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Viel Spaß bei der Energiewende!
Zur von der Großen Koalition geplanten Veränderung der Modernisierungsumlage (1)
04.03.2014 (GE 5/14, 274) Der Deutsche Mieterbund und eine Reihe von Mietrechtsautoren weisen seit vielen Jahren unermüdlich darauf hin, dass der Modernisierungszuschlag nach § 559 BGB ein Fremdkörper im System der ortsüblichen Vergleichsmiete und fern marktwirtschaftlicher Grundsätze angesiedelt und ein Element aus der Kostenmiete sei. Das stimmt. Daraus die Forderung abzuleiten, er müsse entfallen, ist unredlich. Unredlich ist diese Forderung deshalb, weil das gesamte System der ortsüblichen Vergleichsmiete so gut wie gar nichts mit marktwirtschaftlichen Grundsätzen zu tun hat. Die ortsübliche Miete ist keine Marktmiete, die Mietanpassung mit ihrem inzwischen bizarren System von Kappungsgrenzen und Wartefristen hat wenig mit dem dahinter steckenden Grundgedanken zu tun, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen jedem Vermieter wegen des Verbots der Änderungskündigung das Recht zustehen solle, für vergleichbaren Wohnraum die gleiche Miete zu verlangen wie andere Vermieter am Ort auch.
Der Modernisierungszuschlag verdankt seine Daseinsberechtigung der Einsicht des Gesetzgebers, dass das preisregulierende System der ortsüblichen Vergleichsmiete keine ausreichenden Anreize für den Vermieter bietet, seinen Wohnungsbestand fortzuentwickeln. Der Modernisierungszuschlag war der Ausweg aus dem Dilemma. Er orientiert sich in der Tat am System der Kostenmiete. Die Kostenmiete deckt bekanntlich die laufenden Aufwendungen aus Kapital- und Bewirtschaftungskosten ab. Die Bewirtschaftungskosten wiederum beinhalten – neben den hier nicht relevanten Betriebskosten – die Abschreibung, Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis.

Der Modernisierungszuschlag muss daher die aufgrund einer Modernisierungsmaßnahme anfallenden Kapitalkosten, betriebswirtschaftliche Abschreibung, Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis abdecken. All diese Kostenbestandteile sieht der Gesetzgeber bisher pauschal mit einem Recht des Vermieters abgegolten, die Miete um 11 % – früher 14 % – der anfallenden Baukosten zu erhöhen, und zwar dauerhaft.

Wie kam der Gesetzgeber zu dieser Pauschalierung? Die 11 % enthalten 5 bis 6 % Kapitalverzinsung, das entspricht in etwa der Bandbreite der langjährig zu beobachtenden Hypothekenzinsen, hinzu kommen 2,5 % betriebswirtschaftliche Abschreibung für die Wertminderung und spätere Refinanzierung. Hinzu kommen die laufenden kleinen und großen Instandhaltungskosten für die hinzugefügten Bauteile. Auf der Basis der Instandhaltungskostenpauschalen der Zweiten Berechnungsverordnung sind für ältere Wohngebäude rund 14 € /m2 Wohnfläche jährlich anzusetzen, mithin 1,16 €/m2 Wohnfläche monatlich. Rechnet man diesen Instandhaltungsbetrag auf einen Prozentanteil an der Miete um, entspricht das bei einer Durchschnittsmiete für das gesamte Bundesgebiet von rund 6,50 €/m2 einem Anteil an der Miete von knapp 20 %. Überschlägig gerechnet entfallen also von einer Mieterhöhung von 11 % rund 2 % auf den kalkulatorischen Anteil für die laufende Instandhaltung. Bis hierher landen wir also bereits bei notwendigen 9,5 bis 10,5 % Mieterhöhungszuschlag von den Baukosten. Hinzu kommen – schwer bezifferbare – höhere Verwaltungskosten (neue technische Anlagen müssen beispielsweise regelmäßig überwacht werden, es kommen zusätzliche Abrechnungsschritte bei den Betriebskosten hinzu etc.). Letztlich kommt das Mietausfallwagnis hinzu, das bis zur jüngsten Mietrechtsreform mit lediglich 0,22 % in den 11 % Modernisierungszuschlag steckt, sich aber jetzt dramatisch, von niemandem bislang thematisiert und kaum kalkulierbar dadurch erhöht, dass viele Mieter eine Modernisierung zwar dulden, aber künftig nicht mehr bezahlen müssen. Würden bei einer Modernisierungsmaßnahme 20 % der Mieter aufgrund der Neuregelung den Zuschlag nicht bezahlen müssen, entsteht für den Vermieter ein zusätzlicher Mietausfall von 2,2 % auf die Baukosten. Aufgrund der Neuregelung reichen die 11 % also längst nicht mehr für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung aus.

Hinzu kommt die leidige Erfahrung, die jeder Vermieter nach einer umfassenden Modernisierungsmaßnahme macht: Durch den Modernisierungszuschlag wird die ortsübliche Miete meist überschritten mit der Folge, dass laufende Mieterhöhungen auf die ortsübliche Miete für das nächste Jahrzehnt ausgeschlossen sind. Daraus kann man, vor allem bei nachfragelastigen Immobilienmärkten, sehr schnell den Schluss ziehen, dass das geltende Recht den belohnt, der die Hände in den Schoß legt, und den bestraft, der investiert.

Zu Recht darf man einwenden, dass die derzeitigen Hypothekenzinsen keinen Ansatz von 5 bis 6 % rechtfertigen. Aber hier handelt es sich um langfristige Investitionen, Bindungen an Niedrigzinsen laufen aus, und die Zinsen werden, auch für jetzt finanzierte Maßnahmen – auch wieder steigen und müssen dann aus den Mieten bedient werden.

Hinzu kommt: Für die meisten jetzt erforderlichen Maßnahmen – insbesondere Energiesparmaßnahmen – reicht ein betriebswirtschaftlicher Abschreibungssatz von 2,5 % längst nicht aus. Für neue Heizungen müsste ein Abschreibungssatz von 5 % (20 Jahre Lebensdauer) gewählt werden, bei anderen technischen Einrichtungen ist die Lebensdauer noch kürzer und damit der Abschreibungssatz noch höher. Die Zweite Berechnungsverordnung lässt bei Warmwasseranlagen bereits 4 %, bei Gemeinschaftsantennen und maschinellen Wascheinrichtungen sogar 9 % Abschreibung zu.

Unsere ach so internetaffinen Abgeordneten sollten sich mal ausnahmsweise auf einem Hypothekenzinsrechner einloggen und Folgendes eingeben: Darlehen über 500.000 €, Zinsen 3 %, Tilgung 7 %, um so den in Aussicht genommenen Modernisierungszuschlag von 10 % komplett für Zins und Tilgung zu benutzen. Wenn nach zehn Jahren der Mieter dann nach ihren Vorstellungen nichts mehr zahlen muss, aber die Modernisierung weiter nutzen darf, sitzt der Vermieter immer noch auf über 90.000 € Schulden.
Viel Spaß bei der Energiewende!
Autor: Dieter Blümmel