Wohnungswirtschaft vorgestellt werden. Das Ziel seien Verhandlungen, entsprechende Vereinbarungen auch in möglichst vielen anderen Bundesländern abzuschließen.
Der vollständige Text der Verbändevereinbarung steht im Internet unter www.pecu.de.
Die Redaktionskonferenz - Ansprechpartner: RA Hans-Joachim Hainz, [email protected] - will die Entwicklung um die Verbändevereinbarung verfolgen und Anregungen für eine Fortentwicklung in zweiter Auflage sammeln.