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28.08.2002 (GE 16/02, Seite 1016) Der Volksmund hat halt doch recht: Wes Brot ich eß, des Lied ich sing, sagt er. Jost Riecke war in den Jahren nach dem Mauerfall „Beauftragter des Deutschen Mieterbundes für die neuen Länder“ und schlug als solcher eine harte Klinge - oft mehr den Säbel als das Florett und manchmal auch die Keule.
Später hat der Mann die Seiten gewechselt und ist seit einigen Jahren Direktor des Verbandes der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt. In dieser Funktion begrüßte er mit großer Begeisterung ein Urteil des Amtsgerichts Halle-Saalkreis, das die Kündigung des letzten verbliebenen Mieters eines zum Abriß vorgesehenen elfgeschossigen Hochhauses für rechtens hielt - aus dem allgemeinen berechtigten Interesse des § 573 BGB heraus. Damit sei „endlich ein Präzedenzfall geschaffen, der hoffentlich allen Mietern, die der Auffassung sind, mit einem ‚Aussitzen‘ gute Geschäfte machen zu können, deutlich macht, daß dies gründlich danebengehen kann“, schrieb Riecke im Editorial der Zeitschrift „Wohnungseigentum“, für die Rieckes Bruder, der Hamburger Amtsrichter Dr. Olaf Riecke, als Berater der Chefredaktion tätig ist. Und setzte noch einen drauf: „Statt der auch dieser Mieterin angebotenen Ersatzwohnung und Hilfe beim Umzug geht die Mieterin nun leer aus und hat zur ‚Strafe‘ auch noch die Verfahrenskosten zu tragen“, schrieb Riecke abschließend, womit er uneingeschränkt recht hat - besagte Mieterin hatte 18.000 Euro von ihrer Genossenschaft für den Auszug verlangt. Ja, manchmal ist der rechte Weg eben ein wenig länger. Aber irgendwann prägt es halt so oder so auch das Bewußtsein, das Sein.