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Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Trittschallschutz
Wohnungseigentum
08.09.2017 (GE 15/2017, S. 868) Bei einem nachträglichen Dachgeschossausbau ist das Trittschallschutzniveau herzustellen, das im Zeitpunkt der durchzuführenden Sanierungsarbeiten gilt.
Der Fall: Das zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtete Mehrfamilienhaus wurde 1993 in Wohnungseigentum unterteilt. In der Gemeinschaftsordnung wurde den jeweiligen Eigentümern des Sondereigentums Nr. 12 und Nr. 13 die Befugnis erteilt, diese Flächen im Rahmen von Baugenehmigungen ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu Wohnzwecken auszubauen, wobei sie verpflichtet wurden, alle durch die Baumaßnahmen entstehenden Schäden am gemeinschaftlichen sowie Sondereigentum auf eigene Kosten zu beseitigen. Die Ausbauberechtigung sollte erlöschen, wenn nicht zweieinhalb Jahre nach Anlegung der Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbücher u. a. sämtliche Holzteile des Dachstuhls und der Decke zum Dachboden einschließlich Schüttung saniert sind. Der Kläger ist Eigentümer der unterhalb der Einheit Nr. 12 gelegenen Wohnung Nr. 11. Die Einheit Nr. 12 wurde 1997 zu Wohnraum ausgebaut. Dabei wurden auch Instandsetzungsmaßnahmen wegen des vorgefundenen Schwammbefalls an der Holzbalkendecke durchgeführt. Der Kläger hält die Schallisolierung zwischen seiner Wohnung Nr. 11 und der darüber liegenden Wohnung Nr. 12 für unzureichend. Mit Eigentümerbeschluss vom 7. Juli 2014 wurde der Beschlussantrag des Klägers mehrheitlich abgelehnt, die Decke zwischen den Einheiten Nr. 11 und 12 derart zu sanieren, dass der notwendige Schallschutz nachweislich erreicht wird. Der Kläger hat den Negativbeschluss angefochten und zugleich beantragt, die Beklagten zu verurteilen, die Decke zwischen den Einheiten auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft derart zu sanieren, dass der notwendige Schallschutz nach der DIN 409/1998 erreicht wird. Das AG hat den Negativbeschluss für ungültig erklärt und die beklagten Wohnungseigentümer zur Sanierung der Geschossdecke zwischen den Einheiten Nr. 11 und 12 auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft verurteilt. Hiergegen die Berufung der Beklagten mit der Begründung, dass die vom AG angeordneten Maßnahmen Kosten von 100.000 bis 150.000 € ausmachen und die einzelnen Eigentümer also mit Kosten zwischen 4.000 und 8.300 € belastet würden.

Das Urteil: Ohne Erfolg! Der Kläger hat einen Anspruch auf Instandsetzung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Teile der Geschossdecke zur Verbesserung des Trittschallschutzes. Das Maß des einzuhaltenden Schallschutzes zwischen den Einheiten Nr. 11 und Nr. 12 richtet sich nicht nach dem Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes, sondern demjenigen des Dachgeschossausbaues, der hier in das Gemeinschaftseigentum der Geschossdecke eingegriffen hat. Im Zuge der Schwammsanierung sind auch die vorhandenen Balken teilweise verstärkt worden. Dies geht nicht nur über eine reine Sanierung hinaus, sondern dient vielmehr der künftigen Wohnnutzung. Es handelt sich also nicht um eine reine Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum, sondern um eine bauliche Veränderung, die sich zwar im Rahmen der Ausbaubefugnis nach der Teilungserklärung bewegt, aber dennoch einen baulichen Eingriff in die Geschossdecke darstellt.

Anmerkung: Der Hinweis der Beklagten, dass der Trittschallpegel im ganzen Haus nicht besser sei als zwischen den Einheiten Nr. 11 und Nr. 12, ist unerheblich. Der BGH hat seine frühere Rechtsprechung zum besonderen Gepräge einer Wohnungseigentumsanlage, das sich auf den Inhalt des zu gewährenden Schallschutzes auswirken könne, ausdrücklich aufgegeben (BGH, GE 2015, 667 = NJW 2015, 1442). Grundsätzlich ist auch eine hohe finanzielle Belastung der Wohnungseigentümer bei unaufschiebbaren Sanierungsmaßnahmen ohne Bedeutung; dies ist lediglich bei der Auswahl zwischen verschiedenen Sanierungsmethoden zu berücksichtigen (BayObLG, NZM 2002, 531). Der Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung ist, sofern es um die Instandsetzung und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geht, grundsätzlich unverjährbar (BGH, GE 2012, 900). Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt auch kein widersprüchliches Verhalten des Klägers vor, auch wenn dieser selbst an der Gestaltung der Teilungserklärung mitgewirkt und die Wohnung Nr. 12 auf dieser Grundlage verkauft hat. Dass es geschickter und wünschenswert gewesen wäre, ausdrücklich Regelungen zum Trittschallniveau für den Fall des Dachgeschossausbaues in der Teilungserklärung vorzusehen, macht das Verlangen des Klägers nicht treuwidrig.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 899 und in unserer Datenbank
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner


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