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In der Krise
07.11.2002 (GE 21/02, Seite 1352) Jetzt ist bei der Märkischen Baugenossenschaft, über deren erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten und den deshalb erfolgten Wechsel in der Geschäftsführung bereits vor einiger Zeit an dieser Stelle berichtet wurde, so richtig Feuer unterm Dach.
Durch die Schar der Genossen selbst scheint ein tiefer Riß zu gehen. Über 700 von ihnen trafen sich Ende Oktober zu einer Krisenversammlung im Rathaus Reinickendorf, wo der im Sommer abgelöste Vorstand Diethard Hasler mit Hilfe von verbliebenen Getreuen versuchte, wieder die Macht an der Glienicker Spitze zu übernehmen und den eingesetzten Notvorstand Dirk Oeltjen (Berlin-Brandenburgische Treuhand - BBT) absetzen zu lassen. Das gelang nicht, die Versammlung nahm statt dessen einen chaotischen Verlauf, nachdem die Genossen vom Notvorstand erfahren mußten, daß ihre Einlagen praktisch weg sind und im schlimmsten Fall auch noch die Verpflichtung besteht, in selbiger Höhe nachzuschießen, denn die Genossenschaft ist faktisch pleite, wenngleich sich die Kontrahenten in den Haaren liegen, ob Überschuldung eingetreten ist oder nicht (über Grundstücksbewertung läßt sich trefflich streiten). Jedenfalls gibt es keine Liquidität mehr, die Genossenschaft ist ausschließlich vom Wohlwollen der Banken abhängig, das Defizit beträgt 1,5 Millionen Euro jährlich, Kredite könnten aus eigener Kraft nicht mehr zurückgezahlt werden. Das Vorzeige-Projekt Glienicker Spitze (177 Wohnungen und eine Reihe von Gewerbeeinheiten einschließlich eigenem Verwaltungsgebäude) hat 60 Millionen Euro gekostet, Verkehrswert derzeit zwischen 35 und 40 Millionen. Erzielbar am Markt wird nur die Hälfte der für die Kostendeckung notwendigen Miete. Daß es der frühere Vorstand angesichts des hohen Gewerbemietanteils versäumt hat, zur Mehrwertsteuer zu optieren, ist ebenso unfaßbar wie dessen Behauptung, dieses eklatante Versäumnis sei Ergebnis der steuerlichen Beratung ausgerechnet durch DOMUS, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). Da Notvorstand und Aufsichtsrat heillos zerstritten sind (der langjährige Aufsichtsratschef Joachim Roß steht offenbar auf der Seite des langjährigen Vorstandes Hasler), bleibt die Situation an der Glienicker Spitze spannend und die Genossenschaft weiter auf der Kippe. Klare Abstimmungen gab es an dem Abend nicht, die Genossenschaftsversammlung löste sich tumultartig auf. Nicht gesehen wurden übrigens Vertreter der Seite, die ebenso in diesen Sanierungsfall verstrickt sind: Die Banken schickten keinen Vertreter. Wie sagt doch der Rennfahrer Pablo Montoya so unnachahmlich mit seinem Brasilianerdeutsch in einem Werbespot? „Feigeling“.