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Flächenabweichungen und ihre rechtlichen Folgen für das Mietverhältnis
27.01.2003 (GE 2/03, Seite 100) In der Praxis gibt es immer wieder Streit über die Konsequenzen von fehlerhaften Wohnflächenangaben. Das liegt zum einen darin, daß die Mehrzahl der Vermieter sich mit groben „Ca.“-Angaben in den Mietverträgen begnügt, zum anderen darin, daß die Angaben auf falsche Berechnungsmethoden zurückzuführen sind. Die Berechnung der Wohnflächen ist nämlich in rechtlicher Hinsicht problematisch. Außerdem gibt es verschiedene Berechnungsmethoden und -vorschriften, die nicht übereinstimmen. Unterschiede ergeben sich insbesondere zwischen preisgebundenem und preisfreiem Wohnraum.
1. Einleitung
Die Wohnfläche bestimmt sich nach der Quadratmeterzahl der im eigentlichen Sinne zum Wohnen bestimmten Räume, mithin ohne die Zusatzräume wie Keller, Boden, Waschküche, Garage. Umstritten ist, nach welchen Normen diese Wohnfläche zu berechnen ist. Während für preisfreien Wohnraum einerseits eine Berechnung nach der DIN-Norm 283 empfohlen wird - diese DIN-Norm kann auch als Berechnungsgrundlage vereinbart werden -, werden andererseits für die Feststellung der Wohnfläche die Vorschriften der II. Berechnungsverordnung angewendet (auch deren Anwendung kann vereinbart werden). Die Vorschriften über die Wohnflächenberechnung in §§ 42 ff. II. BV gelten jedoch bindend nur für die in dieser Verordnung bestimmten Fälle, mithin grundsätzlich nur für preisgebundenen Wohnraum. Sie galten auch für die preisgebundenen Mieten in den neuen Bundesländern (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der 1. GrundMV, § 1 Abs. 4 BetrKostUV).
Gemäß § 44 II. BV sind zur Ermittlung der Wohnfläche anzurechnen:
1. voll - die Grundflächen von Räumen und Raumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens 2 m;
2. zur Hälfte - die Grundflächen von Räumen und Raumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens 1 m und weniger als 2 m (LG Mannheim WuM 1989, 11) und von Wintergärten und ähnlichen nach allen Seiten geschlossenen Räumen;
3. nicht - die Grundflächen von Räumen oder Raumteilen mit einer lichten Höhe von weniger als 1 m.
Besonders umstritten ist die Frage, ob auch Balkone bei der Wohnflächenberechnung zu berücksichtigen sind. Insoweit wird die Auffassung vertreten (BayObLG GE 1983, 865), daß die Wohnfläche weder nach der DIN-Norm 283 noch nach der II. BV oder einer anderen Rechtsvorschrift zu berechnen ist, vielmehr jeweils nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zu ermitteln ist (vgl. dazu Beuermann, Miete und Mieterhöhung, § 2 MHG a. F. Rn. 30 S. 31). Die Anrechnung der Balkonfläche mit der Hälfte ihrer tatsächlichen Fläche (LG Kiel WuM 1995, 307) bei der Ermittlung der Wohnfläche entspricht § 44 Abs. 2 II. BV und wird auch sonst grundsätzlich anerkannt. Mit Rücksicht auf den Rechtsentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts (GE 1983, 865) sind jedoch davon abweichend die Balkonflächen unterschiedlich bei der Wohnflächenberechnung berücksichtigt worden (LG Hamburg WM 1987, 87: 3/8 der Grundfläche; LG Berlin ZMR 1986, 243: 5 % der Grundfläche der Loggia anzurechnen, wenn sich das Haus an einer Straße mit Autobus- und Ausflugsverkehr befindet).

2. Minderung
Wohnflächenabweichungen können zur Minderung der Miete führen.
Da die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Mietzahlungspflicht des Mieters steht, mindert sich die Miete, wenn der Vermieter den vertragsgemäßen Gebrauch nicht mehr gewährleistet (§ 536 Abs. 1 BGB). Insoweit kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Vermieter den Mangel der Mietsache verschuldet hat oder seinerseits imstande ist, den Mangel zu beseitigen (BayObLG NJW 1987, 1950; OLG München NJW-RR 1994, 654; LG Kassel NJW-RR 1989, 1292). Auch ist unerheblich, daß der Vermieter die Wohnfläche nicht vergrößern kann; daß deshalb die primäre Herstellungspflicht des Vermieters (§ 535 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB) entfällt, steht der Annahme eines zur Minderung berechtigenden Mangels nicht entgegen (Kraemer DWW 1998, 365, 368).
Die Minderung wäre - ohne Rücksicht auf die Erheblichkeit der Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs - dann gerechtfertigt, wenn Angaben über die Wohnfläche als zugesicherte Eigenschaft anzusehen wären. Denn durch die vertragliche Zusicherung übernimmt der Vermieter die Garantie, daß die Wohnung die zugesicherten Eigenschaften hat. Für diese Garantie muß der Vermieter unabhängig davon einstehen, ob das Fehlen der Eigenschaft zu einer erheblichen oder nur unerheblichen Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs führt.

Zugesichert ist eine Eigenschaft, wenn der Vermieter sich vertraglich verpflichtet hat, für deren Bestand einzustehen. Eine Eigenschaft der Mietsache liegt in ihrer Beschaffenheit selbst oder in tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die für den Gebrauch der Mietsache von entscheidender Bedeutung sind.
Zusicherung ist eine vertraglich bindende Erklärung, die über die bloße Angabe des Verwendungszwecks hinausgeht. Der Vermieter muß mithin durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung, die Vertragsinhalt geworden ist, dem Mieter zu erkennen gegeben haben, daß er für den Bestand der betreffenden Eigenschaft der Mietwohnung einstehen will. Maßgebend ist dafür der Vertragsinhalt.
Eine stillschweigende Zusicherung kann nur in Ausnahmefällen angenommen werden. Im Regelfall liegt keine stillschweigende Zusicherung in der Wohnungsbeschreibung in einer Zeitungsanzeige (LG Berlin GE 1994, 763). Anders kann es jedoch sein, wenn in dem Mietvertrag auf die Zeitungsanzeigen Bezug genommen wird ohne Klarstellung, daß der Vermieter für die Angaben in der Zeitungsanzeige nicht einstehen will.

Allein die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag bedeutet grundsätzlich ebenfalls keine Eigenschaftszusicherung, sie wird vielmehr nur als Beschaffenheitsangabe angesehen (OLG Hamm WuM 1998, 77, 78; OLG Dresden [RE] GE 1998, 122; LG Münster WuM 1990, 146). Auch wenn es dem Mieter gerade auf die Wohnungsgröße ankommt, kann eine Zusicherung des Vermieters erst angenommen werden, wenn er zumindest konkludent erklärt hat, die Haftung für die Wohnungsgröße zu übernehmen (LG Freiburg WuM 1988, 263; LG Münster a. a. O.; LG Gießen NJWE-MietR 1996, 50). Daher hat das OLG Hamm (WuM 1998, 151) die Flächenangabe in einem Mietvertrag über eine vor ihrer Errichtung und daher ohne Besichtigung gemietete Lagerhalle als zugesichert angesehen, weil es dem Mieter - für den Vermieter erkennbar - auf die für die beabsichtigte gewerbliche Nutzung ausschlaggebende Flächengröße ankam. Ebenso hat das LG Mannheim (WuM 1998, 11) eine Zusicherung im Fall eines Wohnungsmieters bejaht, der ausdrücklich Wert auf eine bestimmte Mindestfläche gelegt hatte.

Flächenangaben in einem Gewerberaummietvertrag sind also zumindest dann als zugesichert anzusehen, wenn es nach dem Vertragszweck entscheidend auf die Größe des Objekts ankommt (OLG Hamm WuM 1998, 151; OLG Köln NZM 1999, 73).
Liegt keine Zusicherung vor, kommt es darauf an, ob die Unterschreitung der Wohnfläche einen Fehler darstellt, der den vertragsgemäßen Gebrauch nicht unerheblich beeinträchtigt. Unter einem Fehler i. S. d. § 536 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachträgliche Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich zu gewährleistenden Zustand zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in bezug auf die Mietsache als Fehler in Betracht kommen (BGH GE 2000, 671 f.). Insoweit ist bereits fraglich, ob ohne weiteres die Abweichung der tatsächlichen Wohnfläche von der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche einen Fehler darstellt (so wohl OLG Dresden GE 1998, 122).

Weitere Voraussetzung ist aber, daß die Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch herabgesetzt wird. Das ist bei geringfügigen Flächendifferenzen bereits deswegen fraglich, weil der Mieter die Wohnung nicht in erster Linie deswegen mietet, weil sie 100 m2 hat, sondern weil sie 3 1/2 Zimmer hat, im 3. OG direkt unter dem nicht ausgebauten Dachboden und überwiegend nach Süden liegt, einen Balkon hat, die Nahverkehrsmittel, die Läden des täglichen Bedarfs, Schule(n) und ein Kindergarten fußläufig zu erreichen sind.

Dennoch ist eine Auffassung im Vordringen begriffen, daß der Mieter zur Minderung berechtigt ist, wenn die Wohnung mehr als 10 % kleiner als im Mietvertrag angegeben ist. Bei nur geringfügigen Abweichungen bis zu 10 % ist der Mieter nicht berechtigt, deswegen die Miete zu kürzen (KG GE 2002, 257; OLG Dresden NZM 1998, 184, 185; LG Hamburg GE 2000, 1688; LG Hannover WuM 1998, 344; LG Berlin GE 1998, 1341; LG Berlin ZMR 1987, 95; LG Wuppertal DWW 1988, 253; LG Düsseldorf WuM 1990, 146; LG Düsseldorf DWW 1999, 143; LG Münster a. a. O.; LG Hamburg WuM 1990, 493; LG Berlin GE 1998, 1341) oder den Mietvertrag zu kündigen (AG Potsdam GE 1996, 1191).

Ein Mangel (= Fehler + Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs) liegt daher grundsätzlich erst bei erheblicher Flächendifferenz und Beeinträchtigung des vertragsmäßigen Gebrauchs vor (OLG Dresden a. a. O.; LG Berlin NZM 1999, 412). Die Wohnung weist daher keinen Mangel auf, wenn die Wohnfläche um 7 m2 zu groß ist (LG Berlin GE 1987, 89; GE 1994, 763; LG Freiburg WuM 1988, 263).

Wenn die vereinbarte von der tatsächlich vorhandenen Wohnfläche um deutlich mehr als die Toleranzgrenze von 10 % abweicht, so erstreckt sich die kraft Gesetzes eintretende Minderung auf den vollen Umfang der Flächendifferenz (OLG Karlsruhe - Urteil vom 28. Dezember 2001 - 17 U 176/00). Denn gem. § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB ist die Miete angemessen herabzusetzen. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist es weiterhin zulässig, die Miete in demjenigen Verhältnis herabzusetzen, in dem der Gebrauchswert der mangelfreien Mietsache zu dem Wert der mangelhaften Sache steht (so auch Eisenschmid in Börstinghaus/Eisenschmid, Arbeitskommentar Neues Mietrecht, § 536 BGB II.). Der Begriff „angemessen“ läßt aber auch die Berücksichtigung anderer Kriterien zu, z. B. des fehlenden oder besonders groben Verschuldens des Vermieters (Börstinghaus NZM 2000, 583, 585).

Daher ist die auf die Flächendifferenz entfallende Bruttomiete als Minderungsbetrag anzusetzen. Die Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs tritt bei nicht unerheblicher Flächendifferenz unabhängig davon ein, ob der Mieter den Mangel kannte. Daher dürfte der Entscheidung des LG Düsseldorf (Urteil vom 25. Februar 1999, NZM 2002, 278) nicht zu folgen sein, wonach die Gebrauchstauglichkeit allein deswegen nicht beeinträchtigt sein soll, weil der Mieter erst nach Vertragsende auf Hinweis eines Dritten die Flächendifferenz erkannte.
Zeitlich dürfte die Minderung nur bis zu einer Mieterhöhung gem. § 558 BGB gerechtfertigt sein, bei dem die tatsächliche Wohnfläche zugrunde zu legen ist. Denn die Flächenabweichung ist als unbehebbarer Mangel im Mieterhöhungsverfahren zu berücksichtigen (Kraemer DWW 1998, 365, 371).
Zu prüfen bleibt jedoch auch bei Bejahung eines Mangels wegen Abweichung der Wohnfläche und sich daraus ergebender Minderung, ob der Mieter seines Minderungsrechs verlustig gegangen ist.
Das Minderungsrecht entfällt einmal, wenn der Mieter den Mangel bei Abschluß des Mietvertrages kennt; das wird bei Abweichungen der tatsächlichen Wohnfläche von der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche nur in seltenen Fällen in Betracht kommen (z. B. wenn der die Räume mietende Architekt seinerseits die Fläche vor Vertragsabschluß ausgemessen hat und dabei zu einer geringeren Fläche gekommen ist).

Der Mieter verliert ferner seine Gewährleistungsrechte aber auch dann, wenn ihm ein anfänglicher Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Dem Mieter ist dann grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, wenn er die erforderliche Sorgfalt bei Vertragsschluß in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und dasjenige unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit ist hier derselbe wie in § 277 BGB, so daß eine besonders schwere und ungewöhnliche Sorgfaltspflichtverletzung erforderlich ist. Dieser Vorwurf der groben Fahrlässigkeit beschränkt sich jedoch auf unschwer erkennbare Mängel. Der Mieter ist nicht verpflichtet, die Mietsache auf nicht offenbare Mängel zu überprüfen (BGHZ 68, 281, 285; BGH NJW 1980, 777; LG Köln WuM 2001, 79; AG Köln WuM 2001, 78 f.). Da er keine Untersuchungspflicht hat (OLG München ZMR 1995, 401, 403; Wolf/Eckert, Handbuch, Rn.109), ist er mit Minderungen hinsichtlich derjenigen Mängel nicht ausgeschlossen, die er erst bei einer eingehenden Untersuchung der Wohnung hätte feststellen können. Insoweit ist fraglich, ob Abweichungen von mehr als 10 % immer unschwer zu erkennen sind. Bei eindeutig falschen Abweichungen der tatsächlichen von der im Vertrag angegebenen Wohnfläche (z. B. die Wohnfläche ist mit 100 qm angegeben, tatsächlich sind es aber nur 70 m2), dürfte aber der Mieter grob fahrlässig handeln (so auch Kraemer a. a. O. S. 371), wenn er dies nicht erkennt - und daher auch nicht bei Vertragsschluß rügt. Dagegen ist ihm nicht vorzuwerfen, daß er die Dachschrägen in der ausgebauten Dachgeschoßwohnung sieht, aber nicht darauf kommt, daß diejenigen Flächen nur zur Hälfte zu berücksichtigen sind, die eine lichte Höhe von mindestens 1 m und weniger als 2 m (LG Mannheim WuM 1989, 11) aufweisen.

Der Mieter kann sich bei unschwer erkennbaren Mängeln auch nicht darauf berufen, daß er die Räume vor Vertragsschluß nicht besichtigt hat. Denn der Abschluß des Mietvertrages ohne vorherige Besichtigung schließt Gewährleistungsansprüche wegen derjenigen Mängel aus, die der Mieter bei einer Besichtigung ohne weiteres erkannt hätte (KG GE 2000, 1620; LG Berlin, Urteil vom 8. November 1994 - 64 S 189/94 -; so auch Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl. 1993, Rdnr. III. B/1407).
Ist ihm infolge grober Fahrlässigkeit der Mangel unbekannt geblieben, so kann der Mieter nur mindern, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 536 b Satz 1 BGB). Die Arglist des Vermieters dürfte aber dann zu verneinen sein, wenn er selbst nicht die genau tatsächliche Wohnfläche kennt. Das wäre der Fall, wenn er die Wohnflächenangaben des früheren Eigentümers und Vermieters übernimmt, ohne dessen Angaben zu prüfen. Anders könnte es sein, wenn ihm die Wohnfläche - z. B. weil er die Wohnung im Neubau vermietet, deren Wohnfläche er kennt - genau bekannt ist, er aber trotzdem unrichtige Angaben im Mietvertrag macht, die zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs führen.

Das Minderungsrecht entfällt ferner, wenn der Mieter in Kenntnis des anfänglichen Mangels längere Zeit die Miete in voller Höhe zahlt, ohne den Mangel anzuzeigen und sich Minderungsrechte vorzubehalten (BGH ZMR 1992, 239; BGH NJW 1997, 2674; OLG Frankfurt/Main NZM 2001, 130; OLG Koblenz ZMR 1999, 483; OLG Düsseldorf ZMR 1994, 559; OLG Hamm MDR 1988, 410; LG Köln WuM 1994, 429; LG Berlin GE 1990, 313; 1993, 263; AG Potsdam WuM 1994, 376; AG Köln ZMR 1994 S. X Nr. 10). Dafür kann die vorbehaltslose Zahlung der Miete über etwa sechs Monate trotz Kenntnis des Mangels ausreichen (OLG Naumburg ZMR 2001, 617; LG Berlin GE 2002, 397; LG Berlin MM 2001, 246 f.; LG Gießen ZMR 2001, 801 f.; LG Köln WuM 1988, 15; LG Paderborn MDR 1989, 455; AG Frankfurt/Main NJW-RR 1992, 973). Aber auch die vorbehaltslose Zahlung der Miete über zwei bis drei Monate kann zum Verlust des Minderungsrechts ausreichen (OLG München ZMR 1993, 466; LG Berlin GE 1998, 1275). Von der Kenntnis ist dann auszugehen, wenn der Mieter selbst zu erkennen gibt, daß er bereits seit Jahren die Wohnflächenabweichung kennt - z. B. aus der Betriebskostenabrechnung -, aber erst nach mehr als sechs Monaten nach dieser Kenntnis - etwa aus Anlaß einer Mieterhöhung - wegen dieser Abweichungen anfängt zu mindern.

3. Auswirkungen auf Betriebskosten
Die Wohnflächenberechnung ist auch für die Betriebskostenabrechnung von Bedeutung. Denn das Verhältnis der Wohnflächen ist der in der Praxis am häufigsten verwendete Maßstab und gilt kraft Gesetzes (§ 556 a BGB) dann, wenn die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben. Ob für den Umlagemaßstab die im Vertrag angegebene oder die tatsächliche Wohnfläche maßgebend ist, ist umstritten. Nach einer Meinung hat die vereinbarte Fläche Vorrang (LG Hannover WuM 1990, 228: wenn die vereinbarte Fläche für den Mieter günstiger ist; LG Köln WuM 1993, 362; Beuermann § 4 MHG Rn. 23 b), während es nach anderer Ansicht nur auf die tatsächliche objektive Fläche ankommt (AG Hamburg WuM 1981, 104; WuM 1987, 230; LG Freiburg WuM 1988, 263; Barthelmess § 4 MHG a. F. Rn. 24 a; Kinne GE 1998, 842; von Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, Rn. 3151; Sternel III Rn. 408). Für die vertragliche vereinbarte Größe spricht zwar, daß diese Vereinbarung bindend ist. Andererseits ist diese Fläche meist nur bei der Objektbeschreibung, zudem mit „ca.“ angegeben, so daß durchaus fraglich ist, ob sich diese Bindung darüber hinaus tatsächlich auch auf die Abrechnung der Betriebskosten erstreckt. Ist im Mietvertrag hinsichtlich der Abrechnung der Betriebskosten nur die „Wohnfläche“ vereinbart, dürfte es dem Parteiwillen entsprechen, daß die tatsächliche Wohnfläche maßgebend ist, wobei dann wieder streitig ist, ob die Balkonflächen mit 50 % oder je nach Lage mit weniger angerechnet werden. Für die Abrechnung nach der tatsächlichen Wohnfläche spricht zudem der Gesichtspunkt, daß die Mieter mit den Betriebskosten gleichmäßig belastet werden sollen (so auch Kraemer DWW 1998, 365, 372) und nur dieser Umlegungsmaßstab angemessen i. S. d. §§ 315, 316 BGB ist (Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 2. Aufl. F 32 Rn. 32 Seite 168 f.), so daß es nicht auf von der tatsächlichen Wohnfläche abweichende Vereinbarungen ankommen darf.

Stellt der Vermieter während der Mietzeit aufgrund einer Neuvermessung fest, daß die für die Abrechnung der Betriebskosten maßgeblichen Flächenangaben falsch berechnet sind, so ist er grundsätzlich befugt bzw. bei einer Abrechnung zu Lasten des Mieters verpflichtet, die korrigierte Flächengröße der zu erstellenden Abrechnung zugrunde zu legen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juni 2000 - 10 U 94/99 - GE 2000, 888). Ist daher in dem Mietvertrag die Wohnfläche überhaupt nicht oder nur mit „ca.“ angegeben, aber die Abrechnung nach Wohnfläche vereinbart, so ist die tatsächliche Wohnfläche der nächsten Abrechnung zugrunde zu legen.
Bereits erfolgte Abrechnungen brauchen dann nicht korrigiert zu werden, wenn der Mieter die sich daraus ergebende Nachzahlungsforderung bereits beglichen hat oder sich ein daraus ergebendes Guthaben hat auszahlen lassen (vgl. zu letzterem LG Berlin MM 2002, 183). Eine beglichene Betriebskostenabrechnung gilt jedenfalls dann als Saldoanerkenntnis des Mieters, wenn die behauptete Unrichtigkeit der Wohnfläche unschwer erkennbar war (AG Tiergarten GE 2002, 998).

4. Auswirkungen auf die Miete
4.1 Mietvereinbarung
Umstritten ist, ob die tatsächliche Wohnfläche zumindest für die Miethöhe dann maßgebend ist, wenn die Miete nach der Wohnfläche berechnet, also eine Quadratmetermiete vereinbart worden ist (verneinend: OLG Dresden NZM 1998, 184, 186; OLG Koblenz WuM 1992, 549; LG Gießen NJWE-MietR 1996, 50; bejahend: LG Hamburg GE 2000, 1688; LG Mönchengladbach ZMR 1988, 178; LG München I WuM 1987, 217). Das ist jedoch grundsätzlich auch dann nicht der Fall, wenn die Wohnfläche mit „ca.“ angegeben worden und danach die Miete berechnet worden ist (z. B. ca. 87,27 qm x 7,67 E = 669,31). Denn das Adverb „ca.“ ist ein Synonym für ungefähr und wird allgemein verwendet, um ein nicht auf exakter Berechnung beruhendes Schätzergebnis auszudrücken. Gerade dann, wenn dem Mietvertrag ein Grundriß beigefügt wird, aus dem sich eine höhere Wohnfläche ergibt, aber dieser Grundriß ausdrücklich nicht zur Grundlage der Mietberechnung gemacht wird, liegt in einer derartigen Berechnung nicht die Vereinbarung einer Quadratmetermiete (OLG Düsseldorf GE 2002, 1334, 1335).
Eine Ca.-Angabe spricht grundsätzlich gegen eine Zusicherung (LG Münster DWW 1990, 310 m. w. N.).
Anders ist es jedoch dann, wenn eine bestimmte Fläche durch die Formulierung „Die Wohnungsgröße ist mit … vereinbart.“ zugesichert oder eine Miete nach einer genauen Quadratmeter-Fläche vereinbart wird. Insoweit tritt aber die Frage der Minderung in den Hintergrund. Es handelt sich vielmehr um ein Berechnungselement der vereinbarten Miete.

4.2 Mieterhöhungen
Für die Mieterhöhungen gem. §§ 558, 559 BGB kommt es ebenfalls nur auf die tatsächliche Wohnfläche an (LG Köln WuM 1986, 121; LG Hamburg HbgGE 1986, 99; LG Frankfurt/Main WuM 1990, 157), nicht auf die in dem Mietvertrag als „ca.“ angegebene Wohnfläche. Bei Differenzen zwischen beiden ist daher die ortsübliche Vergleichsmiete nach der tatsächlichen Wohnfläche zu bemessen. Die formelle Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens wird nicht davon berührt, daß in diesem die in dem Mietvertrag ausgewiesene Wohnfläche - statt der tatsächlichen - angegeben ist.
Nach wohl überwiegender Ansicht ist jedoch dann, wenn die Parteien im Mietvertrag eine Wohnungsgröße vereinbart haben, die kleiner ist als die tatsächliche Größe, den Mieterhöhungen nur die vereinbarte Größe zugrunde zu legen, weil eine die Mieterhöhung darüber hinaus ausschließende Vereinbarung vorliegt (so LG Berlin NZM 2002, 947; LG Zweibrücken NZM 1999, 71; LG München WuM 1998, 230; LG Aachen WuM 1991, 501; Börstinghaus, Mieterhöhung bei Wohnraummietverträgen, 1994, Rn. 25; a. A. LG Berlin NZM 2000, 208; LG Mannheim WuM 1987, 297 = DWW 297 bei der Angabe der Wohnfläche als Ca.-Angabe).
Ist die Wohnung tatsächlich kleiner als die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche, dann ist die tatsächliche Größe für die Mieterhöhung maßgebend, weil die Vereinbarung einer größeren Wohnfläche als der tatsächlichen eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung i. S. d. § 557 Abs. 4 BGB darstellt. Auch bei der Angabe der Wohnfläche mit „ca.“ (vgl. dazu u. a. OLG Rostock MDR 1999, 219) richten sich Mieterhöhungen nach der tatsächlichen Wohnfläche.

Die Wohnfläche, die für die Mieterhöhungen maßgebend ist, kann sich auch während des Mietverhältnisses ändern, etwa durch Aus- oder Umbau seitens der Mieter. Überträgt man darauf die Grundsätze über durch Mietermodernisierungen geschaffene wohnwerterhöhende Merkmale, die nicht zur Begründung der Mieterhöhung herangezogen werden dürfen, so könnten auch diese Wohnflächenvergrößerungen nicht als Grundlage der Mieterhöhung herangezogen werden. Insoweit dürfte aber auch der Grundsatz herangezogen werden können, daß Mietermodernisierungen „abgewohnt“ werden, so daß nach längerem Zeitablauf die dadurch geschaffenen wohnwerterhöhenden Merkmale zugunsten des Vermieters wieder zu berücksichtigen sind. Auf dieser Linie liegt auch das Urteil des Landgerichts Berlin vom 3. September 2002 - 64 S 108/02 -, wonach dann, wenn der Mieter mit Genehmigung des Vermieters mitvermietete Nebenräume auf seine Kosten zu Wohnraum ausgebaut hat, der Vermieter jedoch dafür die Instandsetzungspflicht übernommen hat, die dadurch hinzugewonnene Wohnfläche der Mieterhöhung zumindest dann zugrunde zu legen ist, wenn seit dem Ausbau 25 Jahre vergangen sind.
Autor: VRiLG Harald Kinne