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Bürgschaft
Rechtskraft geht vor Sittenwidrigkeit
07.11.2002 (GE 21/02, Seite 1384) Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, die Bürgschaft eines Familienangehörigen sei sittenwidrig und damit nichtig, wenn er nach seinen Einkommensverhältnissen damit kraß überfordert war. Der IX. Zivilsenat war in ständiger Rechtsprechung der gegenteiligen Auffassung, bis er durch das Bun-desverfassungsgericht eines Besseren belehrt wurde. Fraglich ist, ob Urteile aus der Zeit vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bestand haben.
Der Fall: Die Klägerin war Hausfrau und Mutter und hatte eine Bürgschaft über 200.000 DM für ihren Ehemann übernommen. Entsprechend der damaligen Rechtsprechung des IX. Zivilsenats wurde sie rechtskräftig zur Zahlung verurteilt, nachdem ihr Ehemann seine Darlehensverpflichtungen nicht mehr erfüllt hatte. Sie meinte, die Vollstreckung aus dem rechtskräftigen Urteil sei wegen der geänderten Rechtsprechung nicht mehr möglich und landete - ausgerechnet - beim IX. Zivilsenat des BGH.
Das Urteil: Mit Urteil vom 11. Juli 2002 wies der BGH die Revision gegen das klagabweisende Urteil der Vorinstanz zurück. Die Voraussetzungen des § 79 BVerfGG liegen nicht vor, da hier nur die Aufhebung von Rechtsnormen durch das Bundesverfassungsgericht geregelt sei, nicht aber die Aufhebung von verfassungswidrigen Urteilen. Ein Wandel der Rechtsprechung führe lediglich zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage, wobei eine Einschränkung der Vollstreckung nur bei einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Bank in Betracht komme. Das könne hier nicht bejaht werden.
BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - IX ZR 326/99 - Wortlaut Seite 1425
Das Urteil: Mit Urteil vom 11. Juli 2002 wies der BGH die Revision gegen das klagabweisende Urteil der Vorinstanz zurück. Die Voraussetzungen des § 79 BVerfGG liegen nicht vor, da hier nur die Aufhebung von Rechtsnormen durch das Bundesverfassungsgericht geregelt sei, nicht aber die Aufhebung von verfassungswidrigen Urteilen. Ein Wandel der Rechtsprechung führe lediglich zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage, wobei eine Einschränkung der Vollstreckung nur bei einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Bank in Betracht komme. Das könne hier nicht bejaht werden.
BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - IX ZR 326/99 - Wortlaut Seite 1425