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Kündigungsfristen
Übergangsregelung für Altverträge
23.10.2002 (GE 20/02, Seite 1304) Die neue Kündigungsfrist von drei Monaten für Mieter gilt nicht für Altverträge, in denen formularmäßig die bisherigen gesetzlichen Kündigungsfristen vereinbart worden waren.
Der Fall: In dem Mietvertrag von 1984 war die damals geltende gesetzliche Kündigungsregelung des § 565 BGB a. F. wiederholt. Anfang September 2001 (nach Inkrafttreten der Mietrechtsreform) kündigten die Mieter mit der neuen Drei-Monatsfrist. Da der Vermieter darauf nicht einging, erhoben sie Klage auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses zum 30. November 2001.

Das Urteil: Das LG Berlin, ZK 61, wies die Berufung gegen das klageabweisende amtsgerichtliche Urteil (Charlottenburg) zurück. Entgegen der Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 19. Juli 2002 (GE 2002, 1123 = WuM 2002, 431 ff.) kam die Kammer zum Er-gebnis, daß die in den Mietvertrag aufgenommenen Kündigungsfristen (durch inhaltliche Wiederholung der gesetzlichen Regelung des § 565 BGB in der Fassung bis zum Inkrafttreten der Mietrechtsreform) im Sinne der Übergangsvorschrift des Artikels 229 § 3 Abs. 10 EGBGB „durch Vertrag vereinbart“ sind. Es bestehe kein Anlaß für die Annahme, daß gesetzeswiederholende Allgemeine Geschäftsbedingungen nach dem Wil-len der Parteien gegenüber dem Gesetzestext keine eigenständig-konstitutive Bedeutung haben sollten. Da die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 BGB a. F. kein zwingendes Recht dargestellt hätten, habe die inhaltliche Wiederholung der geltenden Gesetzesfassung die für die Parteien zweckmäßige Regelung dargestellt. Würde man ge-setzeswiederholende AGB als nicht „konstitutiv“ ansehen, liefe dies sinnwidrig darauf hinaus, diejenigen Vermieter, die die geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen als zweckmäßig und ausreichend angesehen hätten, vom Schutz des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB auszunehmen.

Der Kommentar: Das Urteil ist die zweite bekanntgewordene Entscheidung eines Landgerichts zu der kontrovers diskutierten Übergangsregelung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB (vgl. zur Übersicht Stangl in GE 2002, 1114 ff. mit Auflistung der bisherigen Rechtsprechung und Literatur). Die gesamte Diskussion ist nur durch den Bericht des Rechtsausschusses (BT-Drs. 14/5663 - vgl. Beuermann/Blümmel, Das neue Mietrecht 2001, 212 f.) entstanden, in dem die Rechtsansicht geäußert worden ist, die formularklauselmäßige Wiederholung des Gesetzeswortlautes habe regelmäßig keinen Vereinbarungscharakter. Ohne diese Äußerung wäre sicher kaum jemand auf die Idee gekommen (jedenfalls nicht nach dem Rechtsentscheid des Kammergerichts vom 22. Januar 1998, GE 1998, 177), eine derartige Klausel habe keine bindende Wirkung zwischen den Mietvertragsparteien. Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg stößt verbreitet auf Unverständnis. Die Entscheidung der ZK 61 vertritt die im Schrifttum bisher überwiegend geäußerte Ansicht.
Die Kammer hatte die Revision zugelassen, was bei dieser grundsätzlichen Rechtsfrage auch im Hinblick auf die entgegengesetzte Entscheidung des LG Hamburg sehr zu begrüßen ist. Ob allerdings hier die Mieter tatsächlich in die Revision gehen, ist mehr als fraglich.
Beim Landgericht Berlin, ZK 63, ist eine weitere Berufung zu dieser Rechtsfrage anhängig. Es handelt sich um den vom Amtsgericht Neukölln in ähnlicher Weise wie in Hamburg entschiedenen Fall (AG Neukölln WuM 2002, 311 f.). Der Termin steht dort am 26. November 2002 an.
LG Berlin, Urteil vom 16. September 2002 - 61 S 57/02 - Wortlaut Seite 1337
Autor: Klaus Schach