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Für die Umsetzung muß erst das Land tätig werden
Das Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung
11.10.2000 (GE 4/2000, 249) Das Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitlegung schafft die Möglichkeit, in bestimmten Fällen die Streithähne vor eine Schiedsstelle zu bringen.
Am 1. Januar 2000 ist das Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung vom 15. Dezember 1999 (BGBl. I 1999 Seite 2400) in Kraft getreten. Dieses Bundesgesetz will durch Einführung außergerichtlicher Schlichtungsverfahren zur Entlastung der Rechtspflege beitragen und damit Bürgerfreundlichkeit, Transparenz und Friedensfunktion von Recht und Justiz bewahren und fördern, wie es in dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hieß. Das Gesetz könnte auch das Feld der rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Mietern und Vermietern völlig verändern und die Masse der Verfahren auf sogenannte Schiedsstellen verlagern.
Von besonderer Bedeutung am Streitbeilegungsgesetz ist dessen Artikel I, der einen neuen § 15 a in das Gesetz betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung (EGZPO) einfügt.
Der Bundesgesetzgeber ermächtigt durch diese Vorschrift die Bundesländer, die Zulässigkeit einer Klage vor den ordentlichen Gerichten bei bestimmten Streitigkeiten von einem erfolglosen Einigungsversuch bei einer staatlich anerkannten Gütestelle abhängig zu machen. Dazu kann vorgeschrieben werden, daß mit Erhebung der Klage eine von einer solchen Gütestelle ausgestellte Bescheinigung einzureichen ist.
Betroffen sind zum einen Streitigkeiten vermögensrechtlicher Art vor den Amtsgerichten, deren Gegenstand einen Geldwert von 1.500 DM nicht übersteigt; dazu gehören auch (fast) alle mietrechtlichen Streitigkeiten.
Außerdem bezieht sich die Regelung auf nachbarrechtliche Streitigkeiten, soweit es um die Zuführung unwägbarer Stoffe (§ 906 BGB), Überhang (§ 910 BGB), Hinüberfall (§ 911 BGB), Grenzbäume (§ 923 BGB) und um in den Nachbarrechtsgesetzen der Länder darüber hinausgehende Beschränkungen geht. Allerdings gilt insoweit die gewichtige Einschränkung, daß es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt. In diesen Fällen scheidet bei Nachbarstreitigkeiten das obligatorische Aufsuchen einer Gütestelle aus. Eine solche Pflicht besteht mithin nur bei Nachbarstreitigkeiten aufgrund privaten oder freiberuflichen Tätigwerdens.
Die dritte Gruppe bilden Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind.
Absatz 2 des § 15 a EGZPO sieht zahlreiche Ausnahmen vom Zwang zur Gütestelle vor. So sind u. a. verschiedene Verfahrensarten wie z. B. die Abänderungs- und die Widerklage, Wiederaufnahmeverfahren, Ansprüche im Urkunden- und Wechselprozeß, Klagen wegen vollstreckungsrechtlicher Maßnahmen und Streitigkeiten in Familiensachen ausgenommen.
Die Streitschlichtung soll den von der Landesjustizverwaltung eingerichteten und anerkannten Gütestellen obliegen.
Neben den bereits tätigen ehrenamtlichen Schiedsleuten werden insbesondere auch der Anwaltschaft Aufgaben der Streitschlichtung zuwachsen.
Die vor den Gütestellen geschlossenen Vergleiche gelten gem. § 15 a Abs. 6 EGZPO als Vergleiche i. S. d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Damit wird sichergestellt, daß sich die vor den Gütestellen getroffenen Vereinbarungen auch mit Hilfe des Gerichtsvollziehers durchsetzen lassen.
Ob und wann es tatsächlich zur Pflicht kommt, sich vor Klageerhebung an die Gütestelle zu wenden, hängt aber zunächst vom Tätigwerden der Landesgesetzgeber ab. In Berlin hatte der ehemalige Justizsenator Ehrhart Körting (SPD) mitgeteilt, daß ein Gesetzentwurf bereits in Arbeit sei. Ob die neue Landesregierung von der Ermächtigung in § 15 a EGZPO Gebrauch macht und das obligatorische Streitbeilegungsverfahren in Berlin einführt, bleibt abzuwarten.