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Unzulässig
Änderung der Mietstruktur und Mieterhöhung
06.06.2002 (GE 11/02, Seite 704) Der Vermieter kann nicht in einem Aufwasch eine Mieterhöhung und die Änderung der Mietzinsstruktur verlangen, denn in dieser Kombination ist das Mieterhöhungsverlangen unwirksam. Die Umstellung einer Brutto- in eine Nettomiete zuzüglich Betriebskostenvorauszahlungen kann allerdings durch schlüssiges Verhalten (konkludent) dadurch geschehen, daß der Mieter Betriebskostennachforderungen aufgrund einer Abrechnung bezahlt. Nicht so gewertet wird dagegen die bloße Annahme oder Verrechnung eines Betriebskostenguthabens durch den Mieter.
Der Fall: Zwischen den Parteien war eine Bruttomiete mietvertraglich vereinbart. Schon vor einem Mieterhöhungsverlangen auf die ortsübliche Vergleichsmiete hatte der Vermieter ein (angebliches) Guthaben des Mieters aus einer Heizkostenabrechnung mit der Miete verrechnet. Der Mieter hatte das hingenommen und damit den Guthabenbetrag akzeptiert. Ferner hatte der Vermieter die Miete neu berechnet und in dem Schreiben von einer Änderung der Umlagenvorauszahlungen gesprochen, jedoch die eigentliche Nettomiete nicht benannt. In dem Mieterhöhungsverlangen war der Vermieter dann von einer Nettokaltmiete zuzüglich Betriebskostenvorauszahlungen ausgegangen und hatte die Mieterhöhung entsprechend berechnet. Der Mieter akzeptierte das nicht.
Das Urteil: Die ZK 65 des LG Berlin hielt die Klage für bereits unzulässig, weil das Erhöhungsverlangen weder die Überlegungs- noch die Klagefrist in Lauf gesetzt habe. Man könne nicht die Miete bei gleichzeitiger Veränderung der Mietzinsstruktur erhöhen wollen. In der früheren Korrespondenz zwischen den Mietvertragsparteien sei zwar der Vermieter auch schon einmal von einer Nettokaltmiete zuzüglich Betriebskostenvorauszahlungen ausgegangen. Zu einer vertraglich vereinbarten Abänderung der Mietzinsstruktur sei es jedoch dadurch nicht gekommen. Eine vertragliche Vereinbarung könne zwar auch konkludent vorgenommen werden, z. B. durch mehrmalige Zustimmung des Mieters zu einer Mieterhöhung mit veränderter Mietzinsstruktur oder u. U. auch in der Bezahlung einer Betriebskostennachforderung. In der bloßen Annahme eines Betriebskostenguthabens liege jedenfalls aber nicht die Zustimmung zur Veränderung einer Brutto- in eine Nettomiete.
Der Kommentar: Im Westteil Berlins sind noch viele Bruttomieten vereinbart, d. h. die Betriebskosten sind in der Miete enthalten, die tatsächlichen Betriebskosten werden nicht abgerechnet, sondern nur erhöht. Nachforderungsansprüche gegenüber dem Mieter gibt es nicht. Die Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete erfolgt mit der Bruttomiete, bei Betriebskostenerhöhungen kann es zu Schwierigkeiten kommen (vgl. zu dieser Berliner Besonderheit Schach in: Kinne/Schach, Miet- und Mietprozeßrecht, 3. Aufl., § 535 Rdn. 57, 58), weil die allgemeine Mieterhöhung gleichzeitig als die aktuelle betriebskostenabdeckende Handlung gilt.
Deswegen versuchen viele Vermieter eine Änderung der vereinbarten Mietzinsstruktur herbeizuführen. Das geht aber nur, wenn der Mieter zustimmt. Hier setzt nun eine gewisse „Grauzone” ein, denn eine Willenserklärung muß nicht immer ausdrücklich abgegeben werden, sondern kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Jedenfalls muß aber aus dem Verhalten des Mieters eindeutig der Schluß gezogen werden können, er stimme nunmehr einer Vertragsänderung zu (vgl. dazu auch Kinne in: Kinne/Schach, aaO., § 556 BGB Rdn. 15 mit Rechtsprechungsnachweisen). Wann nun eine konkludente Zustimmung des Mieters angenommen werden kann, kann nicht generell beantwortet werden, sondern unterliegt der Einzelfallentscheidung.
Einem Vermieter ist also anzuraten, vor einem Mieterhöhungsverlangen eine Klärung mit dem Mieter herbeizuführen. Tut er das nicht ausdrücklich, sondern geht in der Korrespondenz (einfach) von einer anderen Mietzinsstruktur aus, läuft er Gefahr, daß eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete scheitert - wie es die vorliegende Entscheidung zeigt, die in Übereinstimmung mit dem Rechtsentscheid des OLG Hamburg liegt, der auch in GE 1983, 269, 271 veröffentlicht ist.
Im übrigen sei angemerkt, daß eine Umstellung der Mietzinsstruktur nicht immer von Vorteil sein muß. Denn bei einer Bruttomiete wird auf diese die Kappungsgrenze angerechnet, die gekanntlich zum 1. September 2001 von 30 auf 20 % gesenkt wurde.
Im übrigen entfällt die Abrechnung von Betriebskostenvorschüssen, die auch nicht immer ohne Probleme vonstatten geht.
LG Berlin, Urteil vom 5. März 2002 - 65 S 354/01 - Wortlaut Seite 737
Das Urteil: Die ZK 65 des LG Berlin hielt die Klage für bereits unzulässig, weil das Erhöhungsverlangen weder die Überlegungs- noch die Klagefrist in Lauf gesetzt habe. Man könne nicht die Miete bei gleichzeitiger Veränderung der Mietzinsstruktur erhöhen wollen. In der früheren Korrespondenz zwischen den Mietvertragsparteien sei zwar der Vermieter auch schon einmal von einer Nettokaltmiete zuzüglich Betriebskostenvorauszahlungen ausgegangen. Zu einer vertraglich vereinbarten Abänderung der Mietzinsstruktur sei es jedoch dadurch nicht gekommen. Eine vertragliche Vereinbarung könne zwar auch konkludent vorgenommen werden, z. B. durch mehrmalige Zustimmung des Mieters zu einer Mieterhöhung mit veränderter Mietzinsstruktur oder u. U. auch in der Bezahlung einer Betriebskostennachforderung. In der bloßen Annahme eines Betriebskostenguthabens liege jedenfalls aber nicht die Zustimmung zur Veränderung einer Brutto- in eine Nettomiete.
Der Kommentar: Im Westteil Berlins sind noch viele Bruttomieten vereinbart, d. h. die Betriebskosten sind in der Miete enthalten, die tatsächlichen Betriebskosten werden nicht abgerechnet, sondern nur erhöht. Nachforderungsansprüche gegenüber dem Mieter gibt es nicht. Die Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete erfolgt mit der Bruttomiete, bei Betriebskostenerhöhungen kann es zu Schwierigkeiten kommen (vgl. zu dieser Berliner Besonderheit Schach in: Kinne/Schach, Miet- und Mietprozeßrecht, 3. Aufl., § 535 Rdn. 57, 58), weil die allgemeine Mieterhöhung gleichzeitig als die aktuelle betriebskostenabdeckende Handlung gilt.
Deswegen versuchen viele Vermieter eine Änderung der vereinbarten Mietzinsstruktur herbeizuführen. Das geht aber nur, wenn der Mieter zustimmt. Hier setzt nun eine gewisse „Grauzone” ein, denn eine Willenserklärung muß nicht immer ausdrücklich abgegeben werden, sondern kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Jedenfalls muß aber aus dem Verhalten des Mieters eindeutig der Schluß gezogen werden können, er stimme nunmehr einer Vertragsänderung zu (vgl. dazu auch Kinne in: Kinne/Schach, aaO., § 556 BGB Rdn. 15 mit Rechtsprechungsnachweisen). Wann nun eine konkludente Zustimmung des Mieters angenommen werden kann, kann nicht generell beantwortet werden, sondern unterliegt der Einzelfallentscheidung.
Einem Vermieter ist also anzuraten, vor einem Mieterhöhungsverlangen eine Klärung mit dem Mieter herbeizuführen. Tut er das nicht ausdrücklich, sondern geht in der Korrespondenz (einfach) von einer anderen Mietzinsstruktur aus, läuft er Gefahr, daß eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete scheitert - wie es die vorliegende Entscheidung zeigt, die in Übereinstimmung mit dem Rechtsentscheid des OLG Hamburg liegt, der auch in GE 1983, 269, 271 veröffentlicht ist.
Im übrigen sei angemerkt, daß eine Umstellung der Mietzinsstruktur nicht immer von Vorteil sein muß. Denn bei einer Bruttomiete wird auf diese die Kappungsgrenze angerechnet, die gekanntlich zum 1. September 2001 von 30 auf 20 % gesenkt wurde.
Im übrigen entfällt die Abrechnung von Betriebskostenvorschüssen, die auch nicht immer ohne Probleme vonstatten geht.
LG Berlin, Urteil vom 5. März 2002 - 65 S 354/01 - Wortlaut Seite 737