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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Gerichtliche Räumungsfrist nur bei zukünftiger Zahlung?
Nur ausnahmsweise unter Bedingung
06.07.2020 (GE 11/2020, S. 712) Viele Räumungsurteile ergehen nach einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs gemäß § 543 BGB. Eine Räumungsfrist wird vom Gericht dann oft unter der Bedingung gewährt, dass die zukünftige Nutzungsentschädigung pünktlich gezahlt wird. Die 67. Kammer hält das nur dann für gerechtfertigt, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Räumungsfrist die berechtigte Besorgnis besteht, dass die Nutzungsentschädigung nicht, nicht rechtzeitig oder vollständig gezahlt wird.
Der Fall: Die Mieterin war mit ihren Mietzahlungen in Verzug und zur Räumung verurteilt worden. Das AG hatte eine Räumungsfrist von mehr als sechs Monaten bewilligt, ohne diese von der vollständigen und pünktlichen Zahlung der Nutzungsentschädigung abhängig zu machen. Dagegen die sofortige Beschwerde der Vermieterin.

Der Beschluss: Das Landgericht Berlin meinte, es könne offenbleiben, ob überhaupt eine Bedingung bei der Bewilligung einer Räumungsfrist zulässig sei. Jedenfalls fehle es hier an der berechtigten Besorgnis, dass die Beklagte auch zukünftig die Nutzungsentschädigung nicht zahlen werde, selbst wenn in der Vergangenheit Streit über die Höhe der Mietzahlungen bestanden habe. Auch einem zahlungssäumigen Räumungsschuldner könne nur in Ausnahmefällen der Schutz des § 721 ZPO (Vermeidung von Obdachlosigkeit) versagt werden.

Anmerkung der Redaktion: Im Kommentar von Schmidt-Futterer, den die Kammer zitiert, heißt es, dass die wohl herrschende Meinung zu Recht die Bedingung der pünktlichen Zahlung bei der Anwendung des § 721 ZPO für zulässig hält. Problematisch sei nur der Nachweis für den Eintritt der Bedingung (Zahlungsverzug), der oft eine Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nach § 731 ZPO erfordere. Die herrschende Meinung beruht auf einer Abwägung der Interessen des Mieters auf Vermeidung von Obdachlosigkeit und der Interessen des Vermieters, die Räume nicht unentgeltlich zur Verfügung stellen zu müssen. Die Entscheidung der 67. Kammer berücksichtigt dagegen grundsätzlich nur die Interessen des Mieters.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 738 und in unserer Datenbank.


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