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Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Das kann nicht beschlossen werden: Kontaktverbot zu Mietern fremder Eigentumswohnungen
Dafür fehlt der WEG die Kompetenz
21.09.2018 (GE 16/2018, S. 978) Es besteht keine Beschlusskompetenz für einen Beschluss über ein Verbot der Kontaktaufnahme von Eigentümern zu Mietern anderer Eigentümer ohne deren Wissen. Ein solcher Beschluss über ein Kontaktaufnahmeverbot ist deshalb ungültig.
Der Fall: Am 6. November 2014 beschlossen die Wohnungseigentümer ein generelles Betretungsverbot von Wohnungen anderer Miteigentümer ohne deren Wissen und Zustimmung. Der Beschluss sollte allgemein dazu dienen, dass ein Betreten von vermieteten Wohnungen ohne Zustimmung und Wissen des Eigentümers/Vermieters unterbleibt. Ausweislich des Beschlusstextes und des Protokolls ging es den Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung gerade darum, im Vorfeld einer Wohnungseigentümerversammlung Kontaktaufnahmen von Eigentümern zu Mietern anderer Wohnungen ohne deren Wissen zu unterbinden – offenbar u. a., um Feuchtigkeitsmessungen in den Wohnungen zu verhindern. Das AG hat die Anfechtungsklage abgewiesen. Hiergegen die Berufung.

Das Urteil: Das LG erklärt den Beschluss für ungültig. Für einen derartigen Beschluss fehlt jedoch eine Beschlusskompetenz, da jedenfalls im Wege eines Beschlusses eine derartige Kontaktaufnahme von Wohnungseigentümern zu Mietern in der Anlage nicht untersagt werden kann. Dass es eine entsprechende Vereinbarung der Wohnungseigentümer gibt oder ein entsprechendes Kontaktverbot in der Teilungserklärung enthalten ist, war weder vorgetragen worden noch ersichtlich.
Nach dem vom BGH (GE 2010, 345 = NJW 2010, 3093) herausgearbeiteten Belastungsverbot können durch Beschluss dem einzelnen Wohnungseigentümer keine Leistungs- und damit auch keine Unterlassungspflichten auferlegt werden, die ihm nicht ohnehin nach dem Gesetz, nach der Teilungserklärung oder Vereinbarungen der Wohnungseigentümer obliegen. Es handelt sich auch insoweit nicht um einen Beschluss, mit dem die Gemeinschaft Ansprüche einzelner Wohnungseigentümer an sich zieht, denn dafür besteht keine Beschlusskompetenz. Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um Ansprüche, die von einer Wohnungseigentümergemeinschaft im gemeinsamen Interesse durchgesetzt werden sollen, sondern lediglich um befürchtete Störungen im Verhältnis einzelner Wohnungseigentümer zu den Mietern.

Anmerkung: Die Eigentümermehrheit hat nicht begriffen, dass eine Beschlusskompetenz nur in Angelegenheiten besteht, die im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung, etwa im Rahmen einer Hausordnung, zum Zwecke eines friedlichen und störungsfreien Zusammenlebens zu regeln sind. Das beschlossene Verbot verstößt gegen die allgemeine Handlungsfreiheit, die nur aus vernünftigen Gründen zum Wohle aller Miteigentümer eingeschränkt werden darf. Es ist überhaupt unverständlich, dass sich eine Eigentümermehrheit zu einem derartigen Vorgehen entschieden hat, um die Einholung von wichtigen Informationen insbesondere von Mietern der Wohnungseigentümer zu verhindern. Die sachgerechte Vorbereitung und Durchführung der Eigentümerversammlung wird dadurch gerade ganz erheblich behindert.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 1007 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner


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