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Mieter trägt Kosten des Müllmanagements bei nachweisbaren Kosteneinsparungen
Umlagefähigkeit auch ohne dezidierte Vereinbarung
21.01.2015 (GE 1/2015, S. 18) Auch ohne eine dezidierte Vereinbarung im Mietvertrag sind die Kosten für Müllmanagement umlagefähig, wenn der Mieter durch Kostensenkung davon profitiert. Eine Berufung des Mieters auf eine rein formale Position (Vereinbarung nur über die Kosten der „Müllabfuhr“ und nicht auch noch des Müllmanagements) ist treuewidrig, entschied das Landgericht Lüneburg und hob damit eine von uns veröffentlichte (GE 2014, 808) und kritisierte Entscheidung des AG Uelzen auf.
DER FALL: Der klagende Mieter verlangte von der Beklagten die Rückzahlung der Müllmanagementkosten für 2011 sowie Feststellung, dass die Beklagte auch in Zukunft nicht berechtigt sei, Müllmanagementkosten als Betriebskosten umzulegen. Er führt an, dass mietvertraglich lediglich die Kosten der Müllabfuhr geregelt wurden. Darüber hinaus bestreitet er, dass das nach 2010 durchgeführte Müllmanagement zu einer Kosteneinsparung geführt hat. Die Beklagte macht geltend, dass es sich bei den Müllmanagementkosten um Müllkosten, zumindest aber um Arbeitsleistungen des Vermieters i. S. v. § 1 BetrKV handle, die als solche umlagefähig seien. Die beklagte Vermieterin hatte vorgetragen, durch das Müllmanagement seien trotz Erhöhung der kommunalen Gebühren die Kosten (einschließlich der für das Müllmanagement) um 13 % gesunken, und der Mieter profitiere p. a. davon mit rund 50 € geringeren Kosten. Das AG hatte der Rückzahlungsklage des Mieters stattgegeben, weil im Mietvertrag die Umlage von Müllmanagementkosten nicht ausdrücklich vereinbart worden war. Das LG wies die Klage in der Berufung ab.
DAS URTEIL: Wie das Amtsgericht ging auch das Landgericht davon aus, dass die Umlage der Kosten des Müllmanagements mietvertraglich nicht vereinbart worden war. Darauf könne sich der Kläger aber nicht berufen, weil sich die Optimierung der Müllbeseitigung und die dadurch eingetretene Kostensenkung auch für ihn positiv ausgewirkt hätten, denn insgesamt seien geringere Müllabfuhrkosten angefallen. Im konkreten Fall hatte die Betriebskosten-Umlagevereinbarung Bezug auf § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung genommen und zusätzlich ausdrücklich den Begriff„Müllabfuhr“ gewählt, wogegen § 2 Nr. 8 der Betriebskostenverordnung von den „Kosten der Müllbeseitigung“ spricht und dazu ausdrücklich auch„die Kosten entsprechender nicht öffentlicher Maßnahmen zählt“, mithin deutlich breiter angelegt ist. Eine Begriffserweiterung im Hinblick auf die seit 2004 geltende Betriebskostenverordnung (Müllbeseitigung statt Müllabfuhr) scheide bei Altverträgen – wie hier – aus;
die Mietvertragsklausel sei statisch, nicht dynamisch. Deshalb seien nur die Kosten umlagefähig, welche die eigentliche Müllabfuhr beträfen, nicht jedoch sämtliche Kosten, die mit der Müllbeseitigung einschließlich vorbereitender Maßnahmen zusammenhingen.
Gleichwohl habe der Kläger keinen Anspruch auf Rückforderung der anteilig für das Müllmanagement entstandenen Kosten, denn insoweit sei sein Einwand treuewidrig. Die Beklagte habe nämlich nachvollziehbar aufgezeigt, dass trotz Gebührenerhöhung des kommunalen Entsorgers von fast 20 % die Gesamtkosten für die Müllbeseitigung aufgrund des Müllmanagements niedriger ausgefallen seien als vorher und sich somit die Beauftragung der Firma aus Sicht der Mieter wirtschaftlich gelohnt habe.
Der Kläger habe auch nicht dartun können, dass die Beauftragung der Firma vom Hauswart hätte übernommen werden können. Es sei deshalb treuewidrig, wenn sich der Mieter allein auf die formale Position der fehlenden Umlage der Müllmanagementkosten berufe, um diese vom Beklagten zurückzufordern. Der Mieter könne nicht einerseits den Vorteil geringerer Betriebskosten entgegennehmen, jedoch die hierfür notwendigen Kosten nicht tragen wollen.
Auch mit seinem Feststellungsantrag, jedenfalls in Zukunft solche Kosten nicht mehr tragen zu müssen, hatte der Mieter keinen Erfolg. Damit könne er nur durchdringen, wenn solche Kosten unwirtschaftlich seien; das Landgericht geht ersichtlich davon aus, dass Kosteneinsparungen nur erhalten bleiben, wenn auch dauerhaft optimiert wird.
ANMERKUNG: Wie das – nunmehr aufgehobene – AG Uelzen urteilten bereits
das AG Mitte (Urteil vom 10. November 2004 - 21 C 109/04 -, MM 2005, 75, Auszug in DoReMi) und das LG Berlin (Urteil vom 7. Juli 2009 - 63 S 443/08 -, GE 2009, 1254). Das LG Lüneburg geht mit seinem Rückgriff auf § 242 BGB – Treu und Glauben – jedenfalls einen gangbaren Weg. Es ist in der Tat nicht einzusehen, dass der Vermieter (und auch die einsichtigen Mieter) bereit sind, Kosten aufzuwenden, um – im Saldo – wirtschaftlich günstiger zu fahren, damit am Ende ein Trittbrettfahrer sich zusätzliche Vorteile verschafft.
Kritisch kann man die Haltung des Landgerichts sehen, wenn es um die mietvertragliche Vereinbarung „nur“ der „Kosten der Müllabfuhr“ geht. Das LG hält die Vereinbarung für „statisch“ und nicht für dynamisch, meint also, der frühere Begriff der „Müllabfuhr“ aus der Anlage 3 zu § 27 II. BV sei enger als der neuere Begriff der „Müllbeseitigung“ in § 2 Nr. 8 BetrKV. Das darf man mit Fug und Recht bezweifeln, denn auch die II. BV subsumierte unter diesen Kosten schon „die Kosten entsprechender nicht öffentlicher Maßnahmen“. Das LG Lüneburg geht sogar soweit, dass es in seinen Entscheidungsgründen bei dem Begriff der „Müllabfuhr“ den Teilbegriff „Abfuhr“ graphisch hervorhebt und meint: Durch die Vereinbarung im konkreten Fall seien nur die Kosten umlagefähig,„die die eigentliche Müllabfuhr betreffen, nicht jedoch sämtliche Kosten, die mit der Müllbeseitigung einschließlich vorbereitender Maßnahmen zusammenhängen“. Würde man die Vereinbarung so eng sehen, wären auch die nach Abfuhr entstehenden Kosten (Verbrennung, Wiederaufbereitung, Verkippung etc.) ausgenommen, und die dafür zu entrichtenden Entgelte müssten auch noch in einen umlagefähigen und nicht umlagefähigen Teil aufgesplittet werden. Das hat der Verordnungsgeber damit nicht gemeint und nicht gewollt. Die Betriebskostenverordnung hat ausweislich der Verordnungsbegründung (BR-Drs. 568/03) keine materiellen Änderungen der bestehenden Rechtslage gegenüber den Regelungen der II. BV zu den Betriebskosten beabsichtigt, sondern nur sprachliche und systematische Klarstellungen gebracht. Nach meiner Ansicht lässt § 2 Nr. 8 BetrKV (Kosten der Müllbeseitigung) die Umlage der Kosten für Müllmanagement auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Mietvertrag zu; eine solche Vereinbarung ist ohnehin nur erforderlich für die„sonstigen Betriebskosten“ (§ 2 Nr. 17 BetrKV). Die Kosten für Müllmanagement lassen sich jedoch unter § 2 Nr. 8 BetrKV subsumieren, denn die dort als Kosten der Müllabfuhr als umlagefähig aufgeführten Einzelpositionen sind nicht abschließend („[...] zu den Kosten der Müllbeseitigung gehören namentlich [...]“).
Das Wirtschaftlichkeitsgebot fordert vom Vermieter jedenfalls nicht, Müllmanagement auf eigene Kosten zu betreiben. Man muss sich vergegenwärtigen, welche Dienstleistungen damit abgedeckt werden. Zum einen handelt es sich dabei um eine Tonnenoptimierung. Dafür muss zunächst einmal das Müllaufkommen eines Gebäudes analysiert werden, um den jeweils preisgünstigsten Tonnenmix (Graue Tonne, Biotonne, Gelbe Tonne, Glastonne) nach Art, Größe und Leerungshäufigkeit herauszufinden; bereits das gehört nicht zur üblichen Verwaltungstätigkeit eines Vermieters, dem das entsprechende Knowhow fehlt. Außerdem decken die Kosten des Müllmanagements auch das Umsortieren von Abfall ab, also beispielsweise das Entfernen bestimmter Müllfraktionen aus der – teuren – Grauen Tonne in preiswertere oder gar kostenfreie. Der Vermieter korrigiert damit lediglich die Fehlwürfe und/oder das mangelnde Trennverhalten seiner Mieter. Wenn sich dann durch den Einsatz von Müllmanagement sogar eine Betriebskostenersparnis für den Mieter ergibt – und nur dann setzen Vermieter dieses Mittel ein, sonst wäre es ja sinnlos –, wird letztlich der Vermieter dafür bestraft, dass er das Wirtschaftlichkeitsgebot ernst nimmt. Dann ist es für den Vermieter lohnender, auf Müllmanagement zu verzichten. Im Sinne des Mieters ist das ebenso wenig wie im Sinne der Nachhaltigkeit. In diesem Sinne jedenfalls ist die Entscheidung des Landgerichts Lüneburg ein Fortschritt, auch wenn sich das Gericht zur Lösung m. E. ohne Not auf den mitunter glatten Weg des § 242 BGB begeben hat.
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 58 und in unserer Datenbank)
DAS URTEIL: Wie das Amtsgericht ging auch das Landgericht davon aus, dass die Umlage der Kosten des Müllmanagements mietvertraglich nicht vereinbart worden war. Darauf könne sich der Kläger aber nicht berufen, weil sich die Optimierung der Müllbeseitigung und die dadurch eingetretene Kostensenkung auch für ihn positiv ausgewirkt hätten, denn insgesamt seien geringere Müllabfuhrkosten angefallen. Im konkreten Fall hatte die Betriebskosten-Umlagevereinbarung Bezug auf § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung genommen und zusätzlich ausdrücklich den Begriff„Müllabfuhr“ gewählt, wogegen § 2 Nr. 8 der Betriebskostenverordnung von den „Kosten der Müllbeseitigung“ spricht und dazu ausdrücklich auch„die Kosten entsprechender nicht öffentlicher Maßnahmen zählt“, mithin deutlich breiter angelegt ist. Eine Begriffserweiterung im Hinblick auf die seit 2004 geltende Betriebskostenverordnung (Müllbeseitigung statt Müllabfuhr) scheide bei Altverträgen – wie hier – aus;
die Mietvertragsklausel sei statisch, nicht dynamisch. Deshalb seien nur die Kosten umlagefähig, welche die eigentliche Müllabfuhr beträfen, nicht jedoch sämtliche Kosten, die mit der Müllbeseitigung einschließlich vorbereitender Maßnahmen zusammenhingen.
Gleichwohl habe der Kläger keinen Anspruch auf Rückforderung der anteilig für das Müllmanagement entstandenen Kosten, denn insoweit sei sein Einwand treuewidrig. Die Beklagte habe nämlich nachvollziehbar aufgezeigt, dass trotz Gebührenerhöhung des kommunalen Entsorgers von fast 20 % die Gesamtkosten für die Müllbeseitigung aufgrund des Müllmanagements niedriger ausgefallen seien als vorher und sich somit die Beauftragung der Firma aus Sicht der Mieter wirtschaftlich gelohnt habe.
Der Kläger habe auch nicht dartun können, dass die Beauftragung der Firma vom Hauswart hätte übernommen werden können. Es sei deshalb treuewidrig, wenn sich der Mieter allein auf die formale Position der fehlenden Umlage der Müllmanagementkosten berufe, um diese vom Beklagten zurückzufordern. Der Mieter könne nicht einerseits den Vorteil geringerer Betriebskosten entgegennehmen, jedoch die hierfür notwendigen Kosten nicht tragen wollen.
Auch mit seinem Feststellungsantrag, jedenfalls in Zukunft solche Kosten nicht mehr tragen zu müssen, hatte der Mieter keinen Erfolg. Damit könne er nur durchdringen, wenn solche Kosten unwirtschaftlich seien; das Landgericht geht ersichtlich davon aus, dass Kosteneinsparungen nur erhalten bleiben, wenn auch dauerhaft optimiert wird.
ANMERKUNG: Wie das – nunmehr aufgehobene – AG Uelzen urteilten bereits
das AG Mitte (Urteil vom 10. November 2004 - 21 C 109/04 -, MM 2005, 75, Auszug in DoReMi) und das LG Berlin (Urteil vom 7. Juli 2009 - 63 S 443/08 -, GE 2009, 1254). Das LG Lüneburg geht mit seinem Rückgriff auf § 242 BGB – Treu und Glauben – jedenfalls einen gangbaren Weg. Es ist in der Tat nicht einzusehen, dass der Vermieter (und auch die einsichtigen Mieter) bereit sind, Kosten aufzuwenden, um – im Saldo – wirtschaftlich günstiger zu fahren, damit am Ende ein Trittbrettfahrer sich zusätzliche Vorteile verschafft.
Kritisch kann man die Haltung des Landgerichts sehen, wenn es um die mietvertragliche Vereinbarung „nur“ der „Kosten der Müllabfuhr“ geht. Das LG hält die Vereinbarung für „statisch“ und nicht für dynamisch, meint also, der frühere Begriff der „Müllabfuhr“ aus der Anlage 3 zu § 27 II. BV sei enger als der neuere Begriff der „Müllbeseitigung“ in § 2 Nr. 8 BetrKV. Das darf man mit Fug und Recht bezweifeln, denn auch die II. BV subsumierte unter diesen Kosten schon „die Kosten entsprechender nicht öffentlicher Maßnahmen“. Das LG Lüneburg geht sogar soweit, dass es in seinen Entscheidungsgründen bei dem Begriff der „Müllabfuhr“ den Teilbegriff „Abfuhr“ graphisch hervorhebt und meint: Durch die Vereinbarung im konkreten Fall seien nur die Kosten umlagefähig,„die die eigentliche Müllabfuhr betreffen, nicht jedoch sämtliche Kosten, die mit der Müllbeseitigung einschließlich vorbereitender Maßnahmen zusammenhängen“. Würde man die Vereinbarung so eng sehen, wären auch die nach Abfuhr entstehenden Kosten (Verbrennung, Wiederaufbereitung, Verkippung etc.) ausgenommen, und die dafür zu entrichtenden Entgelte müssten auch noch in einen umlagefähigen und nicht umlagefähigen Teil aufgesplittet werden. Das hat der Verordnungsgeber damit nicht gemeint und nicht gewollt. Die Betriebskostenverordnung hat ausweislich der Verordnungsbegründung (BR-Drs. 568/03) keine materiellen Änderungen der bestehenden Rechtslage gegenüber den Regelungen der II. BV zu den Betriebskosten beabsichtigt, sondern nur sprachliche und systematische Klarstellungen gebracht. Nach meiner Ansicht lässt § 2 Nr. 8 BetrKV (Kosten der Müllbeseitigung) die Umlage der Kosten für Müllmanagement auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Mietvertrag zu; eine solche Vereinbarung ist ohnehin nur erforderlich für die„sonstigen Betriebskosten“ (§ 2 Nr. 17 BetrKV). Die Kosten für Müllmanagement lassen sich jedoch unter § 2 Nr. 8 BetrKV subsumieren, denn die dort als Kosten der Müllabfuhr als umlagefähig aufgeführten Einzelpositionen sind nicht abschließend („[...] zu den Kosten der Müllbeseitigung gehören namentlich [...]“).
Das Wirtschaftlichkeitsgebot fordert vom Vermieter jedenfalls nicht, Müllmanagement auf eigene Kosten zu betreiben. Man muss sich vergegenwärtigen, welche Dienstleistungen damit abgedeckt werden. Zum einen handelt es sich dabei um eine Tonnenoptimierung. Dafür muss zunächst einmal das Müllaufkommen eines Gebäudes analysiert werden, um den jeweils preisgünstigsten Tonnenmix (Graue Tonne, Biotonne, Gelbe Tonne, Glastonne) nach Art, Größe und Leerungshäufigkeit herauszufinden; bereits das gehört nicht zur üblichen Verwaltungstätigkeit eines Vermieters, dem das entsprechende Knowhow fehlt. Außerdem decken die Kosten des Müllmanagements auch das Umsortieren von Abfall ab, also beispielsweise das Entfernen bestimmter Müllfraktionen aus der – teuren – Grauen Tonne in preiswertere oder gar kostenfreie. Der Vermieter korrigiert damit lediglich die Fehlwürfe und/oder das mangelnde Trennverhalten seiner Mieter. Wenn sich dann durch den Einsatz von Müllmanagement sogar eine Betriebskostenersparnis für den Mieter ergibt – und nur dann setzen Vermieter dieses Mittel ein, sonst wäre es ja sinnlos –, wird letztlich der Vermieter dafür bestraft, dass er das Wirtschaftlichkeitsgebot ernst nimmt. Dann ist es für den Vermieter lohnender, auf Müllmanagement zu verzichten. Im Sinne des Mieters ist das ebenso wenig wie im Sinne der Nachhaltigkeit. In diesem Sinne jedenfalls ist die Entscheidung des Landgerichts Lüneburg ein Fortschritt, auch wenn sich das Gericht zur Lösung m. E. ohne Not auf den mitunter glatten Weg des § 242 BGB begeben hat.
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 58 und in unserer Datenbank)
Autor: Dieter Blümmel
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