Archiv / Suche
Ganz oben steht der Mieterschutz ...
07.02.2003 (GE 3/03, Seite 144) Die Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin leben gefährlich. Jedenfalls dann, wenn sie das tun, was ihnen Aktien- und GmbH-Gesetz vorschreiben, nämlich mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes die Interessen ihres jeweiligen Unternehmens zu wahren.
In Berlin haben die Uhren bei den städtischen Wohnungsunternehmen immer anders getickt. Im Vordergrund stand nicht etwa das Wohl der Gesellschaft, sondern die politischen Vorgaben aus der Württembergischen Straße, wo die Senatsbauverwaltung bzw. heute die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung residiert. Und von dort kam über die Jahrzehnte immer wieder von höchster Stelle der Befehl: Ganz oben steht der Mieterschutz, vor allem möglichst niedrige Mieten. Daß möglichst niedrige Mieten dem Geschäftszweck einer Wohnungsbaugesellschaft zuwiderlaufen, war und ist klar. Auch den Geschäftsführern. Die Diskrepanz zwischen dem nach Aktien- und GmbH-Gesetz rechtlich Gebotenen und dem aus der Württembergischen Straße politisch Befohlenen wurde regelmäßig für die Geschäftsführer in beeindruckender Weise dadurch überbrückt, daß die jeweiligen Senatoren den Geschäftsführern mehr oder minder damit drohten, die immer auf fünf Jahre laufenden Verträge bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit nicht mehr zu verlängern. Inzwischen, wir haben‘s ja, werden Geschäftsführer sogar rausgeschmissen, wenn sie den politischen Linien nicht folgen. So wie etwa der Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Hohenschönhausen, Dr. Eckart Baum. Der hatte es gewagt, die Mieten durch Benennung von Vergleichsmieten über den Mietenspiegel hinaus zu erhöhen und damit den Zorn von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder hervorgerufen, der das Unternehmen zwang, die Mieterhöhungen wieder zurückzunehmen, obwohl die Mieter die verlangte Mieterhöhung freiwillig fast alle gezahlt hatten. Daß solche Geschichten immer noch möglich sind, liegt an einer Merkwürdigkeit des Berliner Beteiligungsmanagements. Das haben sich - im Falle der Wohnungsbaugesellschaften - Stadtentwicklungssenator und Finanzsenator so aufgeteilt, daß Dr. Thilo Sarrazin mit seiner Verwaltung lediglich zuständig ist für das gesellschaftsrechtliche Management, die Stadtentwicklungsverwaltung dagegen für das gesamte operative Geschäft. Das ist ein Unding. Und die Beseitigung dieses eigentlich unhaltbaren Zustandes sollte sich Sarrazin schnellstens auf seine Agenda notieren. Aber vielleicht hat er das auch längst, wofür ein Schreiben aus der Finanzverwaltung an den GEWOBAG-Aufsichtsratsvorsitzenden und früheren Finanzstaatssekretär Werner Heubaum spricht. Der soll nämlich im Aufsichtsrat dafür sorgen, daß jedenfalls die GEWOBAG nicht gegen die Verweigerung der Nachsubvention klagt.