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20 Fakten zur Zweckentfremdung von Wohnraum
Haus & Grund Berlin antwortet auf die häufigsten Fragen

30.06.2014 (GE 2014, S. 645) Am 1. Mai 20014 ist aufgrund von § 6 der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung (vgl. Wortlaut GE 2014 [8] 507) das neue Berliner Zweckentfremdungsrecht in Kraft getreten. Wir haben uns verschiedentlich und ausführlich damit befasst (vgl. u. a. Schultz, GE 2014 [2] 96 ff.). Mit Inkrafttreten tauchen bei vielen Eigentümern und Vermietern praktische Fragen auf, die nach einer schnellen und leicht verständlichen Antwort verlangen. Zu diesem Zweck hat Haus & Grund Berlin aufgrund der in den Beratungen häufig auftauchenden Fragen das nachstehend abgedruckte Papier mit 20 Fakten zusammengestellt.
1. Was ist eine Zweckentfremdung
 von Wohnraum?


Eine Zweckentfremdung nach dem Berliner Zweckentfremdungsverbots-Gesetz (ZwVbG) liegt vor, wenn Wohnraum

a) zum Zwecke der wiederholten nach 
Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung oder einer Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung oder der Einrichtung von Schlafstellen verwendet wird,

b) für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen wird,

c) baulich derart verändert oder in einer Weise genutzt wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist,

d) länger als sechs Monate leer steht oder

e) beseitigt wird.
Wohnraum in diesem Sinne sind alle Räume, die zur dauernden Wohnnutzung tatsächlich und rechtlich geeignet sind und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung auch entsprechend genutzt werden. Ausnahmen gelten für Räume, die zu anderen Zwecken errichtet worden sind und am 1. Mai 2014 auch entsprechend genutzt werden.

2. Ab wann gilt das Zweckentfremdungsverbot in Berlin?

Das Zweckentfremdungsverbot nach dem Berliner ZwVbG gilt ab dem 1. Mai 2014; an diesem Tag ist die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung (ZwVbVO) in Kraft getreten.

3. In welchen Berliner Bezirken
gilt das Zweckentfremdungsverbot?

Das Zweckentfremdungsverbot nach dem Berliner ZwVbG und der ZwVbVO gilt für alle Bezirke, jedoch nicht für öffentlich geförderten Wohnraum.

4. Gibt es Übergangsfristen für die vor dem 1. Mai 2014 als Geschäftsräume genutzten Wohnungen?


Wird Wohnraum für gewerbliche oder berufliche Zwecke vor dem 1. Mai 2014 genutzt, liegt hierin keine (verbotene) Zweckentfremdung, solange das bereits am 1. Mai
2014 bestehende Nutzungsverhältnis nicht beendet wird oder ein zu diesem Zweck in den Räumlichkeiten eingerichteter und ausgeübter gewerblicher oder freiberuflicher Betrieb fortgeführt wird, § 2 Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG.

5. Ist ein Nutzungsverhältnis nur auf die aktuellen Personen (Vermieter und Mieter) begrenzt, oder kann dieses auch auf andere Personen übertragen werden?

Eine Person, die einen Gewerbebetrieb übernimmt (z. B. Kauf einer Arztpraxis), soll als „Rechtsnachfolger“ berechtigt sein, den Gewerbetrieb fortzusetzen, so dass sich die unter Fakt 4 genannte Ausnahme vom Zweckentfremdungsverbot jedenfalls dann fortsetzt, wenn nicht nur der Gewerbebetrieb, sondern auch der Mietvertrag übernommen wird.
Wird mit dem den Gewerbebetrieb Übernehmenden ein neuer Mietvertrag abgeschlossen, besteht die Gefahr, dass der Übernehmer vom Bezirksamt (BZA) nicht mehr als „Rechtsnachfolger“ angesehen wird, so dass die Ausnahme mit Beendigung des ursprünglichen Mietvertrages automatisch endet.

6. Was gilt im Fall von
teilgewerblicher Nutzung?


Wird Wohnraum durch den Eigentümer oder den Mieter zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken mitbenutzt, liegt hierin keine (verbotene) Zweckentfremdung, wenn insgesamt die Wohnraumnutzung überwiegt (über 50 vom Hundert der Fläche, bei Küche und Bad wird jeweils die hälftige Nutzung unterstellt), § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG.

7. Werden möblierte und
nicht möblierte Wohnungen unterschiedlich behandelt?


Das ZwVbG und die ZwVbVO nehmen keine Unterscheidung zwischen möblierten und unmöblierten Räumen/Wohnungen vor. Entscheidend sind die Dauer der Überlassung der Räume und die Einstellung des Raumnutzers, (vorübergehend) seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin zu verlegen (dann keine Zweckentfremdung).

8. Ist eine monatsweise Vermietung von Räumen eine Zweckentfremdung?


Der Gesetzgeber definiert eine Zweckentfremdung zwar anhand von„wiederholten nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietungen als Ferienwohnungen“, diese können aber auch einen Zeitraum von (mehreren) Monaten erreichen. In der Gesetzesbegründung wird für die Annahme einer Zweckentfremdung von einer „typischen Bezahlung nach Tagen oder Wochen von weniger als zwei Monaten“ ausgegangen. Bei einer längeren Nutzung (mehr als zwei Monate) erhält die Vermutung größeres Gewicht, dass der Raumnutzer seinen Lebensmittelpunkt (vorübergehend) nach Berlin verlegt.

9. Gibt es Übergangsfristen für die
vor dem 1. Mai 2014 betriebenen Ferienwohnungen?


Wird Wohnraum bereits am 1. Mai 2014 als Ferienwohnung oder zur Fremdenbeherbergung genutzt, liegt hierin keine (verbotene) Zweckentfremdung. Das gilt jedoch nur für die Dauer von zwei Jahren ab dem 1. Mai 2014, also bis zum 1. Mai 2016. Der Verfügungsberechtigte hat innerhalb von drei Monaten nach dem 1. Mai 2014 die Nutzung als Ferienwohnung dem zuständigen Bezirksamt anzuzeigen, um die zweijährige Privilegierung auch zu erreichen, § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZwVbG.

10. Was gilt im Fall von Wohnungsleerstand?


Steht Wohnraum leer, weil er trotz geeigneter Bemühungen über längere Zeit nicht vermietet werden konnte, liegt keine (verbotene) Zweckentfremdung vor. Der Eigentümer muss beweisen, dass er geeignete Bemühungen zur Vermietung unternommen hat, vgl. auch den Leerstand im Zusammenhang mit Instandsetzungen und Modernisierungen (Fakt 11), § 2 Abs. 3 Nr. 2 ZwVbG.

11. Was gilt im Fall von
Instandsetzung und/oder Modernisierung von Wohnungen?

Wird Wohnraum zügig umgebaut, instand gesetzt oder modernisiert, und ist er deshalb bis zu zwölf Monaten unbewohnbar, oder kann er aus anderen objektiven Gründen nicht mehr vermietet werden, liegt keine (verbotene) Zweckentfremdung vor, § 2 Abs. 2 Nr. 4 ZwVbG.

12. Was gilt bei Zweitwohnungen?

Wird Wohnraum nicht ununterbrochen genutzt, weil er bestimmungsgemäß dem Eigentümer als Zweitwohnung dient, liegt keine Zweckentfremdung vor, § 2 Abs. 2 Nr. 4 ZwVbG.

13. Kann eine Genehmigung für
eine Zweckentfremdung nach
dem 1. Mai 2014 beantragt werden?

Die Genehmigung einer Zweckentfremdung ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 ZwVbG möglich. Bei der Genehmigung handelt es sich um eine (nicht gebundene) Ermessensentscheidung des BZA. Hierbei wägt das BZA vorrangige öffentliche Interessen oder schutzwürdige private Interessen gegen das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums ab. Vorrangige öffentliche Belange für eine Zweckentfremdung sind in der Regel gegeben, wenn Wohnraum zur Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Einrichtungen, für Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs- oder gesundheitliche Zwecke verwendet werden soll, für die andere Räume nicht zur Verfügung stehen oder nicht zeitgerecht geschaffen werden können. Überwiegende schutzwürdige private Interessen sind insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz oder bei nicht mehr erhaltungswürdigem Wohnraum gegeben.

14. Unter welchen Umständen kann eine Genehmigung erteilt werden?

Eine Genehmigung kann erteilt werden, wenn in besonderen Ausnahmefällen durch die Schaffung von angemessenem Ersatzwohnraum der durch die Zweckentfremdung eintretende Wohnraumverlust ausgeglichen wird.
Die Genehmigung kann befristet und soll im Allgemeinen auf die Dauer des entsprechenden Nutzungsverhältnisses befristet werden.
Eine Genehmigung kann unter Bedingungen gestellt werden.
Die Genehmigung kann unter Auflagen erteilt werden.

15. Ausgleichszahlungen an das Bezirksamt als Genehmigungsauflage

Zu den Auflagen, unter denen eine Genehmigung erteilt werden kann, gehören insbesondere Ausgleichszahlungen, die zur Kompensation des durch die Zweckentfremdung entstandenen Verlustes zur Neuschaffung von Wohnraum zu verwenden sind. Die Höhe der Ausgleichszahlung soll den Schaden, der dem Markt durch die Zweckentfremdung entsteht, ausgleichen. Eine Genehmigung ist in der Regel mit der Auflage einer Ausgleichszahlung zu verbinden, § 4 Abs. 1 ZwVbVO. Ausgleichszahlungen werden nicht verlangt für die Fälle

– des Leerstands gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 ZwVbG oder

– des Bestehens eines vorrangigen öffentlichen Interesses gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 ZwVbG oder

– der Schaffung von angemessenem Ersatzwohnraum gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2, 3 ZwVbG.

16. Höhe der Ausgleichszahlungen
(§ 3 ZwVbVO)

In der Regel ist bei Zweckentfremdungen in Form
– der Ferienwohnungsvermietung oder Fremdenbeherbergung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG und

– der Verwendung oder Überlassung zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwVbG eine laufende Ausgleichszahlung in Höhe von monatlich bis zu 5 €/m2 zweckentfremdeter Wohnfläche zu leisten.
In der Regel ist bei Zweckentfremdungen in Form

– der baulichen Veränderung oder Nutzung in der Weise, dass Wohnraum nicht mehr für Wohnzwecke geeignet ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ZwVbG, und
– der Beseitigung von Wohnraum gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 ZwVbG
eine einmalige Ausgleichszahlung in Höhe von bis zu 2.000 € je Quadratmeter zweck- entfremdeter Wohnfläche zu leisten.
Die Ausgleichszahlung kann im Einzelfall vom zuständigen BZA auf Antrag oder von Amts wegen abgesenkt werden, ins- besondere wenn bei gewerblicher oder freiberuflicher Nutzung die Festsetzung einer Ausgleichszahlung in voller Höhe nachweislich zu einer Existenzgefährdung führen würde.

17. Wer kann einen Antrag
auf Genehmigung stellen?


Ein Antrag auf Genehmigung der Zweckentfremdung kann der Eigentümer/Vermieter stellen, aber auch der Mieter. Mieter haben ihrem Antrag die Zustimmung des Vermieters beizufügen, § 3 Abs. 3 ZwVbVO.

18. In welcher Frist entscheidet
das BZA über einen Antrag?


Über den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung entscheidet das zuständige BZA innerhalb von acht Wochen nach Vorlage aller notwendigen Unterlagen durch den Eigentümer. Durch Anzeige des BZA gegenüber dem Antragsteller kann die Bearbeitungsfrist um weitere sechs Wochen verlängert werden. Findet keine Reaktion des BZA innerhalb der genannten Frist statt, gilt die Genehmigung als erteilt, § 3 Abs. 5 ZwVbG.
 Diese Genehmigungsfiktion tritt jedoch erst ab dem 1. Mai 2016 in Kraft, § 9 Satz 2 ZwVbG.

19. Gibt es eine Bescheinigung darüber, dass Räume keine Genehmigung für eine Zweckentfremdung benötigen?

§ 5 ZwVbVO schreibt vor, dass auf Antrag vom zuständigen BZA ein sog. Negativattest auszustellen ist, soweit für die Nutzung von Räumlichkeiten zu anderen als Wohnzwecken eine Genehmigung nicht erforderlich ist.

20. Droht ein Bußgeld bei verbotener Zweckentfremdung, und was kann noch geschehen?


Eine verbotene Zweckentfremdung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 € geahndet werden kann, § 7 ZwVbG.
Wird Wohnraum ohne die erforderliche Genehmigung zweckentfremdet, kann das zuständige BZA verlangen, dass der Eigentümer den Wohnraum wieder dauerhaft Wohnzwecken zuführt. Das zuständige BZA kann auch die Räumung verlangen. Wird Wohnraum beseitigt oder so verändert, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist, muss der Eigentümer auf Verlangen des zuständigen BZA auf eigene Kosten einen entsprechenden für Wohnzwecke geeigneten Zustand wieder herstellen oder Wohnzwecken zuführen, § 4 ZwVbG. Verwaltungsakte zur Beseitigung einer Zweckentfremdung können mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden, § 6 ZwVbG.

ANMERKUNG DER RED. zur Übergangsvorschrift für Ferienwohnungen (vgl. auch Fakt 7):

Nach § 2 des Zweckentfremdungsverbot- Gesetzes ist die Vermietung als Ferienwohnung eine Zweckentfremdung. Abs. 2 regelt als Ausnahme den Fall, dass schon bei Inkrafttreten der Verordnung die Wohnung als Ferienwohnung genutzt wird. Die Formulierung des Gesetzes („hierfür“) spricht dafür, dass die Ausnahme nur dann gilt, wenn auch die Anzeigepflicht erfüllt ist. Dass es sich um eine Pflicht handelt, folgt ebenfalls aus dem Wortlaut des Gesetzes („hat ... anzuzeigen“). Wenn die Anzeigepflicht verletzt wird, liegt eine verbotene Zweckentfremdung vor (a. A. Schultz, GE 2014, 98, der eine bloße Obliegenheit des Verfügungsberechtigten annimmt und meint, die Zweijahresfrist gelte auch dann, wenn die Anzeige unterlassen wurde).