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Ein Muß bei Beginn und Ende des Mietverhältnisses
Übergabeprotokolle bei Wohnraummietverhältnissen
24.02.2003 (GE 4/03, Seite 244) Es gibt zwei Arten von Protokollen: Übergabeprotokolle bei Beginn des Mietverhältnisses, um die erforderlichen Feststellungen hinsichtlich Mängeln und Zählerständen bei Beginn des Mietverhältnisses festzuhalten, und Übergabeprotokolle bzw. Abnahmeprotokolle bei Beendigung des Mietverhältnisses, um den Zustand der Mieträume und die Zählerstände bei Beendigung des Mietverhältnisses festzustellen. Weiter kommt in Betracht, daß in Übergabeprotokollen zusätzliche Verpflichtungen des Mieters aufgenommen werden.
1. Die Bedeutung von Übergabeprotokollen
Übergabeprotokolle dienen in erster Linie Beweiszwecken. Sie sollen sowohl für Mieter als auch für Vermieter die Beweisführung dahin erleichtern, daß Mängel bei Beginn bzw. Beendigung des Mietverhältnisses vorgelegen haben oder nicht vorgelegen haben. Zu berücksichtigen ist hierbei die Rechtsprechung hinsichtlich der Beweislastverteilung nach Risikosphären (OLG Karlsruhe WuM 1984, 267) sowie BGH (WuM 1994, 466), wonach dann, wenn eine Herkunft der Schadensursache nur aus dem der unmittelbaren Einflußnahme, Herrschaft und Obhut unterliegenden Bereich des Mieters in Betracht kommt, der Mieter beweisen muß, daß der Fehler oder Schaden nicht von ihm verursacht und verschuldet worden ist. Dies bedeutet, daß sich hinsichtlich feststehender Mängel oder Schäden, die während der Mietzeit aufgetreten sind, der Mieter entlasten muß, da für den Vermieter insoweit so gut wie keine Beweismöglichkeiten bestehen. Hinsichtlich des Entstehens eines Mangels oder Schadens während der Mietzeit ist der Vermieter beweispflichtig. Umgekehrt kann der Mieter sich darauf berufen, daß im Übergabeprotokoll bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht enthaltene Mängel oder Schäden tatsächlich nicht vorliegen.

Enthält ein Übergabeprotokoll bei Beendigung des Mietverhältnisses hinsichtlich einzelner Mängel in den Mieträumen keine Beanstandungen, kann hierin ein negatives Schuldanerkenntnis des Vermieters gesehen werden, daß der Mangel tatsächlich nicht vorhanden ist, dies schließt einen Schadensersatzanspruch aus (vgl. Schmidt-Futterer/Langenberg, § 248 BGB, Rn. 156). Dies gilt um so mehr, wenn im Rahmen der Übergabe die Erklärung schriftlich in dem Protokoll festgehalten wird, daß sich die Mieträume in ordnungsgemäßem Zustand befinden. Voraussetzung ist allerdings, daß das Protokoll von beiden Parteien oder durch von ihnen bevollmächtigte Personen unterschrieben ist. In diesem Fall kann keine der Parteien sich darauf berufen, daß die Mängel etwa wegen ungenügender Sichtverhältnisse oder anderer äußerlicher Umstände nicht festgestellt werden konnten, es sei denn, es handelt sich um verborgene Mängel. Hier kommen z. B. nicht sichtbare Tierverunreinigungen eines Teppichbodens in Betracht, die auch nach erfolgter Reinigung erst Tage nach Räumung der Wohnung wieder in Erscheinung treten.

2. Inhalt von Protokollen
Sinnvoll sind Übergabeprotokolle nur dann, wenn sie den Zustand möglichst genau beschreiben, also nicht nur Formulierungen enthalten wie z. B. „in Ordnung“. Dies gilt nicht nur hinsichtlich des Vorhandenseins z. B. von Flecken auf Teppichböden oder Kratzern im Parkett, sondern auch hinsichtlich Größe, Umfang und der Farbe bei Flecken, der Länge und Tiefe bei Kratzern.

3. Zusatzverpflichtungen in Übergabeprotokollen
Das Übergabeprotokoll ohne Zusatzverpflichtung des Mieters dient lediglich dazu, den Zustand der Mieträume bei Beendigung des Mietverhältnisses wie oben festzuhalten und zu Beweiszwecken ebenfalls Zählerstände festzuhalten, soweit dies bei der jeweiligen Wohnung in Betracht kommt. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß, soweit Heizung und Warmwasser betroffen sind, dies in der Regel durch Abrechnungsfirmen vorgenommen wird, so daß das Übergabeprotokoll hierzu nichts enthalten muß.

Unabhängig von einer wirksamen oder unwirksamen Schönheitsreparaturklausel im Mietvertrag können in einem Übergabeprotokoll bei Beendigung des Mietverhältnisses durch den Mieter Verpflichtungen hinsichtlich von Reparaturarbeiten oder der Durchführung von Schönheitsreparaturen eingegangen werden. Hierin kann ein Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB liegen (LG Berlin ZMR 2000, 535). Zu berücksichtigen ist allerdings, daß Übergabeprotokolle, soweit sie formularvertraglich abgefaßt sind, an § 307 BGB zu messen sind, da es sich dann um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt (vgl. Emmerich NZM 2000, 1162). Soweit Übergabeprotokolle eine vorgedruckte Erklärung des Mieters enthalten, daß er sich z. B. verpflichtet, die Mieträume zu renovieren, bestehen insoweit Bedenken, als der Mieter grundsätzlich nicht damit rechnen muß, daß in einem Übergabeprotokoll eine formularmäßige umfangreiche Renovierungsverpflichtung enthalten ist. Dies gilt um so mehr, wenn diese nicht deutlich hervorgehoben ist. In Betracht kommt auch, daß ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vorliegt, z. B. durch die Formulierung „der Mieter verpflichtet sich, die Mieträume entsprechend der vertraglichen Vereinbarung zu renovieren“. Hier wird lediglich auf den Inhalt des Mietvertrages Bezug genommen. Hier kommt es darauf an, ob die im Mietvertrag enthaltene Schönheitsreparaturklausel wirksam vereinbart ist.

Auch ein konstitutives Schuldanerkenntnis, das also einen selbständigen Schuldgrund enthält, ist jedoch an den Regeln über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere § 307 BGB zu messen. Es ist zu prüfen, ob eine unbillige Benachteiligung des Mieters vorliegt.
Nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung ist jedenfalls eine Vereinbarung anzusehen, die in der Weise zustande kommt, daß angesichts der Besichtigung der Mieträume zwischen den Parteien vereinbart wird, daß der Mieter sich zur Durchführung einzelner Arbeiten, wie z. B. des Streichens der Wände, verpflichtet. Für diese Verpflichtung gilt dann auch nicht das Erfordernis der Nachfristsetzung.

Wohnungsabnahmeprotokolle (WAP) und Wohnungsübergabeprotokolle (WÜP) gibt es beim GRUNDEIGENTUM-VERLAG. Bestellung: Z 030/4147 69-11
Autor: Axel Wetekamp, Richter am Amtsgericht München