Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Kein Schadensersatzanspruch ohne Gelegenheit zur Nachbesserung
Verwalterhaftung bei fehlerhafter WEG-Jahresabrechnung
14.04.2017 (GE 07/2017, S. 395) Ist die vom WEG-Verwalter erstellte Jahresabrechnung fehlerhaft, kann sich hieraus ein Schadensersatzanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den abrechnenden Verwalter ergeben. Dies setzt nach Ansicht des Landgerichts Berlin neben einer Fristsetzung oder ernsthaften Erfüllungsverweigerung des Verwalters aber voraus, dass diesem durch Darlegung der Mängel die tatsächliche Möglichkeit einer Nachbesserung innerhalb einer angemessenen Frist gegeben wird. Eine Erfüllungsverweigerung setzt voraus, dass der Schuldner unmissverständlich ausdrückt, seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen zu wollen.
Der Fall: Die Klägerin war bis 31. Dezember 2014 Verwalterin der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. In der WEG-Versammlung 2014 wurden Jahresabrechnungen für die Abrechnungsjahre 2012 und 2013 zur Abstimmung vorgelegt. Die Abrechnungen wurden jedoch wegen (streitiger) Mängel nicht beschlossen. Stattdessen wurde der einstimmige Beschluss gefasst, dass die Abrechnungen mit dem Beirat überprüft, möglicherweise geändert und erneut vorgelegt werden sollten. 
Eine Aufforderung unter Fristsetzung zur Änderung oder Neuerstellung der Abrechnungen erfolgte gegenüber dem Verwalter nicht. Die Wohnungseigentümergemeinschaft erteilte stattdessen der in der gleichen Versammlung neu bestellten Verwalterin einen gesondert vergüteten Auftrag zur Neuerstellung beider Abrechnungen. Mit den hierdurch entstandenen Kosten wurde spätestens im Berufungsverfahren die Aufrechnung gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin wegen ausstehender Verwalterhonorare erklärt. 

Die Urteile: Amts- und Landgericht haben der Klägerin die Verwaltervergütung für die letzten Monate der Verwaltung zugesprochen. Die Forderungen seien nicht durch Aufrechnung erloschen. Dabei sei es unbeachtlich, zu welchem Zeitpunkt eine Aufrechnung erklärt worden sei. Denn für den Erfolg einer Aufrechnungserklärung sei erforderlich, dass dem Aufrechnenden eine gleichartige und fällige Gegenforderung zustehe. Die Erforderlichkeit einer Neuabrechnung sei bereits deshalb zweifelhaft, weil die Abrechnungen zwar zu spät erstellt, aber nicht völlig ausgeblieben seien. Ein Schaden könne allenfalls durch die Behebung der Mängel der Abrechnung entstanden sein. 
Grundsätzlich könnten einer WEG jedoch Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB zustehen, wenn der Verwalter die Jahresabrechnung nicht mangelfrei erstellt. Auch in diesem Fall müsse der Schuldner jedoch die Möglichkeit erhalten, die geschuldete Leistung innerhalb einer zu setzenden Frist mangelfrei zu erstellen. Hierfür müssen auch die Mängel konkret benannt werden. Eine solche Aufforderung mit Fristsetzung war jedoch unstreitig nicht erfolgt. 
Die Beklagte habe darüber hinaus nicht nachweisen können, dass die Verwalterin die Leistungserbringung endgültig und ernsthaft verweigert habe. Hieran seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hohe Anforderungen zu stellen. Das bloße Bestreiten des Abrechnungsmangels oder des Anspruches der Gemeinschaft sei hierfür nicht ausreichend. Es müssten weitere Umstände vorliegen, aus denen geschlossen werden könne, dass der Schuldner seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen wolle. Es müsse damit ausgeschlossen erscheinen, dass sich der Verwalter durch eine Fristsetzung und Mangelbeseitigungsaufforderung umstimmen lasse. 
Mündliche Verweigerungen einer Neuerstellung der Abrechnungen seien bereits deshalb nicht als Erfüllungsverweigerung tauglich, weil nach dem gefassten Beschluss zunächst die Abrechnung mit dem Beirat geprüft und anschließend „unter Umständen“ geändert werden sollte. Hieraus hat das LG geschlussfolgert, dass es für die Eigentümer in der Versammlung noch nicht endgültig klar war, ob und welche Mängel gerügt werden sollten. Dem leistungsverpflichteten Verwalter müsse jedoch konkret mitgeteilt werden, welche Mängel die Abrechnung aus Sicht der Eigentümer enthalte. Schließlich könne aus der Durchführung des Rechtsstreits nicht ex post geschlossen werden, dass die Verwalterin nicht leistungsbereit war. Denn hierdurch habe sie lediglich ihre prozessualen Rechte wahrgenommen. 
Das Landgericht hat sich der Entscheidung des Amtsgerichts angeschlossen und nach Hinweisbeschluss und nicht erfolgter Rücknahme der Berufung diese nach § 522 ZPO zurückgewiesen. 

Anmerkung: Eine der Hauptpflichten des WEG-Verwalters ist die Erstellung der Jahresabrechnung für die Wohnungseigentümer. Der Praktiker weiß, dass eine völlig fehlerfreie Abrechnung häufig kaum möglich ist. 
Stellt die Wohnungseigentümergemeinschaft fest, dass die Abrechnung mit (erheblichen) Mängeln behaftet ist, sollte diese nicht beschlossen und der Verwalter im besten Fall bereits durch Beschluss unter Fristsetzung in der Versammlung aufgefordert werden, konkret benannte Abrechnungsmängel zu beseitigen. Erst nach ergebnislosem Ablauf der Frist kann ein Dritter mit der Korrektur oder ggf. Neuerstellung der Abrechnung beauftragt werden. Unterbleibt – wie im vorliegenden Fall – die Fristsetzung, bleibt die Wohnungseigentümergemeinschaft unter Umständen auf dem Schaden sitzen. 

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 432 und in unserer Datenbank
Autor: RA Dominik Schüller, FA Miet- und WEG-Recht (SAWAL | Rechtsanwälte & Notar)


Links: