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Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Nachspiel zum Versuch eines Fahrstuhleinbaus 
Nichtanhörungsrüge gibt keine Möglichkeit zum Wechsel des Streitgegenstands
09.08.2017 (GE 13/2017, S. 754) Mit der Nichtanhörungsrüge kann kein anderer Streitgegenstand in den Prozess eingeführt werden, zumal dann nicht, wenn insoweit keine Vorbefassung in der Eigentümerversammlung erfolgt ist.
Der Fall: Die BGH-Entscheidung zum nachträglichen Einbau eines Aufzugs im Treppenauge vom 13. Januar 2017 (GE 2017, 423) hatte noch ein verfahrensrechtliches Nachspiel. Der Kläger erhob die Anhörungsrüge und machte geltend, dass der BGH seinen Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt habe, dass er auf bestimmte Gesichtspunkte nicht eingegangen sei. Er rügt bei der Behandlung der finanziellen Folgen, dass der BGH eine mögliche Rückbausicherheit nicht berücksichtigt habe. Ferner habe er, der Kläger, den Abschluss einer Haftpflichtversicherung angeboten. Weiter habe der BGH nicht gewürdigt, dass er auf Nachfrage alternativ den Einbau eines sogenannten Homelifts verlangt hätte, der ohne wesentliche Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum eingebaut werden könne.

Die Entscheidung: Der BGH sieht den Anspruch des Klägers auf das verfassungsrechtlich verbürgte rechtliche Gehör nicht als verletzt an. Durch die Rückbausicherheit konnte ein Nachteil der übrigen Wohnungseigentümer im Sinne einer Beeinträchtigung durch die bauliche Veränderung nicht abgewendet werden. 
Auch der Hinweis auf eine abzuschließende Haftpflichtversicherung ist nicht entscheidungserheblich. Der Nachteil im Sinne der Beeinträchtigung durch eine unzulässige bauliche Veränderung wird durch den Abschluss einer Haftpflichtversicherung nicht ausgeschlossen. Deren Weiterbestand nach Veräußerung der Wohnung setzt voraus, dass Versicherungsbeiträge gezahlt und Obliegenheiten beachtet werden; es lässt sich auch nicht ausschließen, dass ein Rechtsnachfolger des Klägers die Versicherung nicht fortführt. Mit diesen Aspekten musste sich der BGH in seinem Urteil demgemäß nicht ausdrücklich befassen. 
Soweit der Kläger nunmehr geltend gemacht hat, dass er alternativ den Einbau eines so genannten Homelifts (seitlicher Treppenlift) verlangt hätte, der ohne wesentliche Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum eingebaut werden könne, sei darauf hinzuweisen, dass es sich insoweit um einen anderen Streitgegenstand handelt. Das Rechtsschutzziel der Klage hat sich nach dem (auch in der Eigentümerversammlung vorbehandelten) Angebot auf Einbau eines Personenaufzugs im Treppenauge bestimmt. Deshalb hat der Senat dieses Angebot herangezogen und bei seiner Entscheidung ausschließlich berücksichtigt. 
Dagegen betrifft der neue Vortrag des Klägers hinsichtlich des Einbaus eines Aufzugs in Leichtbauweise ein anderes Rechtsschutzziel, der sich in Ausführung und Kosten von dem bisher beanspruchten Einbau eines massiven Personenaufzugs wesentlich unterscheidet und auch nicht wie ein Treppenlift Gegenstand des Verfahrens ist. Auf eine eventuell mögliche Klageerweiterung darf das Gericht den Kläger nicht hinweisen; sie wäre in der Revisionsinstanz ohnehin unzulässig. Nur ergänzend war im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Beschlussersetzungsklage in dieser Richtung zudem eine Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit dem neuen klägerischen Anliegen Voraussetzung.

Anmerkung: In allen Instanzen besteht die Möglichkeit, nach Erlass eines Urteils eine Anhörungsrüge bei einer behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu erheben. Vom Gesetzgeber eingeführt wurde dieses Prozessinstitut, um die gehäufte Anrufung der Verfassungsgerichte zu vermeiden. Ungeachtet dessen hat das Gericht auch nach Erlass seiner Entscheidung auf die entsprechende Rüge zu prüfen, ob bestimmte rechtliche Gesichtspunkte bei der Entscheidungsfindung übersehen worden sind. 
Der Kläger wollte hier den mit der Klage verfolgten Anspruch retten, indem er insbesondere darauf hingewiesen hat, dass wegen möglicher Schäden durch den zusätzlich eingebauten Personenaufzug entweder eine Rückbausicherheit oder zumindest eine Haftpflichtversicherung angeboten werden könnte. Das hätte der BGH als nicht ausreichend angesehen. Ferner wollte der Kläger den vom BGH alternativ erwähnten Anspruch auf einen Treppenlift berücksichtigt wissen. Dem ist der BGH entgegengetreten mit dem Argument, dass insoweit ein anderer Streitgegenstand verfolgt würde und dieser auch nicht Gegenstand einer notwendigen Vorbefassung in der Eigentümerversammlung gewesen ist.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 785 und in unserer Datenbank
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner


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