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Mietrückforderung
Ausnutzung der Mangellage bei Mieterhöhung
28.08.2002 (GE 16/02, Seite 1033) Kommt es erst nach einer Mieterhöhung im laufenden Mietverhältnis zu einer Mietüberhöhung i. S. v. § 5 WiStG, bedarf es der Feststellung, daß die Mangellage zumindest mitursächlich für die Mietvereinbarung war.
Der Fall: Zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses war die Miete nicht überhöht. Das trat erst ein, als der Mieter einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters zugestimmt hatte. Später wollte der Mieter die Überhöhungsbeträge zurückhaben.

Die Entscheidung: Die ZK 65 des Landgerichts Berlin kam zum Ergebnis, daß kein Rückforderungsanspruch bestehe. Erforderlich sei ein ursächlicher Zusammenhang zu den Tatbestandsmerkmalen der Ausnutzung eines geringen Angebots zur Erreichung einer überhöhten Miete. Das Vorhandensein eines geringen Angebotes sei nur so lange tatbestandserheblich, wie es als mitbestimmend für das Verhalten des Vermieters in Betracht kommt. Die Kausalität könne zwar bei Abschluß eines neuen Mietvertrages vermutet werden.
Anders sei es bei der Vereinbarung einer überhöhten Miete im laufenden Mietverhältnis, die der Vermieter nicht einseitig durchsetzen könne. Hierbei bedarf es der Feststellung, daß die Mangellage an vergleichbarem Wohnraum zumindest mitursächlich für die Mieterhöhungsvereinbarung gewesen sei, weil der Mieter viele Gründe haben könne, einem Erhöhungsverlangen zuzustimmen oder einen erhöhten Mietzins zu vereinbaren.

Kommentar: In einer bisher vereinzelt gebliebenen Entscheidung war das Landgericht Berlin, ZK 62 (Urteil vom 22. Februar 2001, GE 2001, 554), zum Ergebnis gekommen, ein Verstoß gegen § 5 WiStG liege auch dann vor, wenn der Vermieter erstmals während des laufenden Mietverhältnisses einen überhöhten Mietzins fordert oder vereinbart. Werde ein überhöhtes Entgelt bei geringem Angebot auf dem Wohnungsmarkt gefordert, dann sei im Grundsatz davon auszugehen, daß dies unter Ausnutzung des geringen Angebotes geschehen sei. Dabei sei zu bedenken, daß der Tatbestand des § 5 WiStG schon mit dem Fordern erfüllt sei.
Darauf, ob und aus welchen Gründen der Mieter auf das Angebot eingehe, komme es für die Handlungsvariante nicht an. Von dieser Entscheidung ist die ZK 65 jetzt ausdrücklich abgewichen. Das Argument der ZK 62, die Marktlage wirke sich auf das Verhalten des Mieters aus, weil er sich bei knappem Wohnraumangebot schwer eine Alternative suchen könne, verfange nicht, denn auch bei knappem Angebot müsse sich der Mieter eines laufenden Mietverhältnisses gerade nicht auf eine Mietpreisüberhöhung einlassen.
In der Begründung zu der Frage, ob die Kammer von obergerichtlicher Rechtsprechung abweiche (Frage der Revisionszulassung), weist die Kammer ausdrücklich auf Entscheidungen hin, nach denen zur Ausfüllung des Merkmals „Ausnutzen“ zusätzlicher Vortrag des Mieters über die Umstände seiner Wohnungssuche als Indiztatsache zur Verknüpfung verlangt wird (LG Frankfurt/Main NZM 1998, 73; LG München WuM 1998, 360). Diese Auslegung entspreche auch dem Zweck der Norm, die Preisbildungen bekämpfen solle, die nicht vom Leistungswettbewerb bestimmt seien. Auf dieser Linie liegt jetzt neuerdings auch das Urteil des LG Köln (GE 2002, 627). Ferner wird auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. September 2001 (GE 2001, 1535) hingewiesen, wonach es eine zulässige Auslegung des § 5 WiStG sei, wenn auch auf den Umstand abgestellt werde, der Mieter müsse auf die Anmietung gerade dieser Wohnung angewiesen gewesen sein. Hier könnte sich demnach eine neue Rechtsprechungstendenz auch in Berlin anbahnen, die zum Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen Verstoßes gegen § 5 WiStG auch auf persönliche Umstände beim Mieter abstellt. Klaus Schach
LG Berlin, Urteil vom 5. März 2002 - 65 S 104/01 - Wortlaut Seite 1062