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Gewerbeabfall-Verordnung trat am 1. Januar 2003 in Kraft
Vom Fensterbauer bis zum Rechtsanwalt - alle müssen den Müll trennen
20.01.2003 (GE 1/03, Seite 30) Zum 1. Januar 2003 ist die „Verordnung über die Entsorgung von gewerblichen Siedlungsabfällen und von bestimmten Bau- und Abbruchabfällen (GewAbfV)“ - kurz „Gewerbeabfallverordnung“ genannt - in Kraft getreten (BGBl. I 2002, 1938). Die Verordnung bringt zusätzliche Anforderungen an die Getrennthaltung von gewerblichen Siedlungsabfällen und betrifft insbesondere Gewerbemieter und damit auch Gewerbevermieter. Die Verordnung zwingt dazu, auch Gewerbemüll in verschiedene Bestandteile zu trennen. Verstöße sind strafbar (bis zu 50.000 EUR).
Ziel der Verordnung ist die schadlose und möglichst hochwertige Verwertung von gewerblichen Siedlungsabfällen (Siedlungsabfälle aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen) und von bestimmten Bau- und Abbruchabfällen. Insbesondere die sogenannte Scheinverwertung soll durch Anforderungen an die Umweltverträglichkeit der Verwertung verhindert werden. Die Verordnung stellt auch den untauglichen Versuch einer Rekommunalisierung im Bereich der Gewerbeabfallentsorgung dar. Abfallerzeuger und -besitzer sollten danach mindestens einen Abfallbehälter des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (in Berlin BSR) nutzen. Das konnte in Berlin in letzter Minute verhindert werden.

Die Gewerbeabfallverordnung trifft im einzelnen folgende Bestimmungen:

1. Anwendungsbereich
Die Verordnung gilt für Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen und von bestimmten Bau- und Abbruchabfällen (Glas, Kunststoff, Metalle, Holz sowie Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik) sowie für Betreiber von Vorbehandlungsanlagen, in denen gemischte gewerbliche Siedlungsabfälle oder bestimmte gemischte Bau- und Abbruchabfälle vorbehandelt (u. a. sortiert, zerkleinert, verdichtet oder pelletiert) werden.

2. Begriffsbestimmungen
Gewerbliche Siedlungsabfälle umfassen Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen.
Abfälle aus privaten Haushaltungen sind Abfälle, die in privaten Haushalten im Rahmen der privaten Lebensführung anfallen, insbesondere in Wohnungen und zugehörigen Grundstücks- oder Gebäudeteilen sowie in anderen vergleichbaren Anfallorten wie Wohnheimen für Studenten und Senioren oder Einrichtungen des betreuten Wohnens. Aber auch Abfälle aus Schrebergärten, Wochenendhäusern, Garagen oder sonst dem privaten Haushalt zuzurechnenden Gebäuden und Gebäudeteilen rechnen dazu. Abfälle aus privaten Haushalten unterfallen in Berlin dem Hausmüllmonopol der BSR.
Zum Bereich der gewerblichen Siedlungsabfälle gehören nicht nur Abfälle aus typischen Gewerbebetrieben, sondern auch aus verwandten Bereichen wie den Büros von Freiberuflern (Anwälte, Steuerberater etc.), Arztpraxen, Hotels und Gaststätten, Beherbergungsgewerbe.

3. Mülltrennung
Bestimmte gewerbliche Siedlungsabfälle sind „jeweils getrennt zu halten, zu lagern, einzusammeln, zu befördern und einer Verwertung zuzuführen“ (§ 3 Abs. 1). Es handelt sich dabei um
- Papier und Pappe,
- Glas,
- Kunststoffe,
- Metalle und
- biologisch abbaubare Küchen- und Kantinenabfälle, biologisch abbaubare Garten- und Parkabfälle und Marktabfälle.
Eine Ausnahme von der Pflicht, diese Abfälle einer Verwertung zuzuführen, gibt es über § 3 Abs. 7 für den Fall, daß die Verwertung wegen geringer Mengen, die anfallen, wirtschaftlich unzumutbar ist. In diesem Fall dürfen die gewerblichen Siedlungsabfälle zusammen mit dem Hausmüll gemeinsam erfaßt und dem öffentlichen Entsorgungsträger (in Berlin: BSR) überlassen werden.
Anstatt einer Getrennthaltung der einzelnen Abfall-Fraktionen ist auch eine gemeinsame Erfassung zulässig (alles in eine Tonne). Das ist allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Die Mischung darf nur bestimmte gewerbliche Siedlungsabfälle enthalten (Papier, Glas, Bekleidung, Textilien, Holz ohne gefährliche Stoffe, Kunststoffe, Metalle, Gummi, Kork, Keramik und weitere Abfälle, die in einer umfangreichen Anlage aufgeführt sind. Nicht enthalten sein darf Bio-Abfall wie Küchenabfälle, Rasenschnitt etc.). Dieser Weg ist aber nur möglich, wenn diese Abfälle in einer Vorbehandlungsanlage in weitgehend gleicher Menge und stofflicher Reinheit wieder aussortiert werden.
Bis kurz vor Inkrafttreten der Gewerbeabfallverordnung wurde in Berlin heftig hinter den Kulissen gestritten, weil die Berliner Stadtreinigungsbetriebe den Versuch machten, über die Gewerbeabfallverordnung das Rad wieder zurückzudrehen und sich die Bereiche des Gewerbemüllmarktes, den sich Private im Wettbewerb durch bessere Preise und besseren Service erobert hatten, wieder einzuverleiben. Zu diesem Zwecke versuchten die BSR,
n den Senat dazu zu bringen, die sogenannte „Hat-Hat-Regelung“ zu widerrufen. Seit dem 30. Juni 1991 gilt in Berlin die sog. „Hat-Hat-Regelung“, nach der Unternehmen ihren Gewerbeabfall durch private Entsorger einsammeln und transportieren lassen können, sofern sie zu diesem Stichtag nicht Kunde der BSR waren. Ein Antrag der BSR zur Aufhebung dieser Ausschlußregelung von der alleinigen Zuständigkeit der BSR wurde - insbesondere auf Initiative der IHK Berlin - durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung abgelehnt. Die private Entsorgungswirtschaft bleibt also beim Gewerbemüll im Spiel.
n Außerdem versuchten die BSR zu erreichen, daß über die Gewerbeabfallverordnung allen Gewerbebetrieben per Satzung eine (große) Restmülltonne der BSR aufgezwungen werden sollte. Die Gewerbeabfallverordnung sieht in der Tat für nicht verwertete gewerbliche Siedlungsabfälle vor, daß nach Maßgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vom Abfallerzeuger ein Restmüllbehälter vorzuhalten bzw. zu nutzen ist (§ 7 GewAbfVO). Die Berliner Verwaltung hat aber zugesagt, die Aufstellung bzw. Nutzung zusätzlicher Restabfallbehälter nicht anzuordnen. Für die Gewerbetreibenden bedeutet das konkret, daß sie unter Beachtung der Getrennthaltungspflichten die bisherigen Entsorgungspartner und -wege beibehalten können. Mit dieser Lösung hat sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung für ein Modell entschieden, das die Verantwortung des Abfallerzeugers stärkt, den Einsatz privater Entsorger weiterhin ermöglicht und den Verwaltungsaufwand auf ein Minimum beschränkt.
n Schließlich hat die BSR intern offenbar auch Ansätze gemacht, durch Nutzung gesetzlich verbotener Quersubvention Dumpingpreise für Gewerbemüllbeseitigung anzubieten; Verluste aus dem Wettbewerbsgeschäft hätten die BSR dabei unzulässigerweise mit Gewinnen aus dem hoheitlichen Hausmüllbereich ausgeglichen und so unzulässigerweise die Wohnungsmieter und Eigentümer zur Kasse gebeten. Mit diesem unzulässigen Verfahren hat die BSR hinlängliche Erfahrung, wie ein vom Berliner Senat in Auftrag gegebenes Gutachten belegt.
Während die Berliner Stadtreinigungsbetriebe noch im September ihren Kunden mitteilte, es bestehe kein Handlungsbedarf, was objektiv falsch ist, entwickelten die Privaten bereits Systeme, die den Gewerbetreibenden die Garantie gibt, daß die Vorgaben der Gewerbeverordnung eingehalten werden.
In einer im Dezember abgehaltenen Pressekonferenz stellte z. B. die Firma ALBA ihr Konzept „ALBA Plus“ vor, das den Kunden per Zertifikat eine gesetzeskonforme Entsorgung nachweist. Die Kunden können sich entweder die einzelnen Getrenntbehälter (Papier, Glas, Kunststoffe etc.) hinstellen, aber auch in Eigenleistung an einem ALBA-Entsorgungszentrum abliefern (nähere Infos: 030/351 82 351).
Autor: D. B.