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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Gewerbemiete: Für Kündigungsausschluss während Corona-Pandemie muss sich niemand nackt machen
Vermögenslosigkeit des Mieters wird nicht vorausgesetzt
18.01.2021 (GE 24/2020, S. 1591) Der in Art. 240 § 2 Abs. 1 EGBGB geregelte Kündigungsausschluss verlangt vom gewerblichen Mieter nicht den Nachweis, dass er die geschuldete Mietzahlung nicht aus anderen Quellen als den laufenden Erträgen der Mietsache aufbringen konnte, so das OLG Nürnberg. Es reiche aus, dass die Corona-Pandemie mitursächlich für die Nichtzahlung der Miete war. Der Mieter müsse nicht auf sonstige Rücklagen zurückgreifen.
Der Fall: Der Beklagte betreibt eine Gaststätte. Er war von der Klägerin vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth auf Räumung verklagt worden, wobei die Kündigung u. a. darauf gestützt wurde, dass der Beklagte die Monatsmieten für Mai und Juni 2020 nicht bezahlt hatte. Das Landgericht hat den Beklagten zur Räumung verurteilt und dies damit begründet, dass der Kündigungsausschluss während der Corona-Pandemie nicht greife, da der Beklagte den Zusammenhang zwischen der Nichtzahlung der Miete und der COVID-19-Pandemie nicht glaubhaft gemacht habe. Das Urteil war vorläufig vollstreckbar und der Beklagte hätte die Vollstreckung nur durch Sicherheitsleistung von 30.000 € abwenden können. Gegen das Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt und gleichzeitig beantragt, die Zwangsvollstreckung einstweilen ohne Sicherheitsleistung einzustellen. Der Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung hatte Erfolg.

Der Beschluss: Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass das Urteil des Landgerichts mit der gegebenen Begründung nicht aufrechterhalten bleiben könne.
Der Beklagte hatte vorgetragen, dass er aufgrund der Pandemielage im April 2020 keine und in den Monaten Juni und Juli nur sehr geringe Einnahmen gehabt habe. Die finanziellen Reserven seien bereits in den Monaten März und April 2020 aufgrund der laufenden Kosten aufgebraucht gewesen. Auch die Corona-Soforthilfe hätte nicht ausgereicht, um den Finanzbedarf zu decken. Er sei auch nicht in der Lage, eine Sicherheit von 30.000 € zu leisten. Zur Glaubhaftmachung hat der Beklagte – erstmalig in der Berufungsinstanz – eine eidesstattliche Versicherung des Steuerberaters sowie Unterlagen aus der Buchhaltung vorgelegt.
Das OLG sah dadurch den erforderlichen Zusammenhang zwischen der COVID-19-Pandemie und der Nichtleistung der Miete als belegt an. Ein weiteres Vorbringen des Beklagten sei nicht nötig. Dieser müsse insbesondere nicht seine Vermögenslosigkeit im Zeitraum der Nichtzahlung der Miete beweisen. Es komme entscheidend darauf an, dass die Miete aus den laufenden gewerblichen Einnahmen oder sonstigen Erträgen nicht bezahlt werden könne. Dass Gastwirte zwischen 20. März 2020 und 29. Mai 2020 keinen Umsatz erzielen konnten, sei aufgrund der damaligen Rechtslage in Bayern offenkundig. Gaststätten, die keinen Außer-Haus-Verkauf betreiben, konnten in diesem Zeitraum keine Umsätze erzielen. Es sei insbesondere nach dem Gesetz auch nicht erforderlich, dass der Gastwirt auf „sonstige Rücklagen“ zurückgreifen müsse. Deshalb reiche es für den Kündigungsausschluss aus, dass die Pandemie mitursächlich für die Nichtzahlung der Miete gewesen sei.
Die Tatsache, dass der Beklagte im Juni und Juli wieder Einnahmen erzielen konnte, ist nach Ansicht des OLG Nürnberg bei der Beurteilung der Voraussetzungen des Kündigungsausschlusses von untergeordneter Bedeutung. Die Miete habe nach dem Vertrag jeweils am Monatsanfang bezahlt werden müssen. Dass der Beklagte zu einem späteren Zeitpunkt über Mittel verfügte, lasse sein Unvermögen, die Miete im Mai und Juni 2020 fristgerecht zu bezahlen, nicht rückwirkend entfallen. Die gesetzliche Regelung lasse nicht die Zahlungspflicht entfallen, sondern bedeute nur, dass man nicht gekündigt werden kann, wenn man im fraglichen Zeitraum nicht bezahlt.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 1625 und in unserer Datenbank.


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