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Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Rechtsmissbräuchliche Vergemeinschaftung
WEG-Störungsbeseitigungsansprüche
02.03.2018 (GE 02/2018, S. 96) Kann eine Eigentümermehrheit die Durchsetzung individueller Rückbauansprüche verhindern?
Der Fall: Auf dem Haus der WEG-Anlage befindet sich ein Satteldach. Die Beklagte hat eigenmächtig 2013 in ihren Einheiten fünf Dachflächenfenster neu einbauen lassen. Die sich in der Minderheit befindlichen Kläger machen Beseitigungs- und Wiederherstellungsansprüche gegen die Beklagte geltend. Nach Zustellung der Klageschrift beschloss die Eigentümermehrheit, den Verwalter zu beauftragen und zu ermächtigen, Vergleichsverhandlungen mit den Beklagten zu führen. Mit Beschluss vom 16. August 2016 wurde dieser Beschluss aufgehoben und beschlossen, dass die WEG die Rückbauansprüche an sich zieht. Die Gemeinschaft ist nicht gegen die Beklagte vorgegangen. Die Kläger sehen in den Vergemeinschaftungsbeschlüssen den Zweck, ihre Individualansprüche zu vereiteln. Das AG hat die Beklagte zur Entfernung der Fenster und Wiederherstellung des alten Zustands verurteilt. Hiergegen - erfolgreiche - Berufung der Beklagten, aber mit Revisionszulassung.

Das Urteil: Hinsichtlich des Rückbaus der Dachflächenfenster besteht eine Anspruchskonkurrenz zwischen Schadensersatzansprüchen der WEG, welche sie auch ohne Mehrheitsbeschluss verfolgen kann, und Störungsbeseitigungsansprüchen, die ursprünglich Individualansprüche einzelner Wohnungseigentümer sind, aber durch Mehrheitsbeschlüsse der Gemeinschaft mit der Folge einer (verdrängenden) Prozessführungsbefugnis anstelle der Einzeleigentümer übertragen werden kann. Damit entfällt insgesamt die Prozessführungsbefugnis der hiesigen Kläger, weshalb die Klage aus diesem Grunde abzuweisen ist.

Anmerkung: Der Mehrheitsbeschluss dürfte rechtsmissbräuchlich sein, weil er die begonnene individuelle Rechtsdurchsetzung der Kläger vereitelt, ohne dass eine Durchsetzung der Ansprüche auf Rückbau überhaupt beabsichtigt ist. Die Eigentümermehrheit will das Problem ersichtlich über eine finanzielle Kompensation lösen, obwohl stattgefundene Vergleichsverhandlungen bereits gescheitert sind.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2018, Seite 137 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner


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