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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Räumungsanspruch gegen Untermieter
Einstweilige Verfügung
08.03.2019 (GE 3/2018, S. 154) Wenn der Gerichtsvollzieher den Räumungstitel gegen den (Geschäftsraum-) Mieter nicht vollstrecken kann, weil sich in den Mieträumen ein bis zu diesem Zeitpunkt unbekannter Untermieter befindet, fragt es sich, ob Räumung im Wege der einstweiligen Verfügung verlangt werden kann. Hiermit befasst sich eine Entscheidung des Landgerichts Berlin, die von einem kollusiven Zusammenwirken von Haupt- und Untermieter zu Lasten des Vermieters ausgeht.
Der Fall: Die Vermieterin hatte das Mietverhältnis mit dem Geschäftsraummieter wegen Zahlungsverzuges am 11. Mai 2017 gekündigt und am 31. Januar 2018 ein rechtskräftiges Räumungsurteil erwirkt. Bei dem angesetzten Räumungstermin am 26. Juni 2018 traf der Gerichtsvollzieher den Verfügungsbeklagten an, der unter Vorlage einer Gewerbeanmeldung und eines mit dem ehemaligen Mieter am 19. Februar 2018 abgeschlossenen Pachtvertrages erklärte, Inhaber der Geschäftsräume zu sein und diese freiwillig nicht verlassen zu wollen. Die Verfügungsklägerin erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung, mit der dem Verfügungsbeklagten die Räumung und Herausgabe der Geschäftsräume aufgegeben wurde.

Die Entscheidung: Das LG Berlin hielt die einstweilige Verfügung auf den Widerspruch des Verfügungsbeklagten aufrecht. Der Verfügungsklägerin stehe ein aus § 546 Abs. 2 BGB folgender Herausgabeanspruch zu, weil das Hauptmietverhältnis beendet sei. Es bestünde auch ein Verfügungsgrund. Zwar sei eine Anwendung des § 940a Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, weil es sich hier nicht um Wohnraum handele. Aus den gesamten Umständen des Falles ergebe sich jedoch, dass das Pachtverhältnis nur begründet worden sei, um die Zwangsvollstreckung gegen den ehemaligen Mieter zu verhindern.

Anmerkung: Zu dem Zeitpunkt, als der Pachtvertrag geschlossen wurde, gab es bereits kein Hauptmietverhältnis mehr, weil die fristlose Kündigung vom 11. Mai 2017 dieses beendet hatte. Darauf, dass das Kammergericht die Berufung gegen das landgerichtliche Urteil vom 31. Januar 2018 (erst) durch Beschluss vom 9. Juli 2018 zurückgewiesen hatte, kam es nicht an, weil auch diese Entscheidung (nur) die bereits bei Abschluss des Pachtvertrages bestehende Rechtslage bestätigt hatte. Also gab es – so, wie z. B. auch bei der wirksamen Anfechtung des Hauptmietvertrages – keinen aus § 546 Abs. 2 BGB folgenden Herausgabeanspruch.
Anspruchsgrundlage konnte nur § 985 BGB sein, wobei es für einen Verfügungsgrund i.S.d. § 935 ZPO darauf ankam, ob die Verfügungsklägerin so dringend auf die sofortige Herausgabe der Räumlichkeiten angewiesen war, dass ihr das Abwarten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im ordentlichen Verfahren nicht zugemutet werden konnte. Hierfür ergibt sich aus dem Urteil – folgerichtig – nichts. Weil der Verfügungsbeklagte sich gegenüber der Verfügungsklägerin auf kein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB berufen konnte, dürfte einer zügigen Erledigung des Herausgabeverfahrens und damit einer zeitnahen Entscheidung nichts entgegengestanden haben, sodass der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wohl hätte zurückgewiesen werden müssen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2019, Seite 190 und in unserer Datenbank.
Autor: Hans-Jürgen Bieber


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