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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Gebäudeabriss notwendige Erhaltungsmaßnahme?
Zerstrittene Eigentümergemeinschaft
02.06.2021 (GE 8/2021, S. 475) Können sich zwei Miteigentümer nicht über Verwaltungsmaßnahmen einigen, muss das Gericht entscheiden. Das OLG Dresden urteilte: Der Teilabriss eines (auch noch denkmalgeschützten) Gebäudes kann eine notwendige Erhaltungsmaßnahme sein.
Der Fall: Die heillos zerstrittenen Parteien sind seit 2010 Miteigentümer zu je ½ eines Grundstückes, das im vorderen Teil mit einem herrschaftlichen Mehrfamilienhaus und im hinteren Teil mit an das Nachbargrundstück angrenzendem Stall und Kutscherhaus bebaut ist, für die Denkmalschutz besteht. Weil der Zustand des baufälligen Kutscherhauses nach Auffassung der Klägerin auch eine Gefahr für das Nachbargrundstück darstellt, verlangt sie von der Beklagten, die das Gebäude erhalten möchte, die Zustimmung zum Teilabriss von Gebäudeteilen.

Das Urteil: Das LG Leipzig gab der Klage zum Teil statt, wies sie aber insoweit ab, als der Rückbau bestimmter Gebäudeteile wie z. B. des Holzzierfachwerks, der Trempel- und Querwände verlangt wurde, weil diese nicht auf das Nachbargrundstück herabfallen könnten. Auf die Berufung der Klägerin änderte das OLG Dresden das landgerichtliche Urteil ab, wies die Berufung der Beklagten zurück und gab der Klage in vollem Umfang statt. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der auf Zustimmung zur Durchführung von Rückbaumaßnahmen gerichtete Klageantrag hinreichend bestimmt. Der konkret geschuldete Erfolg ergebe sich aus dem Antrag und der ihm folgenden Urteilsformel, wobei verbleibende Zweifel im Vollstreckungsverfahren geklärt werden könnten. Materiell sei der begehrte Teilabriss auch von § 744 Abs. 2 BGB erfasst, weil unter notwendigen Erhaltungsmaßnahmen in diesem Sinne solche verstanden werden, die im Interesse der Gemeinschaft zur Erhaltung der Substanz oder des wirtschaftlichen Wertes erforderlich sind, wobei auch Abrissmaßnahmen in Betracht kämen. Insoweit habe die Klägerin ausreichend dargelegt und bewiesen, dass die von ihr vorgesehenen Abbruchmaßnahmen nicht nur nützlich, sondern sämtlich notwendig seien. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten seien aufgrund des fortgeschrittenen Zerfallszustandes erhebliche Teile des Gebäudes konkret einsturzgefährdet, sodass hiervon eine erhebliche Gefahr sowohl für die noch verbliebenen Bewohner als auch für das Nachbargrundstück und für Dritte ausginge, wobei die begehrten Maßnahmen keinen Aufschub duldeten. Einer Zustimmung der Beklagten stünde auch nicht entgegen, dass der Teilabriss unter Umständen aus Gründen des Denkmalschutzes nicht genehmigt werde; die Verpflichtung zur Zustimmung zu einer Maßnahme sei nach § 894 ZPO unabhängig von öffentlich-rechtlichen Genehmigungen zu vollziehen, wobei die Beklagte insoweit auch verpflichtet sei, einen entsprechenden Antrag auf denkmalschutzrechtliche Genehmigung zu stellen bzw. sich einem entsprechenden Antrag der Klägerin anzuschließen. Erst eine rechtskräftige Versagung der Genehmigung wäre im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens zu beachten, nicht aber im privatrechtlichen Erkenntnisverfahren.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 504 und in unserer Datenbank.


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