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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Kündigung ohne ausreichende Begründung
Bezugnahme auf – zwischenzeitlich veränderte – frühere Eigenbedarfslage
01.07.2019 (GE 11/2019, S. 699) Eine Kündigung, welche die für sie maßgeblichen Kerntatsachen nicht enthält, ist mangels ausreichender Begründung unwirksam; insbesondere müssen Tatsachen berücksichtigt werden, die sich konkret auf die Nutzung der Wohnung beziehen. Eine Bezugnahme auf eine frühere Kündigung ist dann unmaßgeblich, wenn sich die dort benannten veränderten Umstände verändert haben.
Der Fall: 2015 wurde vermieterseits eine erste Eigenbedarfskündigung mit der Begründung ausgesprochen, dass der Vermieter nach Abschluss des Studiums „in diesem Jahr“ die bisherige WG-Wohnung aufgeben, ins Berufsleben eintreten und in der eigenen Wohnung einen Hausstand gründen wolle. Langwierige Verhandlungen mit der Mieterin endeten angeblich mit einem Messerangriff des Lebensgefährten der Mieterin auf den Vermieter, der 2017 fristlos, ebenfalls erneut wegen Eigenbedarfs wie folgt anwaltlich kündigen ließ: „Wie Ihnen ebenfalls bekannt ist, begründet sich der Eigenbedarf meines Mandanten darin, dass er die Wohnung für sich selbst nutzen will.“ Das Studium des Vermieters war zwischenzeitlich – entgegen seinen eigenen Erwartungen – noch nicht beendet. Das AG sah keine nachvollziehbaren Gründe für den Selbstnutzungswunsch und wies die Klage ab. Der Vermieter argumentierte in der Berufung, dass er in der vorangegangenen Kündigung von 2015 ausreichende Tatsachen vorgetragen habe, nämlich selbst in die Wohnung einziehen zu wollen, da er derzeit nur ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft bewohne.

Das Urteil: Das LG wies die Berufung zurück. Das Formerfordernis des § 573 Abs. 3 BGB (Benennung des Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben) sei nicht erfüllt, weil die Kündigung vom 28. Februar 2017 keine hinreichenden Angaben enthalte. Es handele sich vielmehr um eine Vorratskündigung wegen der zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung lediglich vagen Planung des nicht absehbaren Einstiegs in das Berufsleben. Diese ohnehin nur pauschalen Angaben seien bereits deshalb unzureichend, da er sein Interesse an dem Umzug aus der Wohngemeinschaft gerade mit der Beendigung des Studiums, verbunden mit dem allgemein angekündigten
Einstieg in das Berufsleben, begründet habe, was im Jahre 2015 der Fall gewesen sein möge, jedoch aufgrund der nach seinem eigenen Vortrag veränderten Umstände, insbesondere des – anders als geplant – jedenfalls 2017 noch fortgeführten Studiums, nicht (mehr) zur Begründung eines konkreten Eigennutzungswunsches bei Ausspruch der Kündigung vom 28. Februar 2017 herangezogen werden könne.
Die Wirksamkeit der Kündigung von 2015 war vom AG nicht geprüft worden; das AG habe offenbar versehentlich über diesen Streitgegenstand nicht entschieden, mutmaßt das LG und unterstellt einen Fall des § 321 ZPO, doch für eine Ergänzung des Urteils sei die maßgebliche Frist abgelaufen.

Anmerkung: Nach Mitteilung des Einsenders wird wg. der im zivilprozessualen Bereich entgegenstehenden Rechtsprechung des BGH gegen die Entscheidung des LG Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2019, Seite 736 und in unserer Datenbank.


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