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Berliner Stadtreinigungsbetriebe
Ohne Müllkonzept, aber mit überhöhten Straßenreinigungsentgelten
21.11.2002 (GE 22/02, Seite 1452) Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) haben bei den Entgelten für die Straßenreinigung mindestens seit 1999 durch doppelten Kostenansatz deutlich überhöhte Einnahmen kassiert und müssen für die Jahre 1999 bis einschließlich 2002 rund 60 Millionen EURO zurückzahlen - entweder als Gutschrift oder in Form eines entsprechenden niedrigeren Kalkulationsansatzes bei den Straßenreinigungskosten für 2003/2004. Haus & Grund Berlin, seit Jahren wichtigster und deutlichster Kritiker der BSR, feiert damit einen spektakulären Erfolg zugunsten seiner Mitglieder, aber auch aller anderen Berliner - seien sie nun Eigentümer oder Mieter.
Es war letztlich der Entschlossenheit von Haus & Grund Berlin zu verdanken, daß die fehlerhafte BSR-Kalkulation aufgedeckt wurde. Seit mehreren Jahren versucht der Berliner Dachverband, Licht ins Dunkel der Kalkulationen zu bringen. Aufforderungen des Verbandes an die BSR, im Hinblick auf das von den Berliner Gerichten den Eigentümern zugesprochene Recht auf Einsicht in die Kalkulationsunterlagen (erstritten in den Prozessen von Haus & Grund gegen die Berliner Wasserbetriebe) zu nehmen, beantwortete das Unternehmen nicht oder nur hinhaltend durch Pseudo-Informationen.
Der Antrag von Haus & Grund …
Anfang 2001 beschloß Haus & Grund Berlin deshalb, den Weg über das Berliner Informationsfreiheitsgesetz zu nehmen, das den Bürgern das Recht auf Einsicht in öffentliche Akten gibt - und diese Akten gab es, seit der Senator für Wirtschaft als Preisbehörde die Entgelte genehmigen muß. Am 21. Februar 2001 wurde der Antrag auf Akteneinsicht gestellt und damit auch dem Berliner Senat klar, daß es ernst wird.
… einen Monat später die Auflage
Es war sicher kein Zufall, daß der genau einen Monat danach erlassene Tarifgenehmigungsbescheid mit der Auflage verbunden wurde,
„eine Tarifnachkalkulation (Nachberechnung auf Istkostenbasis) für die Kalkulationsperiode 1999/2000 sowie eine Gegenüberstellung der nachkalkulierten Tarife mit den zum 1. April 1999 genehmigten Tarifen im Zusammenhang mit dem nächsten Antrag auf Genehmigung der Tarife ab 2003 vorzulegen.“
Das war der Durchbruch: die Verpflichtung zur Nachkalkulation. Unglaublich, aber wahr: Die Stadtreinigungsbetriebe hatten im Genehmigungsverfahren die Auffassung vertreten, da man nie eine Nachkalkulation erstellt habe, sei man auch künftig nicht dazu verpflichtet. Das Berliner Landesrecht sehe, so die BSR, keine Verpflichtung zu Ausgleich von Kostenüber- und -unterdeckungen vor. Zu deutsch: Wenn man zu hoch kalkuliert habe, dürfe man das behalten, was den Bürgern unrechtmäßig abgenommen wurde. Jetzt weiß man, warum die BSR diese Rechtsansicht vertreten haben. Der Senat teilte diese Ansicht nicht, sondern verwies kühl auf die gesetzlichen Vorschriften über die Kostendeckung im Straßenreinigungsgesetz, im Kreislaufwirtschaftsgesetz und im Berliner Gebührenbeitragsgesetz.
Erst im Rahmen der nach dem Antrag von Haus & Grund auf Akteneinsicht vom Senat erzwungenen Nachkalkulation kam heraus, daß die BSR Teile der Straßenreinigung doppelt angesetzt hatten. Das vom Senat sowohl bei der Tarifkalkulation 1999 als auch 2001 zur Prüfung der BSR-Unterlagen eingesetzte Wirtschaftsprüfungsunternehmen fand den Fehler nicht - kein Wunder, das Unternehmen hatte weder genügend Zeit noch einen entsprechend umfangreichen Prüfungsauftrag. Dabei hatte es in der Vergangenheit genügend Anhaltspunkte gegeben, dem Unternehmen BSR auf die Finger zu schauen. Kaum ein Rechnungshofbericht, bei dem die BSR keine unrühmliche Rolle spielte. Und dabei sind gar nicht alle Prüfungsergebnisse des Rechnungshofes öffentlich bekannt. Seit Jahren haben beispielsweise Senat und Abgeordnetenhaus die BSR im Verdacht, überhöhte Kosten bei der Stadtabrechnung anzusetzen.
Übrigens: Erst nach einem durchgefochtenen Widerspruchsverfahren und erst ein Jahr nach Antragstellung durfte Haus & Grund Berlin Einsicht in die Berechnungsunterlagen der BSR beim Senator für Wirtschaft nehmen. Die Einsicht war vergleichbar mit einer bei der Gauck-Behörde: Viel, vor allem die wichtigen Teile, waren geschwärzt und gesperrt mit der Begründung: das seien Betriebsgeheimnisse.
Dazu der Sprecher von Haus & Grund Berlin, Dieter Blümmel: „Die BSR hat das Monopol auf Hausmüll. Sie hat die Verpflichtung, ihre gewerblichen Aktivitäten streng davon zu trennen und hat dazu auch einen gesonderten Buchhaltungskreis aufgebaut. Die Unterlagen der Kostenkalkulation für die Straßenreinigung und die Hausmüllabfuhr sind dagegen öffentliche Unterlagen, in denen es schon von der Natur der Sache her keine Betriebsgeheimnisse geben kann. Haus & Grund Berlin wird sich daher mit der Weigerung der Senatsverwaltung, alle Akten auf den Tisch zu legen, nicht abfinden. Wir haben deshalb Klage zum Berliner Verwaltungsgericht eingelegt und hoffen, daß sich das Gericht als Anwalt der Berliner versteht. Die sogenannte Berechnungspanne bei den Stadtreinigungsbetrieben ist nicht Indiz, sondern bereits der Beweis, daß es bei dem Betrieb nicht immer mit rechten Dingen zugeht. Nur durch rückhaltlose Aufdeckung aller Kalkulationsunterlagen kann die BSR unser Vertrauen in eine seriöse Tarifkalkulation gewinnen.“
Vorschlag von Haus & Grund: 500.000 Euro für Transparenz
Um die Entgelte für Müllabfuhr und Straßenreinigung auch für die Bürger transparent zu machen, fordert Haus & Grund Berlin, daß in die Kalkulation der Gebühren künftig bei jeder Gebührenrunde 500.000 bis maximal 1 Mio. Euro preiswirksam in die Tarife eingerechnet werden dürfen; für dieses Geld soll ein qualifiziertes Team von Wirtschaftswissenschaftlern die Tarifkalkulation der BSR auf Herz und Nieren prüfen, um Rechenfehler aufzudecken und weitere ungerechtfertigte Kostenansätze auszusondern.
Keine Rückzahlung, sondern …
Eine Rückzahlung der von den BSR zu Unrecht geforderten Anteile an der Straßenreinigung hält Haus & Grund Berlin nicht für den geeigneten Weg. Ein solches Vorgehen würde nicht nur bei den Stadtreinigungsbetrieben, sondern auch bei den Wohnungsbaugesellschaften, Hausverwaltungen und Einzelvermietern zu einem riesigen Verwaltungsaufwand führen, der höher sei als der Rückzahlungsbetrag im Einzelfall. Statt dessen solle der Betrieb die zuviel gezahlten Entgelte im Wege einer Tarifsenkung an die Kunden weitergeben.
Bei rund 1,8 Millionen Haushalten würde im Schnitt pro Haushalt eine Rückzahlung von 33 Euro fällig werden. Dagegen gerechnet werden müßten die Verwaltungskosten für die Rückabwicklung von bis zu drei Betriebskostenabrechnungen und die den BSR entstehenden Kosten. Haus & Grund schätzt alleine die den Vermietern entstehenden Verwaltungskosten auf die Hälfte des zurückzureichenden Betrages.
Dieter Blümmel: „Einen solchen Verwaltungsaufwand kann niemand ernsthaft wollen. Wenn doch, sei ihm schon jetzt gesagt, daß wir diesen Verwaltungsaufwand bei den BSR uns im Wege des Schadensersatzes wiederholen werden mit dem Ergebnis, daß die Kosten in die nächste Tarifkalkulation einfließen. Wir möchten statt dessen, daß die Tarife für 2003 entsprechend gesenkt werden.“
Diese Haltung scheint übrigens auch der Senat zu teilen. In seinem Genehmigungsbescheid vom 21. März 2001 führt er fast schon prophetisch aus, eine Kostenüberdeckung könne in einer der folgenden Tarifperioden ausgeglichen werden - das müsse nicht einmal zwingend die folgende Tarifperiode sein.
Zunehmend Unterstützung im Kampf um eine gläserne BSR erhält Haus & Grund Berlin auch aus dem politischen Raum. Die FDP hat mehrere Anträge im Abgeordnetenhaus eingebracht, die auf eine Privatisierung des Unternehmens hinauslaufen. Außerdem haben die Liberalen den Vorschlag von Haus & Grund aufgegriffen, einen Untersuchungsausschuß zu bilden. Die Grünen im Abgeordnetenhaus sind auf die BSR ohnehin nicht gut zu sprechen. Sie führen bekanntlich vor dem Berliner Verfassungsgericht eine Organklage wegen des Monopolvertrages mit den BSR. Die CDU weiß noch nicht, ob sie sich auf die Seite der Berliner schlägt oder der BSR die Stange hält. Traditionell gibt es viele BSR-Freunde bei der CDU.
Sorge um künftige Müllgebühren
Zu Wort gemeldet haben sich dieser Tage auch die im „Aktionsbündnis Betriebskostensenkung“ zusammengeschlossenen Verbände der Berliner Mieter und Vermieter. Mit großer Sorge sehen sie die Konzept- und Planlosigkeit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Berliner Stadtreinigungsbetriebe. Die Verbände befürchten eine Gebührenexplosion für die Müllentsorgung, die die Belastungsgrenze der Mieter und Eigentümer weiter überschreitet.
Angesichts dieser Entwicklung fordern die Verbände den Senat und das Abgeordnetenhaus von Berlin auf,
1. die vorliegenden Konzepte unverzüglich und vollständig offenzulegen und danach rasch, aber auch breit und unter Einbeziehung aller betroffenen Verbände und Bürgervertreter zu diskutieren,
2. die Beschlußfassung über das umzusetzende Konzept nicht vom Senat, sondern vom Abgeordnetenhaus vornehmen zu lassen,
3. sicherzustellen, daß für die Abfallentsorgung ab 2005 private Wettbewerber in einem nicht unerheblichen Umfang beteiligt werden und diese Beteiligungen auszuschreiben,
4. die Berliner Stadtreinigungsbetriebe endlich dazu anzuhalten, die Forderungen der Verbände nach rückhaltloser Offenlegung ihrer Tarifkalkulation zu erfüllen.
Berlin droht, das befürchtet das Betriebskostenbündnis, im Jahr 2005 ein Müll-Entsorgungsnotstand. Dieser führe zu einer dramatischen Kostenexplosion bei den Abfallgebühren, die von vielen Mietern und Eigentümern nicht mehr getragen werden können. Die Zeichen dafür mehrten sich, daß Berlin die ab 2005 geltenden Gesetzesvorgaben nicht erfüllen kann. Der Gesetzgeber schreibt vor, daß Abfall ab dem 1. Juni 2005 nicht mehr einfach auf Deponien abgekippt werden darf: Das geschieht bisher mit weit mehr als der Hälfte des anfallenden Berliner Restmülls. Um die Umwelt besser zu schützen, muß Abfall ab 2005 aufwendig vorbehandelt werden. Dafür müssen mehrere neue Abfallbehandlungsanlagen gebaut werden. Die Berliner Stadtreinigung (BSR) hat jedoch bisher noch für keine einzige dieser notwendigen Anlagen das Genehmigungsverfahren eingeleitet. Statt dessen überrascht sie die Berliner Öffentlichkeit seit Jahren mit immer neuen Konzepten, von denen nicht eines bisher in Angriff genommen worden ist.
In Berlin fallen jährlich rund 1,2 Mio. Tonnen Restmüll an (Stand 2000), 2005 werden es noch 1 Mio. Tonnen sein. Als Restmüll wird der Müll bezeichnet, der in der grauen Tonne landet. Mehr als 80 % dieser 1,2 Mio. Tonnen sind Hausmüll, der Rest Gewerbeabfall. Rund 500.000 Tonnen Müll werden in der Müllverbrennungsanlage (MVA) Ruhleben verbrannt, der größere Rest jedoch unbehandelt auf Deponien in Brandenburg abgelagert. Die sog. Technische Anleitung Siedlungsabfall (TASi) sowie die Ablagerungsverordnung schreiben vor, daß Abfälle ab dem 1. Juni 2005 nur noch nach thermischer oder mechanisch-biologischer Vorbehandlung auf Deponien abgelagert werden dürfen. Dadurch soll verhindert werden, daß der Müll klimaschädigende Gase und Gifte produziert.
Auch an die Deponien werden künftig höhere Anforderungen gestellt. Sie müssen nach unten abgedichtet sein, und das Sickerwasser muß erfaßt werden.
Planlos, ziellos, konzeptlos, hilflos
Für die Entsorgung des Hausmülls (Restmüll) ist in Berlin ausschließlich die BSR zuständig. Auch in den kommenden 13 Jahren bleibt sie aufgrund einer „Zielvereinbarung“ mit dem Land zuständig. Die BSR hat dem Land Berlin vor zwei Jahren für das Hausmüll-Monopol 805 Millionen DM bezahlt. Die BSR ist zur Entsorgung sämtlichen Restmülls verpflichtet, Privathaushalte dürfen ihren Restmüll nur den BSR zur Entsorgung überlassen. Private Abfall-Entsorger in Berlin bleiben bei diesem Geschäft außen vor.
Im Juli 2001 legten die BSR ein Konzept vor, das einen Ausbau der Müllverbrennungsanlage Ruhleben vorsah. Der eindeutige Schwerpunkt dieses Konzeptes lag auf der Verbrennung und der Nutzung der dabei entstehenden Wärmeenergie. Dazu sollte die Müllverbrennungsanlage in Ruhleben ausgebaut und daneben zusätzlich eine zweite mit einer Jahreskapazität von 170.000 Tonnen errichtet werden. Etwa 50.000 Tonnen vorbehandelter Müll mit hohem Heizwert sollten nach diesem Konzept auf dem freien Markt als Energieträger für Zementwerke, Kraftwerke oder an das Sekundärrohstoff-Verwertungszentrum Schwarze Pumpe (SVZ) verkauft werden, das den Berliner Wasserbetrieben gehörte.
Nach dem Bruch der Großen Koalition Mitte Juni 2001 und der Wahl des rot-grünen Senats wurden die Pläne der BSR gekippt: Nach dem Willen von Rot-Grün sollte auf eine zusätzliche Verbrennungsanlage in Berlin gänzlich verzichtet werden.
Die BSR legten daraufhin über Nacht „auf Grundlage bereits erteilter Gutachten“ ein neues Konzept vor: das sog. STAB-Konzept. STAB steht für Stoffstrom-Trennanlagen Berlin. Nach diesem Konzept soll von den etwa 1 Million Tonnen Restmüll pro Jahr ein Viertel direkt in der Müllverbrennungsanlage Ruhleben verbrannt werden. Die restlichen drei Viertel sollen in Stoffstrom-Trennanlagen mit Siebtechnik in drei Fraktionen mit unterschiedlichem Heizwert zu je etwa 250.000 Tonnen getrennt werden, um sie danach auf unterschiedliche Weise weiterzubehandeln - sogar eine technisch so noch nirgendwo existierende Großvergärungsanlage sollte in Brandenburg gebaut werden. Für keine der in den wechselnden Konzepten vorgesehenen Anlagen ist bislang die notwendige Genehmigung beantragt worden.
Müll-Pyromanie
Nach neuesten Informationen muß damit gerechnet werden, daß die BSR ihr Entsorgungskonzept ein weiteres Mal ändern wird. Zwar soll der Müll wohl weiterhin in Stoffstrom-Trennanlagen vorbehandelt, jedoch ein größerer Teil als bisher vorgesehen verbrannt werden. Dafür wollen die BSR die Müllverbrennungsanlage in Ruhleben ausbauen, heißt es aus informierten Kreisen. Das bedeutet weitere Verzögerungen bei der Umsetzung des Berliner Abfall-Konzeptes und noch stärker steigende Müllgebühren. Dabei war bereits seit 1993 abzusehen, daß Abfall ab dem Jahr 2005 nicht mehr unbehandelt auf Deponien abgelagert werden darf.
Völlig anders verhalten als die BSR hat sich deren Konkurrent ALBA, der bei der Gewerbemüllabfuhr und als Dienstleister für Landkreise und Städte in anderen Bundesländern arbeitet. ALBA hat für zwei neue Abfallaufbereitungsanlagen (in der Schönerlinder Straße in Pankow) und in der Flottenstraße (Reinickendorf), wo jährlich insgesamt etwa 320.000 Tonnen Abfall verarbeitet werden können, die Genehmigungen längst beantragt. Ab 2005 könnte also die absurde Situation entstehen, daß die Firma ALBA auswärtigen Abfall in Berlin vorbehandelt und die BSR zu horrenden Preisen Müll zur Vorbehandlung nach Brandenburg oder in andere Bundesländer fahren muß. Ein Gutachten der Prognos AG kommt zu dem Schluß, daß 2005 deutschlandweit mindestens 3 Millionen Tonnen Kapazität für Vorbehandlung von Müll fehlen. Das bedeutet: Die Preise steigen.
BSR Müllbeseitigungskonzept führt zu drastischen Gebührenerhöhungen
Um wieviel die Müllabfuhrpreise ab 2005 steigen, weiß keiner genau. Fest steht jedoch, daß sie drastisch steigen werden. Die untere Schätzung liegt für Berlin bei 30 % (BUND). Das Betriebskostenbündnis rechnet mit 50 % Steigerung, im schlimmsten Fall mit einer Verdoppelung in den Jahren 2005 bis 2010. Maßgebend dafür sind die steigenden Kippgebühren von 78,80 E/t auf über 160 bis 190 E/t nach unterschiedlichen Expertenschätzungen.
Auf die Berliner kommen dadurch folgende Mehrbelastungen zu (siehe Tabelle unten).
Die im Betriebskostenbündnis zusammengeschlossenen Verbände haben bereits vor gut einem Jahr gegenüber Senat und Abgeordnetenhaus ihre Sorgen nachdrücklich dargelegt und Wettbewerb und Transparenz gefordert - ohne Erfolg. Es wird weiter nach typisch Berliner Art gemauschelt und gewurschtelt.
Die Erfolge der Berliner Wohnungsunternehmen in der Vergangenheit, die Belastungen ihrer Mieter mit Betriebskosten zu verringern, werden durch die Planung der BSR zunichte gemacht!
Mußten im Jahr 1996 noch durchschnittlich 2,74 DM kalte Betriebskosten je m2 Wohnfläche im Monat mit den Mietern abgerechnet werden, so waren es im Jahr 2000 nur noch 2,56 DM je m2 Wohnfläche im Monat. Den größten Anteil dieser kalten Betriebskosten haben die Positionen Be- und Entwässerung (0,85 DM je m2 Wfl. im Monat), Müllabfuhr und Straßenreinigung (0,39 DM je m2 Wfl. im Monat), Grundsteuer (0,35 DM je m2 Wfl. im Monat). Die Kosten für Hauswart und Hausreinigung liegen durchschnittlich bei 0,45 DM je m2 Wfl. im Monat. Insbesondere die deutliche Verringerung der Kosten für Müllabfuhr und Straßenreinigung auf 0, 39 DM je m2 Wfl. im Monat (die noch im Jahr 1996 bei 0,47 DM je m2 Wfl. im Monat lagen) tragen zu dieser Entlastung der Mieter bei. Dabei schwankten diese Kosten im Unternehmensdurchschnitt zwischen 0,15 und 0,51 DM je m2 Wfl. im Monat. Noch deutlicher zeigt sich der Erfolg, wenn nur die Müllkosten betrachtet werden: sie sanken von 0,41 (1996) auf 0,27 DM je m2 Wfl. im Monat im Jahr 2000.
Diese Kostenreduzierung war möglich, weil sowohl die Berliner Stadtreinigungsbetriebe die gegenüber dem Land Berlin vertraglich zugesagten Senkungen der Müllkosten vorgenommen haben und weil vor allen Dingen die Wohnungsunternehmen einen erheblichen Aufwand für die Verbesserung der Wertstofftrennung und Müllsammlung getätigt haben. So kostet z. B. jeder der neu geschaffenen und verschließbaren Wertstoffsammelplätze im mehrgeschossigen Wohnungsbau zwischen 5.000 Euro und 15.000 Euro. Das haben die Wohnungsunternehmen investiert, ohne hierfür Zuschüsse des Landes Berlin zu erhalten!
Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) und seine Mitgliedsunternehmen betrachten das derzeitig praktizierte Müllentsorgungskonzept in den Wohnanlagen zwar noch nicht als optimal, es kommt jedoch dem Wunsch der Wohnungsunternehmen und der Mieter nach möglichst kostengünstiger Entsorgung entgegen. Insbesondere aus Gründen des Umweltschutzes ist die Trennung von Hausmüll und Wertstoffen (Glas, Papier, Leichtverpackungen und Biomüll) eine wichtige Herausforderung für die Mieter, ihren Beitrag zur Senkung der Umweltbelastungen zu tragen und gleichzeitig auch Kosten sparen zu können. Diese Motivation zur Kosteneinsparung muß weiterhin gestärkt werden.
Bei den in der Presse und in Tagungen bzw. Anhörungen von den BSR genannten Eckdaten des zukünftigen Abfallbeseitigungskonzeptes ist jedoch zu erwarten, daß diese Eckpfeiler einer kostengünstigen Müllentsorgung in Berlin aufgegeben werden sollen.
Nachdem bereits vor mehr als einem Jahr absehbar war, daß das Müllbeseitigungskonzept der BSR, das auf den folgenden Säulen beruhte
— Mülltrennung nach Wertstoffen und Hausmüll
— Müllstabilisierung
— Verbrennung eines Teils des Mülls in der Müllverbrennungsanlage Ruhleben
— Transport eines Anteils des Mülls nach Schwarze Pumpe und Verarbeitung zu Methanol
— Lagerung von vorbehandeltem Müll auf Deponien,
aufgrund der Unsicherheit über die Leistungsfähigkeit der Anlage in Schwarze Pumpe gefährdet schien, haben die BSR und auch das Land Berlin nichts unternommen, um sich um kostengünstige Alternativen zu bemühen.
Der Antrag von Haus & Grund …
Anfang 2001 beschloß Haus & Grund Berlin deshalb, den Weg über das Berliner Informationsfreiheitsgesetz zu nehmen, das den Bürgern das Recht auf Einsicht in öffentliche Akten gibt - und diese Akten gab es, seit der Senator für Wirtschaft als Preisbehörde die Entgelte genehmigen muß. Am 21. Februar 2001 wurde der Antrag auf Akteneinsicht gestellt und damit auch dem Berliner Senat klar, daß es ernst wird.
… einen Monat später die Auflage
Es war sicher kein Zufall, daß der genau einen Monat danach erlassene Tarifgenehmigungsbescheid mit der Auflage verbunden wurde,
„eine Tarifnachkalkulation (Nachberechnung auf Istkostenbasis) für die Kalkulationsperiode 1999/2000 sowie eine Gegenüberstellung der nachkalkulierten Tarife mit den zum 1. April 1999 genehmigten Tarifen im Zusammenhang mit dem nächsten Antrag auf Genehmigung der Tarife ab 2003 vorzulegen.“
Das war der Durchbruch: die Verpflichtung zur Nachkalkulation. Unglaublich, aber wahr: Die Stadtreinigungsbetriebe hatten im Genehmigungsverfahren die Auffassung vertreten, da man nie eine Nachkalkulation erstellt habe, sei man auch künftig nicht dazu verpflichtet. Das Berliner Landesrecht sehe, so die BSR, keine Verpflichtung zu Ausgleich von Kostenüber- und -unterdeckungen vor. Zu deutsch: Wenn man zu hoch kalkuliert habe, dürfe man das behalten, was den Bürgern unrechtmäßig abgenommen wurde. Jetzt weiß man, warum die BSR diese Rechtsansicht vertreten haben. Der Senat teilte diese Ansicht nicht, sondern verwies kühl auf die gesetzlichen Vorschriften über die Kostendeckung im Straßenreinigungsgesetz, im Kreislaufwirtschaftsgesetz und im Berliner Gebührenbeitragsgesetz.
Erst im Rahmen der nach dem Antrag von Haus & Grund auf Akteneinsicht vom Senat erzwungenen Nachkalkulation kam heraus, daß die BSR Teile der Straßenreinigung doppelt angesetzt hatten. Das vom Senat sowohl bei der Tarifkalkulation 1999 als auch 2001 zur Prüfung der BSR-Unterlagen eingesetzte Wirtschaftsprüfungsunternehmen fand den Fehler nicht - kein Wunder, das Unternehmen hatte weder genügend Zeit noch einen entsprechend umfangreichen Prüfungsauftrag. Dabei hatte es in der Vergangenheit genügend Anhaltspunkte gegeben, dem Unternehmen BSR auf die Finger zu schauen. Kaum ein Rechnungshofbericht, bei dem die BSR keine unrühmliche Rolle spielte. Und dabei sind gar nicht alle Prüfungsergebnisse des Rechnungshofes öffentlich bekannt. Seit Jahren haben beispielsweise Senat und Abgeordnetenhaus die BSR im Verdacht, überhöhte Kosten bei der Stadtabrechnung anzusetzen.
Übrigens: Erst nach einem durchgefochtenen Widerspruchsverfahren und erst ein Jahr nach Antragstellung durfte Haus & Grund Berlin Einsicht in die Berechnungsunterlagen der BSR beim Senator für Wirtschaft nehmen. Die Einsicht war vergleichbar mit einer bei der Gauck-Behörde: Viel, vor allem die wichtigen Teile, waren geschwärzt und gesperrt mit der Begründung: das seien Betriebsgeheimnisse.
Dazu der Sprecher von Haus & Grund Berlin, Dieter Blümmel: „Die BSR hat das Monopol auf Hausmüll. Sie hat die Verpflichtung, ihre gewerblichen Aktivitäten streng davon zu trennen und hat dazu auch einen gesonderten Buchhaltungskreis aufgebaut. Die Unterlagen der Kostenkalkulation für die Straßenreinigung und die Hausmüllabfuhr sind dagegen öffentliche Unterlagen, in denen es schon von der Natur der Sache her keine Betriebsgeheimnisse geben kann. Haus & Grund Berlin wird sich daher mit der Weigerung der Senatsverwaltung, alle Akten auf den Tisch zu legen, nicht abfinden. Wir haben deshalb Klage zum Berliner Verwaltungsgericht eingelegt und hoffen, daß sich das Gericht als Anwalt der Berliner versteht. Die sogenannte Berechnungspanne bei den Stadtreinigungsbetrieben ist nicht Indiz, sondern bereits der Beweis, daß es bei dem Betrieb nicht immer mit rechten Dingen zugeht. Nur durch rückhaltlose Aufdeckung aller Kalkulationsunterlagen kann die BSR unser Vertrauen in eine seriöse Tarifkalkulation gewinnen.“
Vorschlag von Haus & Grund: 500.000 Euro für Transparenz
Um die Entgelte für Müllabfuhr und Straßenreinigung auch für die Bürger transparent zu machen, fordert Haus & Grund Berlin, daß in die Kalkulation der Gebühren künftig bei jeder Gebührenrunde 500.000 bis maximal 1 Mio. Euro preiswirksam in die Tarife eingerechnet werden dürfen; für dieses Geld soll ein qualifiziertes Team von Wirtschaftswissenschaftlern die Tarifkalkulation der BSR auf Herz und Nieren prüfen, um Rechenfehler aufzudecken und weitere ungerechtfertigte Kostenansätze auszusondern.
Keine Rückzahlung, sondern …
Eine Rückzahlung der von den BSR zu Unrecht geforderten Anteile an der Straßenreinigung hält Haus & Grund Berlin nicht für den geeigneten Weg. Ein solches Vorgehen würde nicht nur bei den Stadtreinigungsbetrieben, sondern auch bei den Wohnungsbaugesellschaften, Hausverwaltungen und Einzelvermietern zu einem riesigen Verwaltungsaufwand führen, der höher sei als der Rückzahlungsbetrag im Einzelfall. Statt dessen solle der Betrieb die zuviel gezahlten Entgelte im Wege einer Tarifsenkung an die Kunden weitergeben.
Bei rund 1,8 Millionen Haushalten würde im Schnitt pro Haushalt eine Rückzahlung von 33 Euro fällig werden. Dagegen gerechnet werden müßten die Verwaltungskosten für die Rückabwicklung von bis zu drei Betriebskostenabrechnungen und die den BSR entstehenden Kosten. Haus & Grund schätzt alleine die den Vermietern entstehenden Verwaltungskosten auf die Hälfte des zurückzureichenden Betrages.
Dieter Blümmel: „Einen solchen Verwaltungsaufwand kann niemand ernsthaft wollen. Wenn doch, sei ihm schon jetzt gesagt, daß wir diesen Verwaltungsaufwand bei den BSR uns im Wege des Schadensersatzes wiederholen werden mit dem Ergebnis, daß die Kosten in die nächste Tarifkalkulation einfließen. Wir möchten statt dessen, daß die Tarife für 2003 entsprechend gesenkt werden.“
Diese Haltung scheint übrigens auch der Senat zu teilen. In seinem Genehmigungsbescheid vom 21. März 2001 führt er fast schon prophetisch aus, eine Kostenüberdeckung könne in einer der folgenden Tarifperioden ausgeglichen werden - das müsse nicht einmal zwingend die folgende Tarifperiode sein.
Zunehmend Unterstützung im Kampf um eine gläserne BSR erhält Haus & Grund Berlin auch aus dem politischen Raum. Die FDP hat mehrere Anträge im Abgeordnetenhaus eingebracht, die auf eine Privatisierung des Unternehmens hinauslaufen. Außerdem haben die Liberalen den Vorschlag von Haus & Grund aufgegriffen, einen Untersuchungsausschuß zu bilden. Die Grünen im Abgeordnetenhaus sind auf die BSR ohnehin nicht gut zu sprechen. Sie führen bekanntlich vor dem Berliner Verfassungsgericht eine Organklage wegen des Monopolvertrages mit den BSR. Die CDU weiß noch nicht, ob sie sich auf die Seite der Berliner schlägt oder der BSR die Stange hält. Traditionell gibt es viele BSR-Freunde bei der CDU.
Sorge um künftige Müllgebühren
Zu Wort gemeldet haben sich dieser Tage auch die im „Aktionsbündnis Betriebskostensenkung“ zusammengeschlossenen Verbände der Berliner Mieter und Vermieter. Mit großer Sorge sehen sie die Konzept- und Planlosigkeit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Berliner Stadtreinigungsbetriebe. Die Verbände befürchten eine Gebührenexplosion für die Müllentsorgung, die die Belastungsgrenze der Mieter und Eigentümer weiter überschreitet.
Angesichts dieser Entwicklung fordern die Verbände den Senat und das Abgeordnetenhaus von Berlin auf,
1. die vorliegenden Konzepte unverzüglich und vollständig offenzulegen und danach rasch, aber auch breit und unter Einbeziehung aller betroffenen Verbände und Bürgervertreter zu diskutieren,
2. die Beschlußfassung über das umzusetzende Konzept nicht vom Senat, sondern vom Abgeordnetenhaus vornehmen zu lassen,
3. sicherzustellen, daß für die Abfallentsorgung ab 2005 private Wettbewerber in einem nicht unerheblichen Umfang beteiligt werden und diese Beteiligungen auszuschreiben,
4. die Berliner Stadtreinigungsbetriebe endlich dazu anzuhalten, die Forderungen der Verbände nach rückhaltloser Offenlegung ihrer Tarifkalkulation zu erfüllen.
Berlin droht, das befürchtet das Betriebskostenbündnis, im Jahr 2005 ein Müll-Entsorgungsnotstand. Dieser führe zu einer dramatischen Kostenexplosion bei den Abfallgebühren, die von vielen Mietern und Eigentümern nicht mehr getragen werden können. Die Zeichen dafür mehrten sich, daß Berlin die ab 2005 geltenden Gesetzesvorgaben nicht erfüllen kann. Der Gesetzgeber schreibt vor, daß Abfall ab dem 1. Juni 2005 nicht mehr einfach auf Deponien abgekippt werden darf: Das geschieht bisher mit weit mehr als der Hälfte des anfallenden Berliner Restmülls. Um die Umwelt besser zu schützen, muß Abfall ab 2005 aufwendig vorbehandelt werden. Dafür müssen mehrere neue Abfallbehandlungsanlagen gebaut werden. Die Berliner Stadtreinigung (BSR) hat jedoch bisher noch für keine einzige dieser notwendigen Anlagen das Genehmigungsverfahren eingeleitet. Statt dessen überrascht sie die Berliner Öffentlichkeit seit Jahren mit immer neuen Konzepten, von denen nicht eines bisher in Angriff genommen worden ist.
In Berlin fallen jährlich rund 1,2 Mio. Tonnen Restmüll an (Stand 2000), 2005 werden es noch 1 Mio. Tonnen sein. Als Restmüll wird der Müll bezeichnet, der in der grauen Tonne landet. Mehr als 80 % dieser 1,2 Mio. Tonnen sind Hausmüll, der Rest Gewerbeabfall. Rund 500.000 Tonnen Müll werden in der Müllverbrennungsanlage (MVA) Ruhleben verbrannt, der größere Rest jedoch unbehandelt auf Deponien in Brandenburg abgelagert. Die sog. Technische Anleitung Siedlungsabfall (TASi) sowie die Ablagerungsverordnung schreiben vor, daß Abfälle ab dem 1. Juni 2005 nur noch nach thermischer oder mechanisch-biologischer Vorbehandlung auf Deponien abgelagert werden dürfen. Dadurch soll verhindert werden, daß der Müll klimaschädigende Gase und Gifte produziert.
Auch an die Deponien werden künftig höhere Anforderungen gestellt. Sie müssen nach unten abgedichtet sein, und das Sickerwasser muß erfaßt werden.
Planlos, ziellos, konzeptlos, hilflos
Für die Entsorgung des Hausmülls (Restmüll) ist in Berlin ausschließlich die BSR zuständig. Auch in den kommenden 13 Jahren bleibt sie aufgrund einer „Zielvereinbarung“ mit dem Land zuständig. Die BSR hat dem Land Berlin vor zwei Jahren für das Hausmüll-Monopol 805 Millionen DM bezahlt. Die BSR ist zur Entsorgung sämtlichen Restmülls verpflichtet, Privathaushalte dürfen ihren Restmüll nur den BSR zur Entsorgung überlassen. Private Abfall-Entsorger in Berlin bleiben bei diesem Geschäft außen vor.
Im Juli 2001 legten die BSR ein Konzept vor, das einen Ausbau der Müllverbrennungsanlage Ruhleben vorsah. Der eindeutige Schwerpunkt dieses Konzeptes lag auf der Verbrennung und der Nutzung der dabei entstehenden Wärmeenergie. Dazu sollte die Müllverbrennungsanlage in Ruhleben ausgebaut und daneben zusätzlich eine zweite mit einer Jahreskapazität von 170.000 Tonnen errichtet werden. Etwa 50.000 Tonnen vorbehandelter Müll mit hohem Heizwert sollten nach diesem Konzept auf dem freien Markt als Energieträger für Zementwerke, Kraftwerke oder an das Sekundärrohstoff-Verwertungszentrum Schwarze Pumpe (SVZ) verkauft werden, das den Berliner Wasserbetrieben gehörte.
Nach dem Bruch der Großen Koalition Mitte Juni 2001 und der Wahl des rot-grünen Senats wurden die Pläne der BSR gekippt: Nach dem Willen von Rot-Grün sollte auf eine zusätzliche Verbrennungsanlage in Berlin gänzlich verzichtet werden.
Die BSR legten daraufhin über Nacht „auf Grundlage bereits erteilter Gutachten“ ein neues Konzept vor: das sog. STAB-Konzept. STAB steht für Stoffstrom-Trennanlagen Berlin. Nach diesem Konzept soll von den etwa 1 Million Tonnen Restmüll pro Jahr ein Viertel direkt in der Müllverbrennungsanlage Ruhleben verbrannt werden. Die restlichen drei Viertel sollen in Stoffstrom-Trennanlagen mit Siebtechnik in drei Fraktionen mit unterschiedlichem Heizwert zu je etwa 250.000 Tonnen getrennt werden, um sie danach auf unterschiedliche Weise weiterzubehandeln - sogar eine technisch so noch nirgendwo existierende Großvergärungsanlage sollte in Brandenburg gebaut werden. Für keine der in den wechselnden Konzepten vorgesehenen Anlagen ist bislang die notwendige Genehmigung beantragt worden.
Müll-Pyromanie
Nach neuesten Informationen muß damit gerechnet werden, daß die BSR ihr Entsorgungskonzept ein weiteres Mal ändern wird. Zwar soll der Müll wohl weiterhin in Stoffstrom-Trennanlagen vorbehandelt, jedoch ein größerer Teil als bisher vorgesehen verbrannt werden. Dafür wollen die BSR die Müllverbrennungsanlage in Ruhleben ausbauen, heißt es aus informierten Kreisen. Das bedeutet weitere Verzögerungen bei der Umsetzung des Berliner Abfall-Konzeptes und noch stärker steigende Müllgebühren. Dabei war bereits seit 1993 abzusehen, daß Abfall ab dem Jahr 2005 nicht mehr unbehandelt auf Deponien abgelagert werden darf.
Völlig anders verhalten als die BSR hat sich deren Konkurrent ALBA, der bei der Gewerbemüllabfuhr und als Dienstleister für Landkreise und Städte in anderen Bundesländern arbeitet. ALBA hat für zwei neue Abfallaufbereitungsanlagen (in der Schönerlinder Straße in Pankow) und in der Flottenstraße (Reinickendorf), wo jährlich insgesamt etwa 320.000 Tonnen Abfall verarbeitet werden können, die Genehmigungen längst beantragt. Ab 2005 könnte also die absurde Situation entstehen, daß die Firma ALBA auswärtigen Abfall in Berlin vorbehandelt und die BSR zu horrenden Preisen Müll zur Vorbehandlung nach Brandenburg oder in andere Bundesländer fahren muß. Ein Gutachten der Prognos AG kommt zu dem Schluß, daß 2005 deutschlandweit mindestens 3 Millionen Tonnen Kapazität für Vorbehandlung von Müll fehlen. Das bedeutet: Die Preise steigen.
BSR Müllbeseitigungskonzept führt zu drastischen Gebührenerhöhungen
Um wieviel die Müllabfuhrpreise ab 2005 steigen, weiß keiner genau. Fest steht jedoch, daß sie drastisch steigen werden. Die untere Schätzung liegt für Berlin bei 30 % (BUND). Das Betriebskostenbündnis rechnet mit 50 % Steigerung, im schlimmsten Fall mit einer Verdoppelung in den Jahren 2005 bis 2010. Maßgebend dafür sind die steigenden Kippgebühren von 78,80 E/t auf über 160 bis 190 E/t nach unterschiedlichen Expertenschätzungen.
Auf die Berliner kommen dadurch folgende Mehrbelastungen zu (siehe Tabelle unten).
Die im Betriebskostenbündnis zusammengeschlossenen Verbände haben bereits vor gut einem Jahr gegenüber Senat und Abgeordnetenhaus ihre Sorgen nachdrücklich dargelegt und Wettbewerb und Transparenz gefordert - ohne Erfolg. Es wird weiter nach typisch Berliner Art gemauschelt und gewurschtelt.
Die Erfolge der Berliner Wohnungsunternehmen in der Vergangenheit, die Belastungen ihrer Mieter mit Betriebskosten zu verringern, werden durch die Planung der BSR zunichte gemacht!
Mußten im Jahr 1996 noch durchschnittlich 2,74 DM kalte Betriebskosten je m2 Wohnfläche im Monat mit den Mietern abgerechnet werden, so waren es im Jahr 2000 nur noch 2,56 DM je m2 Wohnfläche im Monat. Den größten Anteil dieser kalten Betriebskosten haben die Positionen Be- und Entwässerung (0,85 DM je m2 Wfl. im Monat), Müllabfuhr und Straßenreinigung (0,39 DM je m2 Wfl. im Monat), Grundsteuer (0,35 DM je m2 Wfl. im Monat). Die Kosten für Hauswart und Hausreinigung liegen durchschnittlich bei 0,45 DM je m2 Wfl. im Monat. Insbesondere die deutliche Verringerung der Kosten für Müllabfuhr und Straßenreinigung auf 0, 39 DM je m2 Wfl. im Monat (die noch im Jahr 1996 bei 0,47 DM je m2 Wfl. im Monat lagen) tragen zu dieser Entlastung der Mieter bei. Dabei schwankten diese Kosten im Unternehmensdurchschnitt zwischen 0,15 und 0,51 DM je m2 Wfl. im Monat. Noch deutlicher zeigt sich der Erfolg, wenn nur die Müllkosten betrachtet werden: sie sanken von 0,41 (1996) auf 0,27 DM je m2 Wfl. im Monat im Jahr 2000.
Diese Kostenreduzierung war möglich, weil sowohl die Berliner Stadtreinigungsbetriebe die gegenüber dem Land Berlin vertraglich zugesagten Senkungen der Müllkosten vorgenommen haben und weil vor allen Dingen die Wohnungsunternehmen einen erheblichen Aufwand für die Verbesserung der Wertstofftrennung und Müllsammlung getätigt haben. So kostet z. B. jeder der neu geschaffenen und verschließbaren Wertstoffsammelplätze im mehrgeschossigen Wohnungsbau zwischen 5.000 Euro und 15.000 Euro. Das haben die Wohnungsunternehmen investiert, ohne hierfür Zuschüsse des Landes Berlin zu erhalten!
Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) und seine Mitgliedsunternehmen betrachten das derzeitig praktizierte Müllentsorgungskonzept in den Wohnanlagen zwar noch nicht als optimal, es kommt jedoch dem Wunsch der Wohnungsunternehmen und der Mieter nach möglichst kostengünstiger Entsorgung entgegen. Insbesondere aus Gründen des Umweltschutzes ist die Trennung von Hausmüll und Wertstoffen (Glas, Papier, Leichtverpackungen und Biomüll) eine wichtige Herausforderung für die Mieter, ihren Beitrag zur Senkung der Umweltbelastungen zu tragen und gleichzeitig auch Kosten sparen zu können. Diese Motivation zur Kosteneinsparung muß weiterhin gestärkt werden.
Bei den in der Presse und in Tagungen bzw. Anhörungen von den BSR genannten Eckdaten des zukünftigen Abfallbeseitigungskonzeptes ist jedoch zu erwarten, daß diese Eckpfeiler einer kostengünstigen Müllentsorgung in Berlin aufgegeben werden sollen.
Nachdem bereits vor mehr als einem Jahr absehbar war, daß das Müllbeseitigungskonzept der BSR, das auf den folgenden Säulen beruhte
— Mülltrennung nach Wertstoffen und Hausmüll
— Müllstabilisierung
— Verbrennung eines Teils des Mülls in der Müllverbrennungsanlage Ruhleben
— Transport eines Anteils des Mülls nach Schwarze Pumpe und Verarbeitung zu Methanol
— Lagerung von vorbehandeltem Müll auf Deponien,
aufgrund der Unsicherheit über die Leistungsfähigkeit der Anlage in Schwarze Pumpe gefährdet schien, haben die BSR und auch das Land Berlin nichts unternommen, um sich um kostengünstige Alternativen zu bemühen.






