Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Rechtsstreit um Kopf- oder Anteilsstimmrecht
Konkrete wirtschaftliche Nachteile durch Abstimmungsprinzipien darzulegen
27.06.2018 (GE 11/2018, S. 680) Bei der Mindestbeschwer für die Nichtzulassungsbeschwerde an den BGH müssen, wenn es darum geht, welches Stimmrecht Anwendung findet, konkrete wirtschaftliche Nachteile durch die Abstimmungsprinzipien dargelegt werden.
Der Fall: Die Wohnanlage hat die vier Einheiten A, B, C und D. Den Klägern steht die Einheit A zu, den Beklagten zu 1 und 2 gemeinschaftlich die Einheit B, den Beklagten zu 3 und 4 jeweils gemeinschaftlich beide Einheiten C und D. Nach der Teilungserklärung bestimmt sich das Stimmrecht der Wohnungseigentümer nach den Miteigentumsanteilen. Die Parteien streiten noch darüber, ob in der Eigentümerversammlung am 24. April 2007 wirksam anstelle des Anteilsstimmrechts das Kopfstimmrecht (Kläger insgesamt eine Stimme, die Beklagte zu 1 und 2 bzw. 3 und 4 jeweils eine Stimme, auch bei Innehaben von mehr als einer Wohneinheit) eingeführt worden ist.
Das AG hat auf die Widerklage der Beklagten festgestellt, dass sich das Stimmrecht gemäß der Teilungserklärung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile bestimmt, jedoch mit Ausnahme der doppelt qualifizierten Mehrheiten (§§ 16 Abs. 4, 22 Abs. 2 WEG), die nach dem Gesetz zwingend dem Kopfstimmrecht gemäß § 25 Abs. 2 WEG unterliegen.
Das LG hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger.

Die Entscheidung: Ohne Erfolg! Die Kläger haben nicht glaubhaft gemacht, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt. Der Wert des Interesses an der Feststellung, ob das Abstimmungsprinzip in der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Beschluss für die Zukunft wirksam geändert worden ist, kann wegen dessen Bedeutung für künftige Eigentümerbeschlüsse entweder nach einer Minderung des Verkehrswertes der Wohneinheit oder einem sonstigen konkreten wirtschaftlichen Nachteil bestimmt werden, der durch die Änderung des Abstimmungsprinzips verursacht wird. Die Kläger haben aber weder dargelegt, welchen Verkehrswert ihre Wohneinheit hat, noch welche Minderung er in Abhängigkeit zu dem jeweiligen Abstimmungsprinzip erfährt.

Anmerkung: Ohne abweichende Vereinbarung in der Teilungserklärung gilt das gesetzliche Stimmrecht nach § 25 Abs. 2 WEG. Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme; steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben, also im Ergebnis pro Wohnungseigentümer gleichermaßen eine Stimme, gleichgültig ob ihm eine oder mehrere Wohnungen zustehen.
Soweit gesetzlich zulässig, kann durch Teilungserklärung/Vereinbarung das Stimmrecht abweichend davon geregelt werden, zumeist nach der Zahl der von einem oder mehreren Wohnungseigentümern gemeinschaftlich innegehabten Wohnungen (Objektstimmrecht) oder nach den im Grundbuch pro Wohnung eingetragenen Miteigentumsanteilen.
Nur wo das Gesetz (§§ 16 Abs. 4, 22 Abs. 2 WEG) ausdrücklich auf § 25 Abs. 2 WEG verweist, nämlich bei der Modernisierung mit doppelt qualifizierter Mehrheit bzw. bei einer entsprechenden individuellen Kostenregelung für die Modernisierungsmaßnahmen, wird angenommen, dass von dieser speziellen gesetzlichen Stimmrechtsregelung nicht durch Teilungserklärung/Vereinbarung wirksam abgewichen werden kann. Außer bei diesen zuletzt genannten Ausnahmen hat das AG also völlig zutreffend entschieden, dass die Gewichtung der Stimmrechte nach Miteigentumsanteilen wirksam in der Teilungserklärung festgelegt worden ist. Hier gibt es auch keinen Änderungsanspruch bei schwerwiegenden Nachteilen für einzelne Wohnungseigentümer, weil alle an die Teilungserklärung gebunden sind.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 720 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner


Links: